Géraldine Knie im Interview

«Ich geniesse mein Leben, da brauche ich keine Ferien»

Mit der Credit Suisse verschwindet eine Schweizer Institution. Eine andere tourt seit Kurzem wieder durch die Schweizer Städte: Der Zirkus Knie ist aktuell mit seiner neuen Show unterwegs und präsentiert dem Publikum dabei einen ganz besonderen Vorhang aus Wasser, den es so noch nie gegeben hat. 

Wie kann man nach über 100 Jahren immer wieder neue Anreize in seinem Unternehmen schaffen und das Publikum Jahr für Jahr in seinen Bann ziehen? Géraldine Knie stellt sich diese Frage nicht nur, sie weiss auch jedes Mal eine Antwort darauf. Denn die künstlerische Direktorin des Zirkus Knie ist für die Programmgestaltung verantwortlich und lässt sich dabei immer wieder aufsehenerregende Innovationen einfallen, um die Leute in den grössten Zirkus der Schweiz zu locken. Im vergangenen Jahr verzauberte Bastian Baker die BesucherInnen, heuer bildet ein Wasservorhang das zentrale Element. Wir haben mit Géraldine Knie (50) über die logistische Herausforderung, welche dieser mit sich bringt, traurige Dernièren und den Vorteil des Zirkus gegenüber den Olympischen Spielen gesprochen.

Géraldine Knie, am 10. März hat der Zirkus Knie mit seinem neuen Programm in Rapperswil-Jona Premiere gefeiert. Ein Moment, der sicherlich immer mit vielen Emotionen verbunden ist. Wie schauen Sie auf diesen Abend zurück?

Was die Technik anbelangt, war wegen Lieferproblemen alles etwas in Verzögerung, weswegen wir mit den Proben recht knapp dran waren. Trotzdem funktionierte die Premiere sehr gut und ging reibungslos über die Bühne. Entsprechend glücklich waren wir nach diesem Abend.

Gibt es nach den ersten Vorstellungen jeweils noch kleine Anpassungen?

Solche gibt es die ganze Tournee über. An einer Live-Show gilt es ständig zu feilen.

Géraldine Knie und Familie

Géraldine Knie ist stolz auf ihre Kinder Ivan Frédéric, Chanel Marie und Maycol junior. Bild: zVg

Der Tourneestart in Rapperswil-Jona bedeutet für euch ein Heimspiel, hier habt ihr seit vielen Jahren euer Winterquartier. Der erste Auswärtsauftritt erfolgte eine Woche später in Chur. Ist dies jeweils nochmals etwas anderes?

Nein, denn bei unseren Auftrittsorten handelt es sich um Städte, die wir teilweise seit 100 Jahren besuchen. Entsprechend wissen wir, was auf uns zukommt. Ausserdem achten wir bei der Gestaltung der Show darauf, dass für alle Geschmäcker etwas dabei ist.

Bei der letztjährigen Tournee war mit Bastian Baker die Musik ein zentrales Element. Kann man sagen, dass es in diesem Jahr mit dem «Water Curtain» das Wasser ist?

Ganz genau so ist es.

Ihr arbeitet nun erstmals mit diesem illuminierten, nassen Vorhang. Bringt das Element Wasser zusätzliche logistische Herausforderungen mit sich?

Absolut, es ist geradezu eine logistische Meisterleistung, die wir vollführen müssen. Insbesondere für einen Reisebetrieb wie wir es sind, ist es äusserst anspruchsvoll. Wir sind auch der erste Reisebetrieb überhaupt, der sich an einen Wasservorhang wagt. Dies ist einmalig und ich bin extrem stolz auf mein Team, welches diesen möglich gemacht hat; von meinem Mann Maycol bis zur ganzen Crew hinter der Bühne. Denn ich kann noch lange davon träumen, wenn wir es nicht umsetzen können, hat das Publikum herzlich wenig davon.

Gibt es auch Elemente, die ihr sehr gerne in eure Show einbauen würdet, doch aus finanziellen oder anderen Gründen nicht umsetzbar sind?

Die Frage der finanziellen Machbarkeit müssen wir uns natürlich immer stellen. Immerhin sind wir ein Familienbetrieb, der ohne Subventionen auskommt. Gerade das Reisen mit der umfangreichen Technik und generell dem ganzen Material stellt diesbezüglich einen nicht zu unterschätzenden Faktor dar. Wie wir die Reiserei überhaupt bewerkstelligen können, erstaunt mich immer wieder aufs Neue.

