Wer gewinnt das Rennen um die TV-Konzessionen?

Showdown im Regionalfernsehen

Jährliche Millionenbeträge stehen auf dem Spiel, wenn das Bundesamt für Kommunikation Ende Jahr zum zweiten Mal über die TV-Konzessionen entscheidet, dieses Mal für 2025 bis 2034. Für den Grossraum Zürich bewirbt sich erstmals auch die auftanken.TV AG, die unter anderem den bisherigen Platzhirsch Tele Top herausfordert.

Es ist ein Showdown, der noch kein genaues Datum kennt: Ende Jahr berichtet das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), das letztlich den Entscheid fällt, über die Konzessionsverteilung für die Jahre 2025 bis 2034. 38 Lokalradio- und 13 Regionalfernsehkonzessionen wurden ausgeschrieben und wer den Zuschlag erhält, wird ab dem 1. Januar 2025 für 10 Jahre zusätzlich einen regionalen Service-public-Leistungsauftrag für regionale News – mindestens 150 Minuten pro Woche – erfüllen müssen und dafür Geld aus der Radio- und Fernsehabgabe erhalten.

Für die Medien geht es bei der Verteilung um viel Geld. Alleine für den Grossraum Zürich inklusive den Kantonen Schaffhausen und Thurgau winken jährlich 3,3 Millionen Franken. Und genau für diese Region präsentiert sich der Konzessionskampf besonders delikat. So muss der bisherige Platzhirsch Tele Top mit Sitz in Winterthur, der beim letzten Mal Tele Züri besiegte, nun seinerseits um seine Position und somit die jährlichen Millioneneinnahmen zittern.

Zahlen sprechen deutliche Sprache

Einer der Herausforderer neben Tele Züri und Spartensender Tele Z ist dabei so jung wie mittlerweile etabliert und stammt aus dem Zürcher Kreis 4: 2017 gegründet, hat sich auftanken.TV mittlerweile vom Nischensender zum relevanten Bildungs-, Kultur-, Reise- und Natursender entwickelt. Das dadurch gewonnene Selbstvertrauen widerspiegelt sich nicht nur in der Zuversicht der auftanken.TV-Aushängeschilder, Gründerin und CEO Dr. Dr. Yvonne Maurer sowie COO Patrick «Pät» Schreiber, den Konzessionszuschlag zu erhalten. Auch die Zahlen des Medienforschungsunternehmens Mediapulse deuten darauf hin, dass es für Tele Top und somit für den Mutterkonzern Top Medien eng werden könnte.

Patrick «Pät» Schreiber mit neuer Frisur

COO Patrick «Pät» Schreiber. Bild: zVg

So kam auftanken.TV im ersten Tertial 2023 bei der durchschnittlichen Verweildauer während der wichtigsten News-Primetime zwischen 18 und 23 Uhr auf 19,6 Minuten. Auf Seiten von Tele Top wurden in diesem Zeitraum von Mediapulse knapp 6 Minuten Verweildauer gemessen. Auch in Bezug auf die Besucherzahl liegt auftanken.TV in der Deutschschweiz bei den über 15-Jährigen gemäss Mediapulse vor Tele Top.

Gemäss Pät Schreiber sprechen diese Zahlen für sich: «Die Bevölkerung finanziert den Service public über die Gebühren und hat so auch ein Anrecht auf ein Angebot, das ihren Bedürfnissen besser entspricht.» Dies sei bei auftanken.TV offensichtlich mehr der Fall. Schreiber und Maurer sind überzeugt, dass die höhere Verweildauer nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass auch die 24-Stunden-Programminhalte des Senders das Publikum mehr begeistern, ihm wertvoller erscheinen. Schon seit der Gründung setzt der Sender auf Dokumentationen und Spielfilme, die dazu dienen, die Batterien wieder aufzuladen und sich zu bilden – Gewalt, Kriminelles oder Schiessereien sucht man bei auftanken.TV vergebens.

Ermüdungserscheinungen?

