Nachhaltig

Luzerner Unternehmen erzeugt einen Impact

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Gegründet wurde das Unternehmen 2019 von Sven Erni (links) und Jeffrey Ibañez. Bild: zVg

Bei Impact Acoustic werden täglich Einwegmaterialien in Produkte für die Raumakustik verwandelt. Das Thema Nachhaltigkeit ist dem Luzerner Unternehmen dabei ein besonderes Anliegen. Möglichst transparent und inspirierend soll die Arbeit durchgeführt werden – damit der Impact nicht nur im Firmennamen steht, sondern auch in der Welt zu spüren ist.

Eine Milliarde Plastikflaschen werden täglich produziert – eine kaum vorstellbare Zahl, welche sich auf die Umwelt ebenso schädlich auswirkt. Denn obwohl die Flaschen recycelt werden können, verbraucht der Recyclingprozess viel Energie; eine PET-Flasche Wasser benötigt ungefähr die 2000-fache Menge an Energie im Vergleich zum herkömmlichen Leitungswasser. Hinzu kommt, dass Recycling nicht immer ein Synonym für Nachhaltigkeit ist. Dieser Problematik ist sich das 2019 von Sven Erni und Jeffrey Ibañez gegründete Unternehmen Impact Acoustic nur allzu bewusst. Hauptsächlich für die Akustik- und Designindustrie werden in Luzern täglich Akustikprodukte aus recycelten PET-Flaschen und Abfallprodukten aus der Baumwollproduktion hergestellt

Der Name Impact Acoustic wurde hierbei ganz bewusst gewählt und steht symbolisch für die Philosophie des Unternehmens. «We make an impact» lautet das Firmenmotto, welches sich in allen Aspekten seiner Tätigkeiten widerspiegelt. Der Impact soll hierbei nicht nur intern stattfinden, sondern ebenso in der Aussenwelt spürbar sein: «Wir wollen zeigen, dass Nachhaltigkeit und schönes Design kein Widerspruch ist, sondern Hand in Hand geht. Den grössten Impact können wir erzielen, indem wir mit unseren Produkten überzeugen und mit gutem Beispiel vorangehen», meint dazu Nando Schoch, Marketingleiter des Unternehmens.

Im Zeichen der Umwelt

Die Philosophie der Nachhaltigkeit wird beim Unternehmen in möglichst vielen Aspekten konsequent verfolgt. «Einerseits sind bei uns PET-Flaschen in allen Büros strikt verboten, auf der anderen Seite gibt es bei uns auch keine Events, bei denen Einweggeschirr oder Einwegplastik verwendet wird», erläutert Schoch die interne Umsetzung. Ebenso ernst genommen wird das Problem der PET-Produktion gegen aussen, wobei dafür der eine oder andere Kundenverlust in Kauf genommen wird. So wurde 2021 die Entscheidung getroffen, die fünf weltweit grössten PET-Produzenten nicht mehr zu beliefern, darunter Coca-Cola und Nestlé. Es soll als Statement dafür gelten, dass die Produktion von Plastik konsequent nicht unterstützt wird.

Büro von Impact Acoustic mit Trennwänden

Im Luzerner Büro lassen sich verschiedene Produkte des Unternehmens entdecken: Trennwände, Deckenpanels und Beleuchtungen. Bild: zVg

In der Produktion widerspiegelt sich die Philosophie ebenso sehr. Die Platten, aus denen am Ende die Produkte des Unternehmens hergestellt werden, werden in China und Italien produziert und anschliessend an die verschiedenen Produktionsstandorte des Unternehmens in Luzern, auf den Philippinen und in naher Zukunft voraussichtlich Italien geliefert. «Ein Werk, das in puncto Kreislaufwirtschaft neue Massstäbe setzt, Regenwasser wiederverwertet und nur aus erneuerbaren Ressourcen Energie speist», wie Erni betont.

Der Kreislauf der Produktion

Verarbeitet wird das Material aus recycelten PET-Flaschen mittlerweile zu fast 100 verschiedenen Produkten, bei denen Schallabsorption und Ästhetik im Fokus stehen. Darunter massgeschneiderte Wände, Deckenpanels und Raumtrenner für Büros, aber auch Produkte wie etwa verschiedene Akustikleuchten und Bürokabinen. Kundenwünsche spielen bei der Konzeption der Produkte ebenfalls eine grosse Rolle. Zugeschnitten werden die Panels auf einer CNC-Maschine, wobei der Prozess komplett digital abläuft – für das Unternehmen besonders hilfreich, da sich die Schnittpläne so zwischen den verschiedenen Standorten leicht versenden lassen. Anschliessend werden die Produkte in speziell dafür geeignete Hallräumen auf ihre schalldämpfende Wirkung getestet.

