Kantonsarzt Rudolf Hauri

«Vom Aufstehen bis ins Bett gehen steht die Coronapandemie im Vordergrund»

Rudolf Hauri steht als Zuger Kantonsarzt und als oberster Schweizer Kantonsarzt seit Ausbruch der Coronapandemie unfreiwillig im Rampenlicht. Wie er mit dieser gesteigerten Aufmerksamkeit umgeht, weshalb er mit Sorgenfalten auf die Wintersportsaison blickt und warum er die Lage im Kanton Zug als «bedrohlich» eingestuft hat, erzählt er im Gespräch mit FonTimes.

Daniel Koch erlangte im Frühjahr als «Mister Corona» schweizweit Bekanntheit, jede und jeder kennt seither sein Gesicht. Im Mai verabschiedete er sich in den Ruhestand. Seither macht er unter anderem durch Homestorys von sich reden.

Einer, der von seiner Funktion her das Potenzial hätte, in Kochs Fussstapfen zu treten, ist Rudolf Hauri. Denn: Hauri ist nicht nur seit 2001 Zuger Kantonsarzt, sondern seit Dezember 2017 auch Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte Schweiz (VKS). In dieser Position tritt Hauri unter anderem an nationalen Pressekonferenzen in Erscheinung und steht in regelmässigem Austausch mit Alain Berset. Ob sich Hauri tatsächlich als Mister Corona sieht, verrät der Finsterseer im Interview. Denn trotz dieser äusserst intensiven Zeit hat er sich Zeit für FonTimes genommen (Hinweis: Das Gespräch wurde am 5. November geführt).

Herr Hauri, zu wie viel Schlaf kommen Sie im Moment pro Nacht?

Durchschnittlich rund sechs Stunden.

Das heisst, gar nicht viel weniger als vor Ausbruch der Coronapandemie?

Nein, für uns hat sich seit dem Frühjahr auch nicht viel verändert. Sprich, im Sommer wurde es nicht viel ruhiger. Aktuell gilt es für uns jedoch, viel unmittelbare Arbeit zu erledigen. Es ist sogar noch etwas anspruchsvoller als im Frühling, als durch den Lockdown alles runtergefahren wurde. Zudem wurde damals in Krisenstrukturen geführt. Dies ist momentan nicht der Fall. Die Belastung hat für uns also zugenommen. Entsprechend sind wir deutlich mehr Leute im Amt für Gesundheit.

Was heisst dies in Zahlen ausgedrückt?

Normalerweise sind wir 24 Personen, nun sind es mehr als 30 zusätzliche Personen.

Wie ist die Stimmung in Ihrem Team?

Trotz dieser Belastung über mittlerweile viele Monate haben wir einen sehr guten Teamgeist im Amt für Gesundheit. Dies trotz personeller Fluktuation mit den vielen neuen Mitarbeitenden und der sehr kurzen Eingewöhnungszeit. Zudem arbeitet mein Team sehr lösungsorientiert. Entsprechend möchte ich meinen Leuten einen grossen Dank aussprechen. Dies ist einer meiner persönlichen Gewinne aus dieser Situation: Zu sehen, wie wir dies über längere Zeit gemeinsam stemmen können.

Können Sie zwischendurch überhaupt noch abschalten?

Seit Februar gehe ich sozusagen nicht mehr zur Arbeit, sondern bin im Dienstmodus. Das heisst, ich befasse mich permanent mit dem Thema. Vom Aufstehen bis ins Bett gehen steht die Coronapandemie weitgehend im Vordergrund. Gut schlafen kann ich jedoch trotzdem.

Die Situation ändert sich aktuell praktisch täglich, so auch die getroffenen Massnahmen in den einzelnen Kantonen. Ist es da selbst für Sie manchmal schwierig, den Überblick zu bewahren?

Die Situation ist in der Tat extrem dynamisch, was eine grosse Flexibilität erfordert. Die Übersicht im Detail zu behalten, ist kaum mehr möglich. Man muss abstrahieren und die relevanten Züge im Blick behalten können.

Hauri sagt: «Die Übersicht im Detail zu behalten, ist kaum mehr möglich.» Bild: sib

Hauri sagt: «Die Übersicht im Detail zu behalten, ist kaum mehr möglich.» Bild: sib

Wie beurteilen Sie das bisherige Vorgehen der Zuger Regierung während der Coronapandemie?