Aerial Trio und Wasservorhang im Zirkus Knie

Das Aerial Trio, umgeben vom Wasservorhang. Bild: Katja Stuppia

Die Winterpause dauert für euch nur rund zwei Monate. Wann haben Sie überhaupt Zeit, das Programm für die kommende Tournee zu planen?

Währenddem die vorangehende Show noch läuft, entsteht das neue Programm bereits auf Papier. Die Proben selbst beginnen drei bis dreieinhalb Wochen vor der Premiere. Für manche Komponenten ist dies recht knapp. So für die Technik, wenn es beispielsweise um die Programmierung der Lichter geht. Entsprechend sind die Tage vor der Premiere die intensivste Zeit des ganzen Jahres.

Wie sehen die Vorbereitungen vor den ersten offiziellen Proben aus?

Dann proben wir bereits einzelne Elemente. Jene Nummern, bei denen meine Familie involviert ist, sowieso; diese werden das ganze Jahr über geübt. Auch das Licht oder die Musik werden bereits früher vorbereitet.

Wird während der Tournee immer noch intensiv geprobt oder steht dann die Regeneration im Vordergrund?

Dies ist abhängig davon, um wen es sich handelt. Die ArtistInnen brauchen das Training; gerade die AkrobatInnen trainieren jeden Tag, um fit und im Rhythmus zu bleiben.

Sie sind die Hauptverantwortliche für die Show. Wie viele Inputs von anderen fliessen jeweils in die Programmgestaltung ein?

Ja, ich trage die Hauptverantwortung. Jedoch gestalte ich die Show immer in Zusammenarbeit mit meinem Mann Maycol. Es wäre nicht richtig, meine Ideen ohne Rücksprache umsetzen zu wollen und ArtistInnen zu engagieren, währenddem er es dann umsetzen und die Reisen organisieren muss.

Sie haben es erwähnt, nach jedem Auftritt werden Stellschrauben nachjustiert. Wie viel der Show ist schon vor der ersten Probe fix und wie viel passt ihr während den Proben und dann nach den ersten Vorstellungen noch an?

Die Premiere in Rapperswil verlief wirklich sehr gut, da mussten anschliessend keine grossen Veränderungen mehr vorgenommen werden. Dies spürten wir auch anhand der Reaktion des Publikums: Wir erhielten drei Standing Ovations – einmal für die Kinder und ihre Nummer, einmal für den Globe of Speed mit ihrem Weltrekord von zehn Motorrädern gleichzeitig in der Kugel und einmal zum Schluss der Aufführung. Dies überwältigte uns tatsächlich und ist keineswegs selbstverständlich.

Der Zirkus Knie 

Der Zirkus Knie ist nicht nur der Schweizer Nationalzirkus und der grösste des Landes, er kann auch auf eine über 100-jährige Geschichte zurückblicken. Premiere feierte er am 14. Juni 1919 auf der Schützenmatte in Bern. Im selben Jahr wurde auch das erste Winterquartier in Rapperswil errichtet. Die Zirkus-Dynastie beginnt jedoch bereits 1803 in Innsbruck, als Friedrich Knie ein Seiltänzer- und Künstlerunternehmen gründete. Heute leitet die 7. Generation den Zirkus Knie: Géraldine Knie mit Maycol Errani und Doris Knie. Mit Ivan Frédéric, Chanel Marie und Maycol junior steht ausserdem bereits die 8. Generation in der Manege.

Géraldine ist die Tochter von Mary-José und Fredy Knie junior. Der ehemalige Direktor des Zirkus Knie ist Verwaltungsratspräsident der Gebrüder Knie, Schweizer National-Circus AG. Der Pferdedresseur führt das Unternehmen mit Géraldine (künstlerische Leitung), Franco Knie (VR-Vizepräsident) und dessen Kinder Doris (kaufmännische Leitung) und Franco junior (technischer Leiter). Franco Knie leitet ausserdem den Kinderzoo in Rapperswil inklusive dem Elefantenpark Himmapan und dem dazugehörigen Thai-Restaurant Himmapan Lodge. Teil des Kinderzoos ist ausserdem die Eventlocation Knies Zauberhut.

Wie viele ArtistInnen habt ihr dieses Jahr mit dabei bei den Auftritten?

Es sind 58 ArtistInnen. Hinzu kommen meine drei Kinder.