Anders sieht es auf Seiten von Tele Top aus, wo in den Nachrichten Unfälle und Verbrechen nach wie vor ihren Platz finden. Pikant dabei: Bei der Ausschreibung für die Konzession ab 2025 ist ausdrücklich festgehalten, dass «Unfälle und Verbrechen» nicht mehr erwünscht sind. Während Tele Top seine Nachrichteninhalte also anpassen müsste, verfolgt auftanken.TV diesen Anspruch bereits.

Schätzungsweise um die 30 Millionen Franken aus dem Konzessionstopf hat Top Medien in den letzten 15 Jahren erhalten und dafür aus Sicht der auftanken.TV-Verantwortlichen auf unternehmerischer und inhaltlicher Ebene eine dürftige Bilanz vorzuweisen. Hingegen verfolgt man selbst ein klares Konzept, wie man die zusätzlichen Millionen investieren würde. Pät Schreiber erklärt: «Wir bauen seit dem Sendestart kontinuierlich aus und würden im Falle eines Zuschlags sicherlich unsere Eigenproduktionen vermehrt fördern, dazu auf zusätzliche Talks, Sport-, Musik- und Kultursendungen setzen, was sich auch in den News widerspiegeln wird.» Dies entspreche wiederum dem Leistungsauftrag, der eine Kultur- und Bildungsförderung vorschreibt, «was ideal zu unserem Senderkonzept passt», wie Schreiber hinzufügt.

Gegen Fake News

Seit Februar hat auftanken.TV selbst ein Newsformat, das die Regionen Zürich, Schaffhausen und Thurgau abdeckt, als Teil seines Programms. Jeweils um 7:30 und 18 Uhr wird die Sendung ausgestrahlt – auf eine stündliche Wiederholung wie bei Tele Top verzichtet man bewusst – in Zeiten von Replay TV sei dies nicht mehr zeitgemäss, sorge nur für Langeweile durch die vielen Wiederholungen desselben.

Dr. Dr. Yvonne Maurer

auftanken.TV-CEO Dr. Dr. Yvonne Maurer. Bild: zVg

Yvonne Maurer erklärt ergänzend: «Die Welt der Nachrichten ist nicht mehr die gleiche wie noch vor 15 Jahren. Fake News und Desinformation sind heute in einem beängstigenden Ausmass präsent.» Dies werde durch künstliche Intelligenz, virtuelle Realität, und Robotik-Doppelgänger künftig  eher noch zunehmen. Entsprechend will man dem mit faktenbasierten Nachrichten ohne Effekthascherei ebenfalls entgegenwirken.

Unruhige Zeiten bei Top Medien

Während Yvonne Maurer und Pät Schreiber seit Sendergründung dabei sind und bei auftanken.TV personell in einem stetig wachsenden Team, mittlerweile 17 MitarbeiterInnen gross, in der Führungsetage Kontinuität herrscht, befindet sich Top Medien aktuell im Umbruch. Der Gründer und bisherige Besitzer Günter Heuberger zog sich zurück, seine Aktien der Tele Top AG werden in eine Stiftung überführt. Beim Aktienkapital wurde eine Kürzung von 2,1 auf 1,5 Millionen Franken vorgenommen.

Geschäftsführer Philippe Pfiffner betont gegenüber dem «Tages-Anzeiger», dass man die Ausgaben senken und effizienter werden müsse. Und auch die Werbeeinnahmen sollen gesteigert werden. Dies auch mithilfe des Vermarkters Goldbach Publishing, einer Tochterfirma von Goldbach, die wiederum Teil der TX Group ist. Allerdings ist diese vor allem auf Onlineplattformen spezialisiert, weniger auf TV-Sender. Um ins Portfolio der Goldbach Group zu gelangen, reichen die Einschaltquoten von Tele Top jedoch nicht aus. Auftanken.TV wird derweil von Yvonne Maurer derzeit privat finanziert. Mit einer Zusage des Leistungsauftrags für Service-public-News könnte das Unternehmen langfristig gesichert sein.

 

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