Wenn Entscheide nur eine kleine Personengruppe betreffen, liegen diese bei uns. Ansonsten liegt die Entscheidungsmacht bei den politischen Akteuren. Müssen politische Entscheide getroffen werden, werden mehrere Aspekte einkalkuliert, wie beispielsweise wirtschaftliche. Dies erklärt auch, weshalb wir Epidemiologen bei manchen Massnahmen weiter gehen würden. Ich muss hierbei betonen, dass wir ein gutes Verhältnis zur Politik haben und unseren Anträgen genügend Rechnung getragen wird. Auch wenn wir bei gewissen Massnahmen allenfalls weiter gegangen wären.

Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem das Amt für Gesundheit weiter gegangen wäre als der Regierungsrat?

Wir führten die Diskussion, ob wir auch im Kanton Zug das Limit für Veranstaltungen von 50 auf 30 Personen senken sollen. Aus epidemiologischer Sicht wäre dies zu begrüssen gewesen, jedoch ist es nicht matchentscheidend. Ausserdem hatten wir den Input eingebracht, bereits früher auf eine Maskenpflicht zu setzen. Grundsätzliche Dissonanzen zwischen uns und dem Regierungsrat gab es jedoch nie.

Es ist augenfällig, dass die Bevölkerung nicht alle Massnahmen gleich diszipliniert umsetzt. Beispielsweise ist die Maskenpflicht im ÖV und in den Läden von Anfang an bei den Leuten angekommen. Was die Maskenpflicht auf den Perrons oder im Auto anbelangt, sieht es hingegen anders aus. Auf welche Schwierigkeiten sind Sie bezüglich Kommunikation solcher Massnahmen bislang gestossen?

Wenn eine neue Massnahme beschlossen wird, melden sich jeweils viele Leute schriftlich bei uns – manche äussern sich zustimmend, andere kritisieren uns für den Entscheid. Dies gehört zu einer offenen und freien Gesellschaft dazu. Zudem ist es wichtig, die Massnahmen zu diskutieren. Schwierig wird es, wenn von unserer Seite kommunikative Pannen passieren oder die Kommunikation inkonsistent rüberkommt. Dies ist jedoch normal, wenn nur die Grundkommunikation zentral erfolgt und die «feinere» Kommunikation den lokalen Behörden überlassen wird. Diese werden zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, was sich wiederum in der Kommunikation niederschlagen wird. Als Resultat davon kann es der Bevölkerung schwerfallen, die kommunizierten Fakten, Zahlen und Massnahmen einzuordnen, da das Einschätzen der Quellen weniger gut möglich ist. Sprich, welchem Wissenschafter oder Virologen kann man nun eher trauen? Zumal diese Personen vor dem Ausbruch der Pandemie in der Öffentlichkeit nicht präsent waren. Nur so war es überhaupt möglich, dass die Maskentragepflicht zur Glaubensfrage mutieren konnte.

Dabei ist es gerade bei der Maskentragepflicht gefährlich, dass diese zu einer Glaubensfrage avanciert ist.

Es ist definitiv nicht förderlich. Entsprechend muss man sich fragen, ob die ursprüngliche Kommunikation diesbezüglich geglückt war. Zumal betont wurde, dass das Tragen einer Hygienemaske solidarisch sei und man dadurch seine Mitmenschen schützen könne. Wie so oft bei der Prävention stellen sich gewisse Menschen dabei die Frage nach dem eigenen Nutzen, wenn man sich schon einschränken muss. Bei der Maske kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Sie ist auffällig und ungewohnt. Es ist für uns sehr gewöhnungsbedürftig, dass die Mimik so nur sehr bedingt erkennbar ist. Ich habe Verständnis dafür, dass man sich daran gewöhnen muss. Ich muss jedoch auch sagen: Die Maskenpflicht wird grundsätzlich sehr gut eingehalten.

Was haben Sie aktuell für ein Bild der Bevölkerung und deren Bereitschaft, die beschlossenen Massnahmen mitzutragen? Die Solidarität ist ja schon nicht mehr dieselbe wie noch im Frühling, oder?

