Mit einem Swipe zum neuen Job

Zuger Start-up Mtchbx

Die Digitalisierung hat auch den Stellenmarkt nachhaltig verändert. Heute locken eigenständige Firmenportale die Bewerber in digitale Welten, doch für einige ist diese Lösung immer noch zu aufwendig. Das Zuger Start-up Mtchbx möchte deswegen mit einer entsprechenden App Stellensuchende und Firmen verkuppeln.

Jobportale gibt es wie Sand am Meer – oder wie Apps im App-Store. Doch jeder, der schon mal aktiv auf Stellensuche war, weiss, wie viel Zeit eine gute Bewerbung in Anspruch nimmt. Und in den allermeisten Fällen bleibt es nicht bei der einen Bewerbung, auf die man sich konzentriert. Dass man in diesem Prozess schon mal die Lust verlieren kann, belegen zahlreiche Studien von Jobportalen und -netzwerken. So soll jede zweite Person schon einmal eine Bewerbung abgebrochen haben. Die Gründe dafür sind vielfältig: eine schlechte Stellenbeschreibung, keine Anpassung für mobile Geräte oder auch das komplizierte Hochladen von allen notwendigen Dokumenten.

Hinzu kommt, dass viele grosse Schweizer Unternehmen inzwischen auf ihre eigenen Jobportale setzen – ein zusätzliches Log-in und Datenspeicherung inklusive. Die Digitalisierung hat den Jobmarkt also längst erreicht, aber wirklich leichter wird es nicht, wenn man im Bewerbungsprozess einfach nur den Postversand durch E-Mails ersetzt.

Tinder für Jobs

Der Start-up-Gründer und ehemalige Personalchef Thomas Balli möchte nun den Jobmarkt mit einer eigenen App bequemer und einfacher machen. Mtchbx (ausgesprochen Matchbox) versteht sich als Datingportal für Jobs; und ganz ähnlich wie beim dortigen Branchenführer Tinder wird hier mit einem Wisch der Kontakt zum potenziellen neuen Partner hergestellt. Und auch Geschäftsführer Balli scheut den Vergleich nicht: «Wir wollten eine Art Tinder für Jobs machen. Einfach in der Nutzung, aber mit einem komplexen System im Hintergrund.»

Thomas Balli Mtchbx

Thomas Balli (links) und zwei Mitarbeiterinnen von Mtchbx. Bild: zVg

Die in Zug ansässige Firma Mtchbx Systems wurde erst im September 2021 gegründet. Balli hatte zuvor bereits ein Unternehmen in der Stadt. Aktuell arbeiten fünf Personen im Start-up und auch die Technik dahinter wurde in der Schweiz entwickelt. Die Zürcher Softwareschmiede Edge5 programmierte die Mtchbx-App in einem halben Jahr. Der offizielle Start erfolgte dann Ende April. «Zurzeit sind wir nur in der Deutschschweiz aktiv, weil es die App nur auf Deutsch gibt», erklärt Balli.

Mit weniger Zeitaufwand zum Job

Nach dem Anmeldeprozess füllt man in der App die klassischen Bewerbungskriterien aus. Von der Ausbildung über die Berufserfahrung bis zu den Sprachen. Das eigene Bild steht dabei – wie bei Tinder – etwas mehr im Fokus, weil es als Erstes ins Auge fällt. Laut Balli sollen so auch Firmen ihre freie Stelle besser darstellen können. Es ist aber wie alle Profilangaben freiwillig. Danach erscheinen auf der Startseite sofort die möglichen Jobangebote. Bei Interesse wird mit einer Bewegung nach rechts gewischt, Ablehnung gibt es in die entgegengesetzte Richtung und mit einem Swipe nach unten wird das Jobangebot für später vermerkt. Swipen beide Parteien nach rechts, kann der Kontakt per Telefon oder E-Mail hergestellt werden.

