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Luzerner Start-up bringt umweltfreundliche Masken in die Schweiz

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Das Schweizer Team hinter EcoBreathe. Bild: zVg

3,5 Millionen Masken verbraucht die Schweiz pro Tag. Das Unternehmen ReWorks bietet mit der recyclebaren EcoBreathe-Maske nun eine Alternative zum Wegwerfartikel. Mit einer europäischen Produktion möchte das Luzerner Start-up zur umweltfreundlichen Kreislaufwirtschaft beitragen.

Zu Beginn der Coronapandemie im März 2020 kam es zu einem regelrechten Chaos in Europa. Containerladungen voller Hygienemasken wurden an den Grenzen festgehalten und setzten den Binnenmarkt ausser Gefecht. Jedes Land wollte sich ausreichend mit dem begehrten Schutzartikel eindecken. Die Produktion der verschiedenen Typen von Masken fand dabei fast ausschliesslich in China statt. Schnell versprachen PolitikerInnen eine Abkehr von der Abhängigkeit der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt. Allerdings mahlen die Mühlen in Europa etwas langsamer, so dass etwa die Maskenproduktion der Flawa AG in Flawil (SG) weiterhin zu den Ausnahmen zählt.

Wirklich wegzudenken aus dem Alltag ist die Schutzmaske nach zwei Jahren Pandemie nicht mehr. Doch es ist nicht nur die Frage nach der Produktion, die die Schweiz beschäftigt. Ebenso geht es darum, welcher Maskentyp den notwenigen Schutz für die jeweilige Situation bietet. Während andere Länder FFP2-Masken für bestimmte Bereiche wie den öffentlichen Verkehr bereits vorschreiben, zeigt die Schweiz immer noch ihre Vorliebe für die einfachsten Stoffmasken.

Das vielleicht grösste Problem ist allerdings der Abfall. Dabei sind es nicht nur die Masken, die auf dem Perron oder neben dem Abfalleimer landen, sondern die schiere Menge der Wegwerfartikel. Ungefähr 3,5 Millionen Mund- und Nasenschutze werden in der Schweiz täglich verbraucht.

Ein Haufen von benutzten Hygienemasken.

Genau diese Art von Plastikmüll soll reduziert werden. Bild: Depositfotos/spukkato

Wertvolles Plastik

Den ersten Schritt zur Reduktion des alltäglichen Abfalls will nun das Schweizer Start-up ReWorks machen. Mit dem Vertrieb der recyclebaren Hygienemaske EcoBreathe möchte man eine nachhaltige Alternative auf dem Markt schaffen. Angefangen hat das Unternehmen aus Horw zu Beginn der Pandemie mit recyclebaren Trennwänden. Die RecycleWall besteht aus einem wabenartigen Karton und lässt sich auch für andere temporäre Einrichtungsgegenstände wie Tische verwenden. «Wir standen eine Woche vor den ersten Öffnungen nach dem Lockdown im Frühjahr 2020 und haben uns schnell für diese Idee entschieden, um eine Alternative zu den teuren und umweltschädlichen Plexiglastrennwänden zu schaffen», erzählt der Mitgründer Walter Küpfer. Nach einem erfolgreichen Start sind die recyclebaren Trennwände heute weniger gefragt. «Die Trennwände wurden an vielen Orten aus dem Schutzkonzept gestrichen. Wir produzieren sie noch, aber weniger aus Schutzgründen», sagt Küpfer.

Als man bei ReWorks auf der Suche nach einer umweltschonenderen Lösung für den Wegwerfartikel Hygienemaske war, stiess man im Juni 2021 auf EcoBreathe und dessen Masken. Das Unternehmen, welches die Maske entwickelt hat, war auf der Suche nach einem Partner für die DACH-Region. Bis dato wurde das Produkt vor allem in den USA und Grossbritannien vertrieben. Seit dem Vertriebsstart im November 2020 konnten weltweit aber bereits über 23 Millionen Masken an die Menschen gebracht werden. Die Maske des Typs IIR entspricht der gängigen medizinischen Hygienemaske.

Nach dem Gebrauch werden die aus Plastik und Kunststoff bestehenden Schutzartikel in speziellen Boxen gesammelt und kommen dann direkt vom Kunden per Post oder Sammelstelle zum Recyclingpartner. Die grössere der beiden verfügbaren Sammelboxen entspricht dabei der klassischen blauen PET-Tonne. Die gesammelten Masken werden dann zerkleinert, zu Kunststoffgranulat verarbeitet und in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt. Aus dem Granulat können neue Kunststoffprodukte wie Verpackungen oder Gefässe hergestellt werden. Dafür arbeitet ReWorks mit der Solothurner Recoplast AG und der Schweizerischen Post zusammen. «Wir sind bei den beiden Unternehmen auf offene Ohren gestossen beim Thema Umweltbelastung durch Maskenabfall», erzählt Küpfer.