Eine grosse Herausforderung, der wir zu Beginn womöglich zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben, ist jene der Zeitdauer. Insbesondere die jüngere Generation ist es nicht mehr gewohnt, dass man Einschränkungen in Kauf nehmen muss, die sich über eine derart lange Zeitspanne hinziehen. Tatsächlich ist ja nach wie vor ungewiss, wie lange diese noch andauern werden. Wir als Gesellschaft sind gerade dabei, zu lernen, wie mit dieser Ungewissheit umzugehen ist. Dass dieser Prozess erfolgreich sein kann, haben in der Vergangenheit genügend Beispiele gezeigt. So regte sich einst vehementer Widerstand gegen neue Sicherheitssysteme im Auto. Heute sind diese selbstverständlich. Nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Behörden sind Teil dieses Prozesses und lernen ständig hinzu.

Zumal es keine adäquaten Referenzen gibt.

Wir hatten immer mal wieder epidemische Ereignisse in den vergangenen Jahren wie die Schweine- oder die Vogelgrippe. Doch bezüglich Geschwindigkeit und Ausmass hat die Coronapandemie ganz andere Dimensionen.

Wie läuft das Contact Tracing im Kanton Zug? Reichen die personellen Ressourcen aktuell aus?

Wir haben sowohl während der ersten Welle als auch in der Zwischenphase erfolgreich Contact Tracing betrieben. Als die Fallzahlen hochgeschnellt sind, haben wir Probleme gekriegt. Dies hatte auch zur Folge, dass die Lungenliga, unser Contact-Tracing-Partner, einen Rückzug machen und sich neu organisieren musste. Währenddessen haben wir das Contact Tracing mit einer Parforceleistung auf neue Beine gestellt. Mittlerweile sind wir wieder soweit, dass wir fast ausschliesslich aktuelle Fälle bearbeiten können. Zudem haben wir einige technische Hilfsmittel wie den Erstkontakt per SMS eingeführt. Innerhalb der nächsten Tage werden wir die Lungenliga wieder an Bord holen. Dann haben wir rund 20 Personen, die voll und ganz für das Contact Tracing im Einsatz stehen. So sind wir auch wieder gewappnet für allfällige Schwankungen, was die Fallzahlen anbelangt.

Rudolf Hauri hat «Respekt» vor der Après-Ski-Saison. Bild: ViewApart/Depositphotos

Rudolf Hauri hat «Respekt» vor der Après-Ski-Saison. Bild: ViewApart/Depositphotos

Sie stehen in engem Kontakt mit den Contact Tracern. Was bekommen Sie von denen zu hören? Sind sie am Anschlag?

Eine Zeit lang waren sie dies tatsächlich. Auch hier war und ist es ein ständiger Lernprozess. Beispielsweise, wie mit komplexeren Kontakten umzugehen ist, bei denen man hängen bleibt, weil es Diskussionen und Verständnisfragen gibt. Wir haben nun darauf geachtet, diese Fälle auszuklinken, um damit die Maschinerie am Laufen zu halten. Ein Feedback der Contact Tracer ist, dass der Anteil der Leute, welche mit Unverständnis reagieren, höher ist als während der ersten Welle.

Welche Schlüsse bezüglich Infektionsketten konnten Sie bislang aus dem Contact Tracing gewinnen? Wo und wie stecken sich die meisten Leute an?

Im Frühling und Sommer konnten wir sehr gut nachverfolgen, wer sich wo angesteckt hat. Im Sommer waren es viele Reiserückkehrer aus Ländern, die heute als Risikogebiete gelten, welche andere Personen angesteckt haben. Anschliessend hat die Zahl der Fälle in einem Ausmass zugenommen, dass eine Rückverfolgung nicht mehr in jedem Fall möglich war. Unter anderem waren es kleinere Veranstaltungen wie Jodelfeste oder private Feste, bei denen sich Leute angesteckt haben. Es gab auch Fälle bei Arbeitsstellen ausserhalb des Gesundheitswesens, häufig in administrativen Berufen, wo in Büros die Abstandsregeln nicht eingehalten wurden. Und: Es gab Einzelfälle, dass sich Leute vermutlich beim Einkaufen infiziert haben. Aktuell mit den hohen Fallzahlen zeigen sich keine klaren Muster mehr. Der Anteil von infizierten Kindern ist jedoch nach wie vor tief.

Wo sehen Sie aktuell die grösste Gefahr für Infektionsherde? Die Reisezeit ist aktuell etwas vorbei. Fürchten Sie sich bereits vor den Skiferien?