Eine CNC-Maschine von Impact Acoustic

An der CNC-Maschine werden die Rohplatten entsprechend der digitalen Schnittpläne zugeschnitten. Bild: zVg

Eines der neuesten Produkte des Unternehmens ist der «Archisonic Cotton», ein Schallabsorber aus Baumwolle. Dieser steht symbolisch für einen Wunsch des Unternehmens, denn es handelt sich dabei gemäss eigenen Recherchen von Impact Acoustic um das weltweit erste vollständig zirkuläre Akustikprodukt. Das heisst im Grunde, es ist von Natur aus restaurativ und regenerativ, womit Abfall und Umweltverschmutzung vermieden und ein geschlossener Kreislauf geschaffen wird. «Wir könnten es bei Bedarf zurücknehmen, mit Wasser mischen und anschliessend daraus ein neues Akustikpanel herstellen – und das eigentlich immer wieder», erklärt Schoch. Das oberste Zukunftsziel für all ihre Materialien sei, dass jedes vollständig zirkulär und nachhaltig wird; mit so wenig Ressourcenverbrauch wie möglich.

Inspiration zu einer nachhaltigeren Welt

Von ihrer Arbeit sollen weitere Unternehmen inspiriert werden, ihre Produktionsmethoden etwa ebenfalls nachhaltiger zu gestalten, denn selbst bei aller Konsequenz kann ein einzelnes Unternehmen relativ wenig gegen die riesige Menge an täglich produzierten Plastikflaschen bewirken. Dessen ist man sich bei Impact Acoustic schmerzhaft bewusst: «Wir sind ganz bestimmt nicht die Lösung. Wir upcyceln mit unserer Produktion gerade mal 16 Minuten des weltweiten PET-Konsums pro 24 Stunden», erklärte dazu Sven Erni 2021 in einem Youtube-Video dazu, weswegen Coca-Cola und Co. nicht mehr beliefert werden

Für das Unternehmen ist klar: Die Industrie soll von Plastik wegkommen und eine wahre Verbesserung der Situation kann nur durch Zusammenarbeit geschehen. In diesem Sinne wollen sie auch ein weltweites Verbot von PET-Flaschen vorantreiben, in der Hoffnung, dass ihre Produkte für künftige Generationen irgendwann überflüssig werden. Dabei wird auf die inspirierende Wirkung für andere Unternehmen gesetzt, aber auch auf die eigene Transparenz; besonders im Licht von falschen Versprechungen, Ausnutzung von Missverständnissen und fehlender Transparenz in Teilen der Industrie.

Archisonic Rohplatten in verschiedenen Farben

Werden in verschiedenen Farben verarbeitet: Die Archisonic-Rohplatten. Bild: zVg

Greenwashing lautet hier das Stichwort – der Versuch von Firmen, sich umweltfreundlicher darzustellen, als sie es sind. «Es wird viel mit Begriffen und Wörtern gespielt. Der Begriff PET impliziert bei vielen Leuten bereits, dass es sich um ein recyceltes Produkt handelt, obwohl das so nicht immer der Fall ist», veranschaulicht Schoch. So gebe es etwa Akustikhersteller, die Pre-Consumer-Flaschen zur Produktion verwenden – sprich, PET-Flaschen, die sich gar nie im Marktumlauf befunden haben, bevor sie zum Akustikprodukt verwertet werden. In diesem Fall ist Recycling also nicht gleich Nachhaltigkeit, obwohl es den Anschein erwecken kann.

Von Innenarchitektur zu Klimaschutz

Warum gerade Akustik und Bürodesign für das Konzept des Unternehmens gewählt wurden, lässt sich durch die Vergangenheit der beiden Gründer erklären. So verbrachten sie einen grossen Teil ihres Lebens in der asiatischen und europäischen Architektur- und Designbranche, wo das Thema Akustik und recyceltes PET in der Akustikverwendung oftmals aufkam. Mit Büroplanung setzte sich Jeffrey Ibañez als Innenarchitekt davor bereits regelmässig auseinander – bis er sich mit seinem Partner 2019 dazu entschied, ein Unternehmen zu gründen, «das wirklich etwas bewirken kann», wie es Impact Acoustic auf seiner Website formuliert.

Vier Jahre später und mit über 100 Mitarbeitenden kann das Unternehmen mittlerweile auf eine ertragreiche Geschichte zurückblicken. Ihre Produkte befinden sich inzwischen vielerorts: In Büros grosser Unternehmen wie Amazon und Microsoft, aber auch in Restaurants, zahlreichen kleineren und grösseren Büros, Hotels und natürlich ist Akustik bei Neubauten heutzutage ohnehin ein zentrales Thema. Ihre Mission ist allerdings noch längst nicht erfüllt: «Es wird immer so viel Plastik zu verwerten geben, darunter wird die Welt noch ewig leiden. Wir sind noch lange nicht auf einem guten Weg, um sagen zu können, dass die Welt plastikfrei wird», so Schoch. Der Kampf gegen die Umweltverschmutzung durch Plastik wird also noch lange andauern und so hat auch die Geschichte von Impact Acoustic vermutlich erst richtig begonnen.

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