Ihr wechselt die ArtistInnen von Tournee zu Tournee. Wie wichtig ist es, international in der ArtistInnenwelt vernetzt zu sein, um eure Wunsch-KünstlerInnen engagieren zu können?

Primär achten wir auf ihre Leistungen, Darbietungen und wer etwas Neues präsentieren kann. Natürlich auch darauf, was in unser Programm passen würde – was wir schon lange nicht mehr oder noch gar nie hatten. Bei komplett neuen Elementen ist die Spannung vor der Premiere jeweils gross, wie sie beim Publikum ankommen werden. Am Ende soll es einfach eine coole Show geben, die für alle Generationen und Geschmäcker etwas bereithält.

Gibt es mögliche Showelemente oder ArtistInnen, die euch zwar begeistern, die aber schlicht nicht zum Zirkus Knie passen?

Eigentlich nicht, denn wir adaptieren den Auftritt jeweils für unseren Zirkus und das Schweizer Publikum. Es wird so gut wie nie eine Nummer exakt so bei uns aufgeführt, wie ich sie woanders das erste Mal gesehen habe. Ob dies nun die Choreographie, die Musik oder die Kostüme anbelangt. Diese Anpassungen werden auch vertraglich vereinbart, denn dieser Wille zur Adaption muss natürlich auf Gegenseitigkeit beruhen. Entsprechend nehmen wir diese auch gemeinsam mit den ArtistInnen vor.

Einerseits gilt es, immer wieder neue Elemente dem Publikum präsentieren zu können, auf der anderen Seite will man sich auch treu bleiben. Wie schwierig ist dieser Balanceakt?

Das Gute ist, dass es für uns nie ein Müssen ist. Es schreibt uns ja niemand etwas vor, woran wir uns orientieren müssen. Es geht einzig darum, das Publikum bestmöglich zu unterhalten. Es soll unbedingt auch lachen dürfen, da dies im (Arbeits)alltag oftmals zu kurz kommt. Ich bin dann glücklich, wenn ich sehe, wie die Leute nach der Show mit einem breiten Grinsen das Zirkuszelt verlassen.

Comedian Erwin aus der Schweiz mit Kind

Schauspieler und Comedian Erwin aus der Schweiz führt heuer durch das Programm. Hier mit Maycolino, dem jüngsten Spross der Familie Knie. Bild: Katja Stuppia

Gibt es so etwas wie weltweite Zirkustrends, an denen man sich orientieren kann?

Nicht wirklich. Eigentlich fokussiert sich jeder Zirkus auf sich und ist darauf bedacht, das für ihn bestmögliche Programm zusammenzustellen.

Der Zirkus entwickelt sich generell immer weiter. Wo habt ihr euch dem Zeitgeist anpassen müssen?

Auch hier ist es nie ein Müssen, es gibt keine Regelungen oder vertragliche Verpflichtungen. Als wir im letzten Jahr Bastian Baker verpflichteten, rümpften manche auch die Nase und fragten sich, weshalb wir einen Sänger als einen der Hauptakteure präsentieren. Ich drehte den Spiess einfach um und fragte zurück, weshalb denn eigentlich nicht. Live-Musik passt wunderbar zu einer solchen Show und es gibt keinen Standard, was in einen Zirkus gehört und was nicht. Ich verlasse mich beim Zusammenstellen des Programms stark auf mein Bauchgefühl.

Wie haben sich die Ansprüche des Publikums mit der Zeit verändert?

Ich glaube, die Leute freuen sich immer darüber, wenn sie etwas Neues zu sehen und hören bekommen – dadurch wird der Wow-Effekt zusätzlich verstärkt. Gleichzeitig präsentiert sich die Herausforderung dadurch für uns umso grösser, da wir so nie wissen, ob der Schuss vielleicht doch nach hinten losgeht. Wir haben gerade seit der Jubiläumstournee 2019 jedoch die Erfahrung gemacht, dass das Publikum Neues, Unerwartetes sehr positiv aufnimmt.

Ist dies auch der Schlüssel, weshalb das Konzept Zirkus die Menschen auch nach über 100 Jahren noch immer fasziniert?

Ich denke schon. Ausserdem handelt es sich um ein Live-Erlebnis, bei dem man mittendrin ist und das sich nicht reproduzieren lässt, etwa vor dem Fernseher.

Die technischen Hilfsmittel sind mehr und komplexer geworden. Dauert dadurch auch der Auf- und Abbau länger?