Es ist auf jeden Fall Respekt geboten vor den Skiferien. Das gesellige Zusammensein nach der Zeit auf der Skipiste wird problematisch werden. Es entstehen dadurch Situationen, die für die Ausbreitung des Coronavirus sehr günstig sind. Unter Umständen könnten deswegen unangenehme Massnahmen nötig werden. Dies würde eine kommunikative Herausforderung darstellen. Genauso, sollten wir einmal die zweite Welle gebrochen haben, zu erklären, dass es noch nicht vorbei ist. Wenn wir dann unser Verhalten nicht coronakonform weiterführen, riskieren wir eine dritte Welle. Historisch betrachtet, müsste es eine solche geben. Die Wintersportzeit klug anzugehen, liegt vor allem an der Bevölkerung.

Glauben Sie denn an die Eigenverantwortung der Menschen?

Einen Grossteil der Bevölkerung betreffend tue ich das. Die Frage ist, ob aufgrund der Minderheit, welche sich nicht an die Massnahmen hält, strengere Regeln eingeführt werden müssen. Wie relevant wird das Verhalten dieser Minderheit sein?

Sie haben Ende Oktober die Lage im Kanton Zug als «bedrohlich» eingestuft. Was hat den Ausschlag für diese Einschätzung gegeben?

Für diesen Entscheid wurden mehrere Faktoren berücksichtigt. Einerseits die Zahl der Neuinfektionen, aber auch die Geschwindigkeit der Entwicklung der Neuinfektionen. Ausserdem analysieren wir die Fälle selbst: Hat ein Grossteil der Fälle einen Zusammenhang und wir kennen den Ursprung, stören uns höhere Fallzahlen weniger. Wenn es hingegen mehrere, voneinander unabhängige Brandherde gibt, ist dies für uns bedrohlicher, weil uns dann die Kontrolle abgeht. Und wir schauen, was für Personen betroffen sind. Ist der Grossteil der Infizierten junge Leute, kann davon ausgegangen werden, dass diese für das Gesundheitssystem eine weniger grosse Belastung darstellen werden. Wenn sich das Verhältnis hingegen in Richtung ältere Personen ab 50 Jahren verschiebt, bedeutet dies eine grössere Bedrohung, da so die Wahrscheinlichkeit einer medizinischen Betreuung steigt. Drohen wir auch noch die Kontrolle beim Contact Tracing zu verlieren, wird die Lage bedrohlich. Die «bedrohliche Lage» bedeutet jedoch erst, dass die Gefahr eines Kontrollverlusts besteht, nicht dass er schon Tatsache wäre.

Wie hilfreich sind die Antigenschnelltests, welche seit Anfang November in der Andreasklinik und im Zuger Kantonsspital zum Einsatz kommen?

Auch die Antigentests waren eine kommunikative Herausforderung. Denn grundsätzlich ist es einzig das Analyseverfahren, welches weniger Zeit in Anspruch nimmt im Vergleich zu den PCR-Tests. Die Antigentests bringen bei richtiger Anwendung eine gewisse Entspannung bezüglich PCR-Tests. Sprich, bei Personen, die entsprechende Symptome aufweisen. Fällt der Schnelltest positiv aus, hat man den Beleg, dass die Person an Covid-19 erkrankt ist. Sind die Symptome hingegen schwach oder der Symptomanfang liegt mehr als vier Tage zurück, ist beim Schnelltest die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass das Resultat negativ sein wird, obwohl man das Virus bereits in sich trägt. Zusammengefasst sind die Antigentests eine gute Ergänzung, lösen die PCR-Tests jedoch nicht ab.

Eine Diskussion, die in den letzten Wochen aufgeflammt ist, ist jene bezüglich Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen. Einerseits wird der Bund dafür kritisiert, zu spät gehandelt zu haben, andererseits beklagen sich die Leute über den kantonalen Flickenteppich. Wie ist Ihre Haltung dazu?

