Alltag

Das richtige Money Mindset für im Alter

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Als Vorsorge Steffi unterstützt Stephanie Köllinger (31) Frauen beim Thema Altersvorsorge und Finanzen. Bild: Philip Frowein

Vom Instagramkanal zum eigenen Start-up. Die Luzernerin Stephanie Köllinger hat mit ihrer Plattform Vorsorge Steffi einen Nerv getroffen. Auf verschiedenen Wegen informiert sie Frauen über Altersvorsorge, Finanzen und das richtige Money Mindset.

Mit dem Slogan «Früher an später denken» warb ein Versicherungsunternehmen bezüglich der Altersvorsorge so eingängig, dass es heute fast im allgemeinen Sprachgebrauch angekommen ist. Die Altersvorsorge beginnt für viele bereits mit dem allerersten Arbeitstag. In den Fokus rückt das Thema jedoch bei den allermeisten erst viel später. Das Wissen allein um das Schweizer 3-Säulen-System reicht zwar nicht aus, denn letztendlich liegt es am eigenen Einkommen, um im Alter ausreichend versorgt zu sein, es kann aber eine grosse Hilfe sein.

Im Jahr 2022 erreichte die Gruppe der RentnerInnen mit Wohnsitz in der Schweiz einen neuen Höchststand: Über 1,7 Millionen Menschen bezogen eine Altersrente. Und rund 200’000 Personen stossen jedes Jahr neu zur AHV-Altersrente dazu. Zentral ist allerdings nicht die Gesamtzahl der RentenbezieherInnen, sondern die finanzielle Sicherheit im Alter. Gemäss Pro Senectute Schweiz leben derzeit 200’000 Seniorinnen und Senioren unterhalb der Armutsgrenze – und weitere 100’000 nur knapp darüber. Die Gründe, warum das Geld im Alter nicht ausreicht, sind zahlreich und zum Teil fest in der Gesellschaft verankert.

Vom viralen Post zur Selbstständigkeit

Als ehemalige Mitarbeiterin von Pro Senectute Zug hat sich auch Stephanie Köllinger intensiv mit der Altersarmut auseinandergesetzt. Um auf das Thema aufmerksam zu machen und die Menschen zugleich zu informieren, startete sie im Januar 2023 einen eigenen Instagramkanal, der sich spezifisch an Frauen richtet. Als Vorsorge Steffi erklärt sie dort Gründe für die Altersarmut, gibt Finanztipps und konkrete Fallbeispiele. Die positive Resonanz sorgte nicht nur für virale Posts, sondern führte auch dazu, dass Köllinger schon im August den Schritt vom Teilzeitprojekt zum Vollzeit-Start-up mit Sitz in Zug vollzog.

Stephanie Köllinger im Beratungsgespräch.

Im Erstgespräch bei Vorsorge Steffi können schon viele Probleme angegangen werden. Bild: Philip Frowein

«Ich habe mich lange nicht gefragt, wie ich selbst mit der Altersvorsorge dastehe. Es ist normalerweise kein Thema, was man in meinem Alter wirklich angeht», erzählt die 31-Jährige. Auf der Website des Start-ups finden sich heute bereits Onlinekurse, Workshops und die klassische Beratung im Programm. «Ich bekomme fast täglich neue Anfragen, habe jeden Tag ein Erstgespräch», sagt Köllinger, die selbst von der hohen Nachfrage überrascht wurde. Inzwischen wird sie auch für Vorträge von Gemeinden, Altersheimen und Unternehmen gebucht. Auch beim Evangelischen Frauenbund Zürich stand die gebürtige Luzernerin bereits auf der Bühne – überall dort, wo der Frauenanteil besonders hoch ist, sind ihre Dienste umso gefragter.

So ist Vorsorge Steffi im ganztägigen Workshop «Frauenpower in Vorsorge und Finanzen» mit bis zu 12 Frauen unter sich. «Ich merke in den Gesprächen, dass es wenig Vertrauen gegenüber Banken und Versicherungen gibt, weil sie das Gefühl haben, dass ihnen ein Produkt verkauft werden soll. Bei mir gibt es dagegen nur Informationen und keine Finanzprodukte», erklärt Köllinger. Für dieses Jahr sind bereits alle Workshoptermine ausgebucht.

Rich Bitch Omas

Auf ihrem Kanal geht es hingegen nicht nur um die reinen Informationen, sondern auch um die Präsentation. «Man kann ein sehr gutes Angebot haben, aber wenn man keine Ahnung von Marketing und Sales hat, dann kommt man heutzutage nicht sehr weit», erzählt Vorsorge Steffi – ein durchaus cleverer Spitzname, dem bereits ein klares Attribut zugeordnet ist. Zur Selbstpräsentation gesellen sich das ein oder andere Meme sowie humorvolle Zuspitzungen wie eine Kurzanleitung für den Weg zur «Rich Bitch Oma» – also zur selbstständigen Seniorin mit dem nötigen Kleingeld.