Ja, aber nicht viel, was wirklich erstaunlich ist. Was die Technik anbelangt, hat sich tatsächlich viel getan. So arbeiten wir mittlerweile mit externen Bogenmasten, währenddem wir früher vier grosse Pfosten im Zelt hatten, welche die Sicht beeinträchtigen konnten. Erst hielten wir es nicht für möglich, mit externen Bogenmasten zu arbeiten; dachten, deren Transport sei nicht umsetzbar. Maycol glaubte jedoch daran und setzte es um und mittlerweile sind wir so genauso schnell mit dem Aufbau des Zelts. Das mit dem Wasservorhang muss sich noch etwas einspielen, doch funktioniert es bereits.

Zirkus Knie im Jahr 1919

So sah der Zirkus Knie während seiner allerersten Vorstellung am 4. Juni 1919 aus. Bild: Circus Knie

Ihr beschäftigt viele Mitarbeitende, die im Hintergrund tätig sind. Spürt auch ihr rund um die TechnikerInnen den grassierenden Fachkräftemangel?

Gar nicht. Wir haben viele sehr treue MitarbeiterInnen, die teilweise seit 30 oder sogar 40 Jahren bei uns arbeiten. Auch nach der Pandemie kamen alle wieder zu uns zurück. Dies bringt viele Vorteile mit sich. Unter anderem beschleunigen sich die Abläufe durch die enorme Eingespieltheit und jeder kann sich auf jene Bereiche konzentrieren, wo er seine Stärken ausspielen kann.

Gibt es technische Komponenten, die das Zirkuserlebnis nochmals steigern würden, die aber finanziell nicht zu stemmen sind?

Aktuell geniessen wir mit dem Wasservorhang erst mal unser jüngstes Baby, das auch für uns immer noch ganz neu ist. Wenn wir im Mai in Zürich sind, beginnen wir jeweils damit, den Fokus auf das kommende Jahr und die neue Show zu legen. Bis dahin konzentrieren wir uns darauf, die aktuellen Elemente zu perfektionieren.

Machen wir einen kleinen Sprung zur Dernière. Wie wehmütig werden Sie dabei jeweils? Im Wissen, dass es nach so vielen Vorstellungen nun die letzte Aufführung mit dieser Show ist.

Ich hatte schon als Kind grosse Mühe mit Abschieden und dies hat sich bis heute nicht verändert – und meinen Kindern geht es genauso. Im vergangenen Jahr war es besonders schlimm und bei allen flossen die Tränen. Mit Bastian weinten wir eigentlich das ganze Gastspiel in Luzern über, da wir wussten, dass es die letzte Station mit ihm ist. Die Dernière selbst war dann sehr traurig. Den Umgang damit kann man auch nicht wirklich lernen, sondern ist es einfach ein Gefühl, das man zulassen darf und soll.

Kommt es vor, dass sich bei so vielen Auftritten irgendwann gegen Ende der Tournee eine gewisse Lustlosigkeit bemerkbar macht bei manchen AkteurInnen?

Es sind natürlich viele Shows, doch handelt es sich keineswegs um einen Fliessbandjob und tatsächlich sind keine zwei Tage gleich. Nur schon die Zahl der Shows an einem Tag variiert von null bis drei. So kann eigentlich gar keine Monotonie aufkommen. Ausserdem sind die Auftritte die Leidenschaft der ArtistInnen, entsprechend kommen sie immer mit Freude in die Manege. Die ukrainischen ArtistInnen haben dies umso stärker verkörpert: Der Gedanke an ihre Heimat erfüllt sie mit grosser Trauer und Hilflosigkeit. Doch wenn sie auftreten können, blühen sie auf und sie geben 200 Prozent Einsatz. Wir spüren auch ihre Dankbarkeit, dass sie auftreten und ihre Familienmitglieder bei Bedarf auf die Tournee mitnehmen können.

Das heisst, Sie sind gar nicht gefragt als Motivationscoach?

Nein, diese Rolle musste ich noch nie einnehmen. Wobei wir hierbei natürlich auch davon profitieren, dass wir professionelle ArtistInnen engagieren.

Sie haben die letztjährige Tournee angesprochen. Wie blicken Sie auf diese zurück? Immerhin war es die erste einigermassen normale Tournee nach der Zwangspause.