Im Hintergrund von Mtchbx werkelt ein Matching-Algorithmus, der die Gemeinsamkeiten von BewerberInnen und Stellenanforderung überprüft. Die Unternehmen bekommen also bereits eine Vorauswahl von der App präsentiert, damit sie sich im Zweifel nicht alle BewerberInnen genauer anschauen müssen. Die notwendigen Gemeinsamkeiten dürften dabei noch mehr ins Gewicht fallen als beim Online-Dating. Der Algorithmus ist für Balli das Kernstück der App, denn durch ihn soll die meiste Zeit im Bewerbungsprozess eingespart werden.

mtchbx App Profil

So sieht das eigene Profil in der App aus. Bild: Screenshot mtchbx

Als erfahrener Personalchef rechnet Balli vor, dass die Besetzung einer Stelle im Schnitt 24 Arbeitsstunden in Anspruch nimmt. Darin ist vom Schreiben der Stellenanzeige bis hin zu den Vorstellungsgesprächen alles umfasst. Durch das Wegfallen von Aufgaben im administrativen Bereich und bei der Auswahl der BewerberInnen sollen Unternehmen durch Mtchbx eine Zeitersparnis von acht Stunden pro Stelle erzielen.

Nur noch 30 Sekunden

Mit der Jobmatching-App möchte man bei Mtchbx alle Altersgruppen ansprechen, aber natürlich dürften die Digital Natives und ihre Nachfolgegeneration besonders im Fokus stehen. «Die jungen Leute buchen mittlerweile alles über Apps: Ferienwohnung, Auto, Pizza – das geht zack, zack. Und genau das wollen wir auch abbilden», erzählt Balli. Ein schlankerer Bewerbungsprozess könne allen Beteiligten das Leben erleichtern. «Die BewerberInnen sind anspruchsvoller geworden. Unkomplizierte Prozesse sind gefordert und reflektieren den Zeitgeist», so Balli. Ein veränderter Arbeitsmarkt sollte deshalb nicht an alten Bewerbungsstrukturen festhalten.

Damit sich die Firmen und auch die Jobinteressierten besser präsentieren können, arbeitet man bei Mtchbx aktuell an einer Videofunktion. In 30 Sekunden sollen BewerberInnen einen Elevator Pitch für sich selbst erstellen. «Das kann lang sein, wenn man nicht weiss, was man sagen soll», kommentiert Balli die Dauer. Für Unternehmen soll die Videooption etwas länger sein, damit man sich besser präsentieren kann. Die Funktion entstand dabei durch das Feedback der Kunden und Nutzerinnen. Der Mensch soll so noch etwas mehr in den Vordergrund rücken. Auf der einen Seite können BewerberInnen so schon einen Ersteindruck vermitteln, der nicht auf dem digitalen Papier steht, und auf der anderen Seite werden Unternehmen auch etwas menschlicher.

Jobangebot Matching App

Unser Profil passt nicht perfekt auf die Stelle. Bild: Screenshot mtchbx

Im August gab es innerhalb der Mtchbx-App übrigens 20 erfolgreiche Matches, im Oktober waren es bereits 60. Dies zeigt, dass das junge Unternehmen noch am Anfang steht, aber Balli zeigt sich zuversichtlich: «Eine Million Matches ist nicht unser Ziel, sondern dass sich die richtigen Partner finden.»

Im Start-up-Haifischbecken

Neben einem gesunden Wachstum und weiteren geplanten Funktionen wie einem Chat, möchte man bei Mtchbx zukünftig zusätzliche strategische Partnerschaften abschliessen. Dazu zählen kaufmännische Schulen und Gewerbeverbände, aber auch mit dem RAV Zug ist man in Kontakt. Um als junges Start-up mit den grossen Playern zu verhandeln, helfen natürlich hohe Nutzerzahlen, aber auch eine gewisse Bekanntheit. Aus diesem Grund hat sich das Start-up Anfang des Jahres bei der Schweizer Version der Fernsehsendung «Die Höhle der Löwen» beworben.

Vor einer Investorenjury werben Start-ups dort für ihre Idee. Zu den Schweizer InvestorInnen zählen in dieser Staffel unter anderem Amorana-CEO Lukas Speiser, Brack.ch-Gründer Roland Brack und Business-Apartment-Pionierin Anja Graf. Die Ausstrahlung der Episode mit Mtchbox erfolgte am 1. November und mit Roland Brack zeigte sich einer der Löwen bereit zu einer Investition ins Zuger Start-up.

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