Alltag

Wie das gefürchtete Ausmisten gelingt

0
Die Aufräumerin vermittelt praktische Strategien, um den eigenen Wohnraum in besserer Ordnung zu behalten. Bild: zVg

Ob man es zähneknirschend oder mit Freuden tut – ab und zu aufräumen müssen wir alle. Je nach Persönlichkeit, Sammlerinstinkt und Ordnungsbedürfnis fallen dabei unterschiedliche Herausforderungen an. Mit der Unterstützung einer Ordnungscoachin wird aber jedes Hab und Gut erfolgreich ausgemistet und neugeordnet.

Aufräumen, Ausmisten und Ordnung schaffen ist in – davon zeugen aktuelle Trends in den sozialen Medien, wo Nutzer unter dem Hashtag Organisation unzählige Kühlschränke, Schubladen, Schränke, Küchen, Zimmer und ganze Wohnungen aufräumen und ihre Gegenstände übersichtlich und praktisch verstauen. Das Aufräumen hat sogar Persönlichkeiten wie Marie Kondo, die ihren Guide zum Ausmisten und Aufräumen «Spark Joy» vor 13 Jahren veröffentlichte, zu grosser Popularität verholfen. Mit ihrem Motto, dass alles, was man besitzt, Glück ausstrahlen sollte, hat sie unzählige Menschen zum Ausmisten inspiriert und ihre Aufräummethoden sogar in ihrer eigenen Netflixserie, in der sie einfachen Leuten beim Ausmisten hilft, vorgezeigt.

Marie Kondo vor Schublade mit Kleidung

Die Japanerin Marie Kondo hilft ihren Klienten, beim Ausmisten nur das zu behalten, was wirklich Freude bringt. Bild: Facebook Marie Kondo

Es stellt sich die Frage, weswegen das Thema Aufräumen so viele Menschen bewegt und begeistert. Möglicherweise ist der Aufräumhype eine Konsequenz des westlichen Überkonsums, der die Konsumentinnen zu ständigem Kaufen, Aufbewahren und Wegwerfen drängt. Auch die aktuell unsichere geopolitische Lage und der moderne schnelllebige Lebensstil können zum Wunsch beitragen, den eigenen Lebensraum zu kontrollieren und sich so eine Illusion von Kontrolle im Leben allgemein zu verschaffen. Auch ist das Aufräumen ein nerviges Ämtchen, das alle betrifft und somit verbindet, wie es geteiltes Leid bekanntlich oft tut. Aus welchem Grund auch immer – der Aufräumtrend bewegt Millionen.

Ein individueller Ansatz

Während manche Menschen mühelos auf diesen Ordnungszug aufgesprungen sind und bereits unzählige Lifehacks aus dem Internet in ihrem Leben implementiert haben, fällt das Aufräumen anderen äusserst schwer. Je nach Lebensstil, Persönlichkeit, Hobbys und Wohnsituation wirken unterschiedliche Faktoren ein, die das Aufräumen an sich oder ein ordentliches und unkompliziertes Wohnen erschweren können. Ein Paar helfende Hände kann da einen grossen Unterschied machen; sei es dabei, konsequent überflüssige Gegenstände auszusortieren oder langfristig bleibende Ordnungssysteme einzuführen. Auch motiviert etwas Aufräumgesellschaft, nicht bereits nach einer halben Stunde das Putztuch zu werfen.

Solche Unterstützung beim Aufräumen und Organisieren bieten Spezialistinnen wie Madeleine Friedrich. Als Aufräumprofi versteht sie es, Objekte übersichtlich und praktisch zu verstauen. Auch hilft sie bei besonderen Situationen, wie wenn zwei Haushalte möglichst mühelos zusammenziehen möchten, eine Wohngemeinschaft mehr Ordnung in gemeinsam geteilte Räume bringen möchte oder man schlicht ohne unnötigen Aufwand regelmässig den Wohnraum aufräumen und putzen können will.

Dank Coaching endlich Ordnung

Als Allrounderin und kreativer Kopf kann Madeleine Friedrich schnell Lösungen zu immanenten Schwierigkeiten finden und helfen, langfristige und unkomplizierte Alltagsgewohnheiten in Bezug auf Ordentlichkeit zu etablieren. «Der häufigste Fehler, den ich bei meinen Klienten bemerke, ist, dass sie ihren Besitz unlogisch verstauen, sodass man lange Wege von einem Schrank zum anderen unternehmen muss, um sich zum Beispiel nur schon einen Kaffee zu machen», sagt Friedrich. Viel einfacher gestaltet sich das Wohnen, wenn zu einzelnen Lebensbereichen gehörende Gegenstände möglichst kompakt und logisch verstaut sind, sodass diejenigen Sachen, die oft gemeinsam verwendet werden, am gleichen Ort zu finden sind.

Porträt Madeleine Friedrich Ordnungscoachin

Als Ordnungscoachin empfiehlt Madeleine Friedrich, die eigenen Sachen möglichst logisch und unkompliziert zu verstauen. Bild: zVg

Auch bemerkt die Aufräumerin, dass viele Menschen, wenn sie aufzuräumen versuchen, die Gegenstände, die im Weg stehen, einfach von einer Ecke des Zimmers in eine andere legen. «Oftmals stehen uns Dinge im Weg, die wir schon längst richtig versorgen, endlich verkaufen, verschenken oder sonst irgendwie loswerden wollten.» Je weniger lange man dies vor sich herschiebt, desto schneller kann man sich wieder an einem aufgeräumten Umfeld erfreuen.