Portrait von Walter Küpfer mit Hygienemaske

Walter Küpfer hat Reworks 2020 mitgegründet. Bild: zVg

Während der EcoBreathe-Onlineshop seit dem 4. Januar 2022 verfügbar ist, werden die ersten Masken im Februar in der Schweiz ausgeliefert. Wenn es dann richtig losgeht für die beteiligten Unternehmen, möchte man auch die letzten offenen Fragen beim Sammelprozess klären. Schon jetzt weiss man, dass das Recyclingmaterial immer noch sauber ist, wenn eine von 20 keine EcoBreathe-Maske ist.

Weg von China

Der zweite wichtige Punkt neben dem Recycling ist, dass die EcoBreathe-Masken nicht den weiten Weg aus China machen müssen, da sie in der Türkei produziert werden. «Wir denken so regional wie möglich, aber wenn Sie sich die Preise ansehen, dann sind wir um einiges teurer als China», äussert sich Küpfer. Man möchte die Menschen langsam von den billigen Preisen aus China entwöhnen. «Je näher wir an die Schweiz kommen, umso teurer wird die Produktion. Wir denken, mit der Türkei haben wir sicherlich eine gute Übergangslösung», so Küpfer weiter. Aktuell sei man ausserdem in Kontakt mit potenziellen Partnern, die näher zur Schweiz produzieren könnten.

Der zusätzliche Aufwand an Ressourcen soll sich aber nicht nur in der besseren CO2-Bilanz widerspiegeln. Weniger Verschwendung und die Förderung der Kreislaufwirtschaft sollen auch in den Köpfen der Menschen und Unternehmen ankommen. Die Unabhängigkeit von China, die zu Beginn der Pandemie von vielen gefordert wurde, soll so schrittweise umgesetzt werden. «Für mich macht es keinen Sinn, dass wir containerweise Masken verschiffen und diese dann hier verbrennen», kommentiert Küpfer den Status quo.

Letztendlich spielen die Hygieneartikel auch beim Thema Littering eine grosse Rolle und machen der Zigarette zunehmend Konkurrenz im öffentlichen Raum. «Wenn ich eine Maske auf dem Boden sehe, bücke ich mich und hebe sie auf», erzählt Küpfer, der genau weiss, wie lange eine Schutzmaske benötigt, bis sie im Boden zersetzt wird. Laut einer Schätzung der Umweltorganisation Greenpeace sind es 450 Jahre, genauso lang wie bei einer Plastikflasche. Für die Zukunft kann Küpfer sich organisierte Putzaktionen vorstellen, wenn die EcoBreathe erst einmal in der Schweiz angekommen ist.

Zwei Hände werfen je eine Hygienemaske in eine Kartonschachtel.

In der Tonne kommen die Masken dann zum Recyclingpartner. Bild: zVg

Die Grossunternehmen im Visier

Mit der Omikron-Variante ist die Coronapandemie noch einmal in eine heisse Phase übergegangen. «Es ist eine Herausforderung, als Unternehmen ohne langfristige Planung zu arbeiten und schnell auf die unterschiedlichen Pandemiephasen reagieren zu müssen», erklärt Küpfer, «aber mit EcoBreathe sind coronabedingte MaskennutzerInnen nicht unser Hauptfokus, sondern die Unternehmen, die schon immer Schutzmasken gebraucht haben.»

Das grosse Ziel ist also das Gesundheitswesen mit seinen Kliniken und Laboren. Und bei diesen dauert die Umstellung von Prozessen entsprechend länger. «Logistik, Kommunikation, geschlossene Kreisläufe bauen – das geht nicht von heute auf morgen», sagt Küpfer. Dementsprechend dauern die Gespräche mit potenziellen Grosskunden derzeit noch an. Dass man zurzeit noch nicht die Privatpersonen ansprechen will, liegt dagegen im Recyclingprozess begründet. Es benötigt zuerst grosse Mengen an Material, damit sich der Aufwand für die Beteiligten rentiert.

Walter Küpfer freut sich jedenfalls auf die kommenden Wochen und Monate. Den Erfolg möchte er dabei nicht nur am Umsatz messen. Das tatsächlich eingesparte CO2 und der Abfall seien ebenso wichtig. Genau die Themen, die uns auch nach und abseits der Pandemie noch lange beschäftigen werden.

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