Alltag

Der Kampf um 12 Quadratmeter

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Wie viele Parkplätze braucht es in Luzern? Bild: Xantana / Depositphotos

Die leidige Parkplatzsuche auf der einen Seite und die politische Diskussion um Parkplätze in den Städten auf der anderen. Nicht nur im Kanton Luzern werden Parkplatzfragen immer wichtiger. Einen Lösungsansatz per App testet aktuell die Gemeinde Rain. 

Ein Parkplatz in der Schweiz misst in der Regel 5 Meter in der Länge und 2,35 Meter in der Breite. Er ist ein essenzieller Teil der Mobilität in einem Land, in dem das Auto das dominierende Fortbewegungsmittel ist. Knapp 4,7 Millionen Personenfahrzeuge waren 2021 in der Schweiz zugelassen – im Schnitt mehr als ein Auto für zwei Personen. 

In den Schweizer Grossstädten regt sich seit ein paar Jahren allerdings Widerstand gegen die Fläche, die die Automobile im Stadtbild einnehmen. Rund 12 Quadratmeter pro Fahrzeug, welches dann unbenutzt eben diesen öffentlichen Raum belegt. Das Thema Mobilitätswende wird hier etwas eifriger diskutiert und angegangen als in den kleineren Gemeinden. Und so scheint die Verringerung des Angebots an bestimmten Orten ein Mittel zu sein, um die Menschen stärker zu den alternativen Fortbewegungsmitteln zu drängen. 

Parken als teures Vergnügen

Im Stadtbereich von Luzern gibt es aktuell 15’043 öffentliche Parkplätze – dazu zählen Parkuhren, die blauen und weissen Zonen sowie Parkierungsanlagen. Diese Zahl war in den letzten acht Jahren relativ konstant, allerdings nimmt die Anzahl der Stellflächen mit Parkuhren leicht ab, was vor allem die Luzerner Innenstadt betrifft. Im Bruch- und Hirschmattquartier werden die öffentlichen Parkplätze vor allem von AnwohnerInnen genutzt, hier sind 60 bis 80 Prozent der Autos mit einer blauen Parkkarte versehen, wie eine Studie des Zürcher Planungsbüros Suter/von Känel/Wild im Auftrag des Stadtrats herausfand. Das Fazit der Studie: das Parkplatzreglement der Stadt Luzern entspricht nicht mehr den Zielen einer effizienten (und nachhaltigen) Mobilität.

Parkplatz Parkinganlage

Die Luzerner Parkinganlagen sollen den Verkehr idealerweise aus dem Zentrum heraushalten. Bild: stefano79.libero.it / Depositphotos

Die Studie empfiehlt eine Umnutzung von Parkierungsflächen sowie eine Reduzierung der DauerparkerInnen in bestimmten Zonen der Stadt. So sollen längere Aufenthalte in Parkhäuser verlagert werden, damit auf den vorhandenen Parkplätzen die Frequenz erhöht wird. Bei der Umnutzung wird eine Kombination aus Massnahmen empfohlen: Platz für Carsharing-Angebote, neue Flächen für Velofahrende und FussgängerInnen sowie ein Angebot von dezentralen Abstellplätzen für Motorräder und Velos. Denn hier sind sich die MobilitätsforscherInnen einig: «Sobald alternative Angebote wie Carsharing noch attraktiver werden im Vergleich zum Besitzauto, wird es einfacher, verschiedene Verkehrsmittel zu nutzen.»

Über die Tarife lässt sich die Parkplatznutzung nur bedingt regeln, allerdings sollten die Strassenparkplätze nicht günstiger sein als jene in einem Parkhaus – wovon es in Luzern ganze 7’791 Möglichkeiten gibt. Dabei liegt Luzern jetzt schon an der nationalen Spitze, was die Parkpreise betrifft, wie die Untersuchung der Preisüberwacher vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft ermittelte. Egal, ob im Zeitraum von einer Stunde, bis zu vier Stunden oder sogar einem ganzen Tag – in Luzern parkt man immer am teuersten. Zum Vergleich: So kostet eine Stunde in Dübendorf ZH im Schnitt 50 Rappen, während es in der Leuchtenstadt ganze drei Franken sind. Zumindest für die Städte und Gemeinden scheint es eine lohnende Angelegenheit zu sein: «Parkplätze bringen bis zu vier Mal so viel Geld wie Mietwohnungen», heisst es vom Preisüberwacher, wenn die 12 Quadratmeter auf die Mietpreise heruntergerechnet werden.

Auf ins P1

Die Verkehrs- und Mobilitätswende ist ein langfristiges Projekt. In Luzern wird derzeit bis 2030, beziehungsweise 2040 mit der Fertigstellung des Durchgangsbahnhofs, als mittelfristiges Ziel geplant. Die Debatten darüber laufen allerdings nicht erst seit gestern, und das nicht nur in der Stadt selbst. Ob über die Zukunft der unterirdischen Parkinganlage P1 in Bahnhofsnähe, eine autofreie Innenstadt in Sursee oder sogar über die Anzahl von neugeplanten Parkplätzen auf der Horwer Halbinsel.

Wie gut eine Neunutzung von Parkplätzen funktionieren kann, darf die Stadt Luzern ab Sommer 2023 am Beispiel des Carparkplatzes