Von Unzufriedenheit zum Überfluss

Madeleine Friedrich sieht Ordentlichkeit auch als eine Lebensphilosophie, welche das Leben positiv verändern kann. Dies vermittelt sie auch in ihrem Coachingprogramm LeichterLeben. «Ich lege meinen Klientinnen stets einen bewussteren Konsum ans Herz», sagt die Aufräumexpertin. Mit Minimalismus habe das jedoch wenig zu tun: «Es geht mir nicht darum, möglichst wenige Sachen zu besitzen, sondern nicht dem Überkonsum zu verfallen und vielmehr bewusst die Dinge um sich zu haben, welche man mag und auch wirklich benutzt.» Bei ihrer Arbeit erkennt Friedrich, wie akut das gesellschaftliche Problem des Überkonsums ist. «Viele erhoffen sich durch eine Neuanschaffung eine durch die Werbung versprochene Verbesserung ihres Lebens, und damit ein anhaltend gutes Gefühl», so die Aufräumerin. «Leider hält dieses befriedigende Glücksgefühl nur kurze Zeit an.» Meistens besitzt man bereits alles Nötige für einen funktionierenden Haushalt. Eine weitere Anschaffung erschwert das Leben unnötig und macht es unübersichtlicher.

«Was vielen nicht bewusst ist, ist die Tatsache, dass jeder Kauf einen figurativen Rattenschwanz nach sich zieht», so Friedrich. Damit meint die Coachin, dass jeder neu erworbene Gegenstand zusätzliche versteckte Aufgaben mit sich bringt: Er beansprucht Platz, muss versorgt und gepflegt werden und benötigt allenfalls Ersatzteile oder ein spezielles Waschmittel. «Käufe am Weihnachtsmarkt sind ein typisches Beispiel für unnötige Errungenschaften, denn hier funkeln und glänzen zahlreiche Gegenstände, die zwar verlockend sind, auf die aber leicht verzichtet werden kann.» Auch halten Objekte wie scheinbar praktische und zeitsparende Kochgeräte selten, was sie versprechen. Oft kann mit Messer und Schneidbrett schneller erledigt werden, was eine neue, geschickt angepriesene Hackmaschine verspricht. Die Anschaffung, das Hervornehmen, Zusammenschrauben sowie das oft komplizierte Putzen des Geräts kann man sich dabei locker sparen.

Loslassen und freiräumen

Einen grossen Teil des Aufräumens stellt aufgrund des Überkonsums das Ausmisten dar. Dies fällt vielen schwer, weil sie Gegenstände mit Erinnerungen verbinden. Im Coaching können die Klienten lernen, dass die Erinnerungen und Emotionen nicht verloren gehen, wenn das Objekt nicht mehr da ist. Oft reichen bereits einige kleine Souvenirs, um denselben Erinnerungswert zu bewahren. «Wenn man in den Flow des Loslassens kommt, fällt das Aussortieren leicht und es fallen immer mehr Dinge auf, von denen man sich verabschieden möchte», erklärt Friedrich. Dann macht Aufräumen auch richtig Spass und es entsteht Platz für Neues – und zwar nicht nur im materiellen Sinne.

Ausmisten ist in vielerlei Hinsicht Kopfsache und lässt sich ein Stück weit auch auf die mentale Ebene übertragen. Beim Aussortieren wird man sich seiner Prioritäten im Leben wieder bewusster, lässt Altes los und lädt frische Energie in sein Leben ein. Dabei stellen sich auch Fragen wie: Was ist mir wirklich wichtig? Nutze ich meine Zeit sinnvoll? Mit wem verbringe ich meine Zeit und bereichern diese Beziehungen mein Leben? Auf diese Weise kann ein gründliches Ausmisten – am besten mit einem Frühlingsputz kombiniert – einen Neuanfang im Leben bedeuten und ideal auf die wärmere Jahreszeit einstimmen.

0

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

218 posts

About author
Wenn ich nicht gerade an einem Artikel für FonTimes schreibe, kann man mich beim Lesen, Zeichnen und natürlich beim Yoga erwischen. Als gelernte Übersetzerin begeistere ich mich für Sprachen und bin immer für eine Tasse Tee zu haben.
Articles
Related posts
Alltag

Wie mit Tinder zur neuen Wohnung

Wer sich auf der Suche nach einem neuen Zuhause befindet, stösst dabei häufig auf ein Problem: Der Markt scheint ausgetrocknet. Entsprechend risikobehaftet…
Alltag

In der Zuger Altstadt werden Verliebte besungen

Bald ist Zeit für «Chrööpfelimee», einen der beliebtesten Zuger Bräuche. Am Alt Fasnachtssonntag werden kostümierte Musizierende in der Zuger Altstadt unterwegs sein….
Alltag

Altersarmut ist oft die Fortsetzung von Armut in früheren Lebensjahren

Laut Pro Senectute Schweiz leben in der Schweiz mehr als 300’000 Personen über 65 Jahren unter oder an der Armutsgrenze. 12,3 Prozent der…