Grundsätzlich liegt das Gesundheitswesen in der Kompetenz der Kantone. Sprich, die aktuelle Situation entspricht dem verfassungsmässigen Zustand. So werden auch kantonale Unterschiede in Kauf genommen – ob man dies nun Flickenteppich oder differenzierte Strategie nennen möchte. In einer Situation wie der aktuellen stellt sich die Frage nach dem grössten gemeinsamen Nenner, sprich, was überall gleich sein sollte. Plakativ ausgedrückt: Es wäre ja irrsinnig, wenn man mit dem Zug von St. Gallen nach Genf fährt und dabei ständig die Maske an- und ausziehen müsste. Es gab effektiv Zeiten, als es hinsichtlich Fallzahlen grosse kantonale Unterschiede gab. Da ist die Frage erlaubt, ob überall gleich rigorose Massnahmen notwendig sind. Kantonale Unterschiede, was die Massnahmen anbelangt, sind sowohl von unserer politischen Struktur in Kauf zu nehmen als auch epidemiologisch verantwortbar. Während der ersten Welle wurden die Spitäler zu einem grossen Teil geräumt, der Bund untersagte Wahleingriffe. Als Resultat davon waren viele Spitäler fast leer. Da kann man sich effektiv fragen, ob dies sinnvoll war. Nun versucht man, die Spitäler flexibel an die Situation anzupassen.

Was erwarten Sie in den kommenden Wochen und Monaten für eine Kurve bezüglich Fallzahlen?

Ich erwarte in den nächsten Wochen eine baldige Stabilisierung der Situation. Der Anstieg der Fallzahlen sollte abgebremst werden. Anschliessend sollte es ein Plateau geben, bei dem schwierig zu sagen ist, wie lange dieses anhalten wird. Ich erwarte zudem noch dieses Jahr eine deutliche Abflachung der Kurve, jedoch einen Wiederanstieg im Frühling.

Wie haben Sie Ihre persönliche Rolle seit dem Ausbruch der Coronapandemie erlebt? Sehen Sie die gesteigerte Aufmerksamkeit an Ihrer Person auch als Bestätigung Ihrer Arbeit oder könnten Sie gut darauf verzichten?

Vom Naturell her sagt es mir eher zu, im Hintergrund zu arbeiten. Ich habe aber nun mal das VKS-Präsidentschaftsamt während dieser Zeit inne. Das Sichtbarsein und die öffentlichen Auftritte gehören dabei dazu. Dies ist auch richtig und ich erfahre Wertschätzung für meine Rolle –natürlich gehören auch kritische Stimmen dazu.

In der «Schweizer Illustrierten» werden wir Sie also nie antreffen?

Jedenfalls nicht freiwillig (lacht).

Kommen wir noch kurz weg von der Coronapandemie. Was fällt in Ihr Zuständigkeitsgebiet als Kantonsarzt, was nichts damit zu tun hat?

Eine wichtige Funktion ist effektiv die Epidemiologie. Es gibt neben Corona noch 70 weitere relevante übertragbare Krankheiten, die meldepflichtig sind – zum Beispiel Tuberkulose oder Chlamydien. Abgesehen davon gehört die Aufsicht der Gesundheitsberufe genauso dazu, wie die Beurteilung von Hospitalisationen, da der Kanton bei Spitalaufenthalten einen Teil der Kosten übernimmt und es Regeln dafür gibt, wann er zahlen muss und wann nicht. Eine Spezialität des Kantons Zug ist, dass auch die Forensik dazugehört, die amtliche Leicheninspektion machen ich und meine MitarbeiterInnen. Ausserdem sind die Suchtberatung und -hilfe in meinem Amt angesiedelt und ich habe eine Abteilung Kind- und Jugendgesundheit mit Präventionsaufgaben, insbesondere im Schulbereich. Und: Wir haben Projekte wie aktuell zur Suizidprävention, auch beraten wir die politischen Behörden in gesundheitspolitischen Fragen. Zu guter Letzt sind wir für das Heilmittelwesen zuständig. Die Kontrolle des Heilmittelvertriebs liegt in unserer Verantwortung.

Stichwort Heilmittel. Wie viel Energie hat neben der Coronapandemie zusätzlich die Geschichte rund um den mittlerweile beurlaubten Heilmittelinspektor Ludek Cap gekostet?

Personalgeschäfte, die nicht rund laufen, sind immer eine Belastung. Jedoch sind Personalentscheide Teil meines Amtes.

Ist die Angelegenheit für Sie abgehakt, da die Zuger Staatsanwaltschaft von einer Strafuntersuchung abgesehen hat?

Dies werden wir sehen. Es besteht natürlich die Möglichkeit rechtsstaatlicher oder personalrechtlicher Verfahren. Solche Verfahren könnten sich unter Umständen über Jahre hinziehen.

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