Digitalisierung macht produktiver

Geht es um die digitale Kommunikation am Arbeitsplatz, so zeigen sich Berufstätige aus Nordrhein-Westfalen fortschrittlich: Zwar geben rund zwei Drittel (66 Prozent) an, das persönliche Gespräch sei für sie produktiver als der digitale Austausch. Allerdings bevorzugen heute auch schon mehr als ein Drittel (34 Prozent) die digitale Kommunikation und halten diese für nützlicher. Das ergab eine repräsentative Kantar-EMNID-Bevölkerungsumfrage unter 1.002 Berufstätigen. Auch die Schweizer nutzen den digitalen Arbeitsplatz gerne (74 Prozent), wie die Studie „Switzerland’s Digital DNA“ zeigt.

Fast 30 Prozent der deutschen Studienteilnehmer empfinden den Austausch über moderne, innovative Kommunikations-Tools als nützlich. Zudem zeigt sich, dass in Regionen mit einer Einwohnerzahl ab 500.000 dem digitalen Austausch eher der Vorzug gegeben wird als in kleineren Regionen. Immerhin fast ein Viertel (23 Prozent) der Befragten aus Wohnorten mit mehr als einer halben Million Einwohnern hält die digitale Kommunikation für produktiver als das persönliche Gespräch.

„Die Ergebnisse zeigen: Auch zukünftig braucht es das persönliche Gespräch, um effektiv und effizient im Arbeitsalltag zusammenzuarbeiten. Doch bewerten Beschäftigte aus Nordrhein-Westfalen den Nutzen des digitalen Austausches schon deutlich höher als ihre Kollegen aus anderen Bundesländern. Für in NRW ansässige Unternehmen heisst das: Die digitale Kommunikation wird nicht nur von ihren Mitarbeitern gewünscht, sie wird auch zum unverzichtbaren Erfolgsfaktor“, so Lutz Hirsch, geschäftsführender Gesellschafter von HIRSCHTEC, die die Studie bei EMNID in Auftrag gaben.

Das können die Schweizer nur bestätigen: Dank einer internetbegeisterten Bevölkerung besitzt die Schweiz beste Chancen, sich als digitales Innovationslabor zu etablieren, wie die Strategieberatung Oliver Wyman im Rahmen der Studie „Switzerland’s Digital DNA“ herausfand. Das bringt die Schweizer aber nicht nur im Arbeitsalltag voran, sondern kann auch den ansässigen Unternehmen zugutekommen. Noch allerdings hemmen Sicherheitsbedenken seitens der Endkunden diese Entwicklung. Technologiefirmen und Online-Händlern begegnet die grösste Skepsis. Industrieübergreifende Zusammenarbeit und verbesserte Regeln für den Umgang mit persönlichen Daten sowie die klare Positionierung des Mehrwerts für den Kunden könnten das Vertrauen stärken und das Wachstum des Digital-Standorts Schweiz weiter beschleunigen.

Trotz der grossen Skepsis können knapp zwei Drittel der befragten Schweizer nach eigener Aussage nicht länger als einen Tag ohne Online-Zugang auskommen. Auch im Privatleben zeigen sie eine rege Internetaktivität: Drei Viertel surfen täglich über zwei Stunden ausserhalb der Arbeit. „Unternehmen könnten die hohe Internetaffinität der Schweizer noch stärker nutzen, um neue Produkte und Dienstleistungen zu lancieren“, sagt Studienautor Nordal Cavadini. „Das Land könnte so zum digitalen Innovationslabor in Europa werden“, ergänzt Studienautor Martin Gahr. Das potenzielle Hemmnis des Datenschutzes sei laut den Autoren durch besseren Schutz aus der Welt zu schaffen. Bereits ein Fünftel der Befragten ist Opfer von Internetkriminalität geworden. 77 Prozent befürchten eine wachsende Internetkriminalität und 68 Prozent rufen diesbezüglich nach mehr Regulierung: Wirtschaft und Politik seien aufgefordert, bestehende Sicherheitsbedenken abzubauen.