Es war in jeder Hinsicht eine spezielle Tournee. Wir dachten, wir könnten Mitte März einen normalen Tourstart hinlegen, doch brach kurz davor der Krieg in der Ukraine aus, was uns begleitete. Man beginnt automatisch, sich zu fragen, was in der Welt abgeht und kann es nicht einfach ausblenden. Wir starteten jedoch trotzdem wie geplant und können auf eine in jeder Hinsicht erfolgreiche Tournee zurückblicken. Die ganzen traurigen Begleitumstände haben uns vermutlich noch stärker zusammengeschweisst. Generell darf ich auf unseren Zusammenhalt sehr stolz sein. Die Nationalität spielt bei uns überhaupt keine Rolle. Wir haben beispielsweise ukrainische wie russische ArtistInnen und jeder respektiert den anderen, man schaut zueinander, egal wer woher kommt.

Pferde vor dem Zirkuszelt

Der Zirkus Knie beschäftigt während der Tournee rund 140 Mitarbeitende. Bild: Tobias Stahel / Circus Knie

Ihr engagiert generell ArtistInnen aus den verschiedensten Ländern. Wie interessant gestaltet sich für euch jeweils der kulturelle Austausch mit ihnen?

Sehr, dies ist ein angenehmer Nebeneffekt unseres Berufs, dass wir so ständig unseren Horizont erweitern dürfen.

Wie intensiv ist an auftrittsfreien Tagen oder vor der Show der Austausch mit den ArtistInnen generell, respektive von ihnen untereinander?

Dieser ist sehr eng, immerhin lebt man ja miteinander und sieht sich fast jeden Tag. Da unternimmt man auch gemeinsam Dinge. Teilweise entstehen sogar langjährige Freundschaften.

Damit der Zirkus Knie in seiner Form überhaupt möglich ist, muss jeder mithelfen, wo es gerade nötig ist – ohne gegenseitige Unterstützung ginge es nicht. Wäre ein solch enger Zusammenhalt überhaupt möglich, wenn es sich nicht um einen Familienbetrieb handeln würde?

Es hilft tatsächlich, zumal wir unser ganzes Herzblut in den Zirkus stecken und immer für unsere MitarbeiterInnen da sind. Mein Mann ist der Erste und Letzte auf dem Platz, packt an, ist sich für nichts zu schade. Dass der Direktor – auch wenn er nicht so genannt werden möchte – selbst Hand anlegt, hilft in Bezug auf die Motivation aller Beteiligter.

Wie ist das, wenn ein sehr grosser Teil der Familiengeschichte öffentlich bekannt ist, die schönen und weniger schönen Geschichten? Wünschte man sich da manchmal mehr Privatsphäre?

Damit habe ich kein Problem, zumal die Privatsphäre gewährleistet ist. Wir haben ja unseren Wohnwagen, wo wir uns bei Bedarf stets zurückziehen können. Ausserdem kann ich von Glück reden, dass ich Leidenschaft und Beruf in einem habe. Ich geniesse mein Leben, da brauche ich auch keine Ferien. Denn ich habe alles, was mich glücklich macht und habe meine Familie, die meine Leidenschaft teilt, immer um mich. Was will man mehr?

Wie läuft es, wenn mal eine Vorstellung nicht perfekt verläuft? Hakt man dies gleich ab oder wird dann manchmal auch Dampf abgelassen?

Ich sage meinen ArtistInnen immer, dass sie das Glück haben, nicht von einer Jury benotet zu werden wie im Spitzensport. Wenn AthletInnen beispielsweise für die Olympischen Spiele trainieren, müssen sie am Tag X bereit sein, was einen enormen mentalen Stress mit sich bringt. Klappt der Auftritt nicht, müssen sie vier Jahre auf die nächste Chance warten. Bei uns ergibt sich diese spätestens in der darauffolgenden Woche. Aber es ist natürlich trotzdem so, dass manche ArtistInnen enorm ehrgeizig sind und umso intensiver trainieren, wenn etwas bei einem Auftritt nicht wunschgemäss funktioniert hat. Klar ist: Egal ist es ihnen nie und jeder will sich von seiner besten Seite zeigen.

In welche Richtung wird sich der Zirkus Knie in den nächsten Jahren entwickeln?

Die Zahl der Auftrittsorte versuchen wir konstant bei rund 25 zu halten. Auch sonst sind keine signifikanten Veränderungen geplant – immerhin ist es Aufwand und Neuerung genug, immer wieder ein innovatives, reizvolles Programm auf die Beine zu stellen.

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