Zürcher Start-up Noii will Datingmarkt aufmischen

Montag ist Matchtag

Mit dem richtigen Erstkontakt den perfekten Partner finden. Das Zürcher Start-up Noii möchte das Datingleben vereinfachen und sich gleichzeitig von der Konkurrenz abheben: Videocalls sollen zu mehr Vertrauen und schnelleren Dates im echten Leben führen.

Das Singledasein ist manchmal nicht so leicht. Vor allem, wenn wegen einer globalen Pandemie plötzlich für ein paar Monate alle Türen zufallen und die möglichen Aktivitäten sich auf ein absolutes Minimum reduzieren – Technoraves im Untergrund mal ausgenommen. Aber auch im neuen alten Alltag ist es schwer, den richtigen Partner oder die richtige Partnerin zu finden. Sei dies im realen Leben oder via Datingapp.

Eine Alternative zu Tinder, Grindr, Lovoo und Co. möchte das Zürcher Start-up Noii sein. Mitgründerin und CEO Laura Matter kam die Idee für ihre Datingapp im ersten Pandemiejahr 2020. Anschliessend entwickelte sie im Rahmen eines Projektes von Silver Ox in 100 Tagen einen funktionierenden Prototyp. Eine Firmengründung inklusive erster Finanzierungrunde später, ist die Plattform nicht nur in Zürich aktiv.

Laura Matter Noii

Laura Matter (22) stammt aus Dinhard ZH. Auch deshalb hat Noii seine Heimat im Kanton Zürich. Bild: zVg

The Need for Speeddating

Heute lädt Noii seine NutzerInnen jeden Montag zum Speeddating ein und veranstaltet regelmässig auch Events in der Offlinewelt. Natürlich braucht man wie bei anderen Apps zuerst einmal ein Profil, bevor man sich zum «Video Speed Dating» anmelden kann. Jeden Montagabend ab 20 Uhr hat man dann die Möglichkeit, bis zu sieben andere Singles kennenzulernen – sechs Minuten pro GesprächspartnerIn. Der Erstkontakt per Videogespräch ist für Matter einer der grossen Pluspunkte ihrer Datingseite. Das lange Warten auf Antworten und unpersönliche Textnachrichten sollen dabei entfallen. «Wenn man sich im Videocall gut versteht und matcht, dann steht einem Treffen eigentlich nicht mehr viel im Weg», sagt sie. Den positiven Vertrauenseffekt durch Sprache und Gestik könne man auch in den eigenen Daten ablesen. So sollen 78 Prozent der Matches zu einem echten Date führen.

Dabei vertrauen Noii-UserInnen vor allem auf ihre Laptopkamera. So sieht man im Optimalfall nicht nur seinen oder seine Gegenüber, sondern kann auch einen Blick ins Wohnzimmer erhaschen oder schon mal Haustiere kennenlernen. «Man sieht, wie die Person lebt und ein Wohnzimmer ist etwas sehr Persönliches», erzählt die Gründerin. Nach einem erfolgreichen Videoabend darf durchaus auch per Chat miteinander kommuniziert werden.

Noii Fragebogen

Vom Kochen bis hin zu Start-ups wird bei Noii einiges abgefragt. Bild: Noii.ch

Geschätzt wird bei den UserInnen auch die Effizienz. «Man datet bewusster. Alle TeilnehmerInnen haben sich dazu verpflichtet, diese eine Stunde pro Woche zu nutzen, um neue Menschen kennenzulernen», erzählt Matter. Bei anderen Datingapps swipt man dagegen oft nur nebenbei auf dem Handy, während man einer anderen Aktivität nachgeht. «Eine Stunde pro Woche klingt nach wenig, aber am Stück ist es für heutige Verhältnisse fast schon wieder viel», sagt Matter über das Nutzungsverhalten der jüngeren Generationen.

Mit der Eintrittskarte zu den Alpakas

Garantiert einen Platz beim Datingabend hat übrigens nur, wer das Bezahlabo von Noii für 29 Franken im Monat abschliesst. Alle anderen müssen auf einen freien Spot hoffen. Gleichzeitig können PremiumnutzerInnen auch bei den Offlineveranstaltungen von Vorzügen wie sicheren Einladungen und Rabatten profitieren.