Grundsätzlich sind die Schweizer der digitalen Technik gegenüber sehr aufgeschlossen: Weit über die konstatieren einen positiven Einfluss auf ihr Leben. Der Grossteil sieht die Vereinfachung der Arbeit und die Hälfte glaubt, dass dadurch auch neue Jobs entstehen. Eine Förderung von Bildung erhoffen sich 66 Prozent. Eine Verbesserung der Gesundheit durch die Digitalisierung ist für die Hälfte der Schweizer ein weiterer positiver Effekt.

Derzeit wird das Internet aber noch überwiegend zur Information und zum Austausch genutzt. Die persönliche Kommunikation hat mit 79 Prozent den höchsten Stellenwert.

Für die Unternehmen gehe es nun darum, von den guten Voraussetzungen zu profitieren und mit digitalen Geschäftsmodellen Mehrwert für ihre Kunden und Mitarbeiter zu erzeugen. Aber es besteht Nachholbedarf beim digitalen Angebot, insbesondere ausserhalb der klassischen Online-Plattformen. Die Oliver-Wyman-Experten erwarten neue Allianzen – auch zwischen heutigen Wettbewerbern: „Unkonventionelle Partnerschaften werden im digitalen Zeitalter häufiger das Licht sehen“, sagt Cavadini. Auch der öffentliche Sektor rückt für Kooperationen ins Blickfeld, etwa Krankenhäuser, Krankenkassen oder Hochschulen, die gemäss der Umfrage besonders hohes Vertrauen der Bevölkerung im Umgang mit persönlichen Daten geniessen. „Es wäre nicht erstaunlich wenn Unternehmen aus der Industrie oder dem Dienstleistungssektor mit solchen Einrichtungen kooperieren“, sagt Cavadini.

Fast drei Viertel der Befragten geben aktuell nur ungern persönliche Daten weiter. Zudem machen sich 63 Prozent Sorgen darüber, wie Unternehmen diese verschlüsseln und speichern. Starke Unterschiede offenbaren sich bei der Frage, wem die Schweizer persönliche Informationen anvertrauen. Technologiefirmen und Online-Händler schneiden am schlechtesten ab: Nur 26 Prozent der Befragten gaben an, Vertrauen bei der Datenweitergabe an Technologiefirmen zu haben, bei Online-Händlern sind es 27 Prozent. Zum Vergleich: Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen kommen auf 64 Prozent, Banken auf 62 Prozent und auch Universitäten, Hochschulen sowie Forschungsinstitute liegen mit 55 Prozent weit vorne. Nur gemeinsam könne man für mehr Glaubwürdigkeit sorgen, sagt Joris D’Incà, Schweiz-Chef von Oliver Wyman: „Kantone, Städte und Unternehmen sind dabei in der Pflicht, für klare Datenschutz-Richtlinien zu sorgen. Wenn sie beim Thema Vertrauensdefizit nicht handeln, könnte das zukünftiges Wachstum gefährden.“

Insgesamt sind sich die Schweizer beim Umgang mit persönlichen Daten der Risiken bewusst. Beispiel Geo Tagging: 92 Prozent der Befragten sind sich sicher, dass Smartphones Aufenthaltsorte speichern und wiedergeben können. 79 Prozent äussern die Ansicht, dass die Regierung relativ leicht den Internetverlauf nachverfolgen und die meisten persönlichen Informationen sowie Gesundheits- und Finanzdaten abfragen könne. „Die Schweizer nehmen es in Kauf, dass persönliche Daten gesammelt werden“, sagt Cavadini. „Sie begrüssen es, dafür bessere Preise oder personalisierte Dienstleistungen zu bekommen.“ 78 Prozent assoziieren Digitalisierung mit günstigeren Endpreisen. Daraus folgert Cavadini: „New Economy kann auch ein Ausweg aus der Hochpreisinsel sein.“

 

Über die Studie

Für die Studie „Switzerland’s Digital DNA“ befragte Oliver Wyman im Februar 2017 über 2.100 Schweizer (Internetnutzer und Offliner) in den beiden grossen Landessprachen Deutsch und Französisch hinsichtlich ihrer Einstellung zum Thema Digitalisierung. Befragt wurden sie unter anderem zu den Themen Internetznutzung, Hoffnungen und Ängste, Vertrauen sowie zukünftige Veränderungen.

 

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