Werbeplakat für die zukünftige Rich Bitch Oma.

«Die Rich Bitch Oma ist finanziell frei und smart und kann tun und lassen, was sie will, denn sie hat genug Cash in the Täsch.» Bild: Philip Frowein

Instagram dient dabei als Hauptkanal der Digital Creatorin, noch vor der eigenen Website und LinkedIn. Auf TikTok ist Vorsorge Steffi noch nicht zu finden, dafür bietet sie seit Kurzem auch einen Newsletter an. «Ich möchte in jedem Newsletter die Geschichte einer Kundin oder von meinen eigenen Erfahrungen erzählen», so Köllinger. Dabei sollen auch positive Beispiele eine Rolle spielen. Gerade die persönlichen Erfahrungen und Schicksale kommen gut in den sozialen Medien an. So erzählt sie in einem Video auf Instagram etwa ganz konkret von einer Frau, die durch den Tod des Ehepartners in der Altersarmut gelandet ist. «Man muss sich auch etwas darunter vorstellen können, der Begriff Altersarmut allein reicht nicht», bekräftigt Köllinger.

Geld als Kopfsache

Zur Vorsorge gehören bei Steffi nicht nur die klassischen Säulen der Rente, sondern auch Themen wie Aktien und ganz wichtig: die Einstellung zu Geld selbst. «Money Mindset ist das erste Thema, das wir uns im Workshop angucken», sagt die Gründerin. «Mit einem positiven Money Mindset ist die Chance auf Erfolg viel grösser. Man darf keine Angst haben vor Geld oder es nur mit Frustration verbinden», so Köllinger weiter. Gerade beim Umgang mit Geld würde man viel aus dem Elternhaus mitnehmen. Auch beim Thema Aktien gibt es bei Frauen tendenziell grössere Hemmungen.

Vorsorge Steffi Instagram Plakat

Über Geld redet man nicht? Doch, findet Köllinger und ihre rund 5‘500 FollowerInnen. Bild: Philip Frowein

Nun sind traditionelle Rollenbilder, niedrigere Löhne, Kinder und Care-Arbeit und die daraus resultierenden Teilzeitanstellungen politische Hürden, die Frauen bei einer guten Altersvorsorge im Weg stehen. Lassen sich solche Systemfragen und eine bessere Vorsorge im Frauen-Workshop verbinden? «Wir arbeiten mit der Ist-Situation», erklärt Köllinger und verweist zugleich auf wichtige Themen wie die Heiratsstrafe, mangelnde Betreuungsangebote und den Mutterschaftsurlaub, bei dem die Schweiz zu den Schlusslichtern in Europa gehört. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen im Zentrum. «Ein bisschen politisch ist es also schon im Workshop», ergänzt sie.

«So früh wie möglich starten»

Im zweiten Jahr möchte Köllinger Vorsorge Steffi nicht nur ausbauen, sondern ab Februar 2024 mit dem Infoanlass «Absicherung im Konkubinat» auch für Männer öffnen. Bevor im Herbst dann auch ein Programm für Schulen in das Angebot des Start-ups aufgenommen werden soll. «Ich habe bereits eine virtuelle Assistentin, die sich um die Website und den Newsletter kümmert. Aber ich denke, dass 2024 auch die erste Angestellte dazukommt», so Köllinger über ihre Pläne. Aufgrund der grossen Nachfrage musste sie bereits eine Gebühr für das vormals kostenlose Erstberatungsgespräch einführen. Zudem steht auch noch ihre Abschlussprüfung zur Finanzberaterin im Sommer an.

Der grundlegende Tipp der Gründerin für alle, die sich mit der eigenen Vorsorge beschäftigen, lautet dabei ganz einfach: «So früh wie möglich starten.» Denn je früher man startet, desto weniger muss man jeden Monat zur Seite legen. «Und wenn man schon 40 oder 50 ist, dann sollte man trotzdem noch starten», so Köllinger weiter. Damit am Ende nicht nur die Finanzcoachin selbst es zur «Rich Bitch Oma» schafft, sondern so viele Menschen wie möglich.

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Als Redaktor schreibe ich Artikel für unsere Zeitungen und unsere Website, durchforste die sozialen Medien und fahre durch die Region, immer auf der Suche nach der nächsten Geschichte. Ausserhalb des Büros findet man mich meistens im Kino oder neben der Südkurve.
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