Die Offlineevents sieht Matter dabei nicht als Widerspruch zur Welt des Onlinedatings. «Wir sind mit dem Ziel entstanden, dass man sich mehr in der echten Welt trifft. Wir wollen aber auch nicht zwei verschiedene Businesses aufbauen», so die Noii-Chefin. Die monatlichen Veranstaltungen bestehen entweder aus einer klassischen Party, wie Mitte Juni auf einer Dachterrasse in Zürich, oder aus speziellen Events wie einer Drachenbootfahrt oder einem Treffen mit Alpakas.

Noii Gründer

Büroalltag im Start-up. Bild: zVg

Bei der letzten Party erschienen dabei rund 170 Personen. «Alle sind Single und haben die Bereitschaft, jemanden kennenzulernen. Das führt zu einer super Atmosphäre und einer lockeren Stimmung», erzählt Matter. Die Eintrittskarten für die Events sind dabei neben den Abogebühren die Einnahmequelle von Noii.

Gutes Wetter – weniger Nutzer

Die Noii-Community besteht aktuell aus 4500 NutzerInnen. Das Wetter hat dabei konkreten Einfluss auf die Auslastung der Datingabende: «Wenn es am Montagabend sehr warm und sonnig ist, dann sagen ungefähr 20 Prozent ab», erzählt Matter. Bei besonders schlechtem Wetter kehrt sich der Effekt aber ebenso um und nur wenige verpassen ihren Datingabend.

Die Zuteilung der PartnerInnen beim Videocall funktioniert im Moment noch aus einer Mischung aus Algorithmus und menschlicher Intuition. Dafür müssen alle UserInnen eine kurze Umfrage über die eigenen Interessen beantworten. Von Musik und Politik über einen möglichen Kinderwunsch bis zum Glauben an das Gute im Menschen werden einige Themengebiete kurz abgefragt. Zu grosse Unterschiede verhindern dabei eine Partnervermittlung. «Studien zeigen, dass sich der Spruch ‹Gegensätze ziehen sich an› tendenziell nicht bewahrheitet – zumindest nicht für langfristige Beziehungen», so Matter.

Ab in die Zentralschweiz

Seit dem 13. Juni dürfen neu auch Singles aus Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Uri und Zug bei Noii mitmachen – also die gesamte Zentralschweiz. Im Frühjahr sprangen bereits die Kantone Thurgau und St. Gallen in den Datingpool. Das gemächliche Wachstum hat für Noii bisher gut funktioniert. «Dating ist etwas sehr Regionales in der Schweiz. Wir sind sehr ‹heimelig› und würden am liebsten jemanden daten, der auf der anderen Strassenseite wohnt», begründet Matter die kantonalen Strukturen von Noii. Aufgrund der Moderationsaufgaben möchte man zudem auch noch ein bisschen länger exklusiv in der Deutschschweiz bleiben. Allerdings schmiedet man bereits Expansionspläne für Deutschland.

Noii Logo

Noii möchte sich von der Konkurrenz abheben. Bild: zVg

Dafür arbeitet man aktuell intensiv an einer neuen Plattform. Bisher nutzt Noii noch die Technik des Videokonferenzprogramms Zoom, aber im Oktober möchte man auf die eigene browserbasierte App umsteigen. Dafür hatte man zuletzt auch 300’000 Franken in einer Finanzierungsrunde gesammelt. Damit verbunden war auch die Anstellung von drei ProgrammiererInnen in der Ukraine. Neben den höheren Lohnkosten in der Schweiz sprach dafür auch das persönliche Netzwerk von einem der Noii-Mitgründer, welcher selbst aus der Ukraine stammt.

Und wie sieht nun das perfekte Date aus, nachdem man sich auf Noii getroffen hat? «So unkompliziert wie möglich, ob Kaffeedate oder gemeinsamer Spaziergang. Und bloss kein mehrstündiges Candle-Light-Dinner, so etwas braucht es heute nicht mehr», sagt Laura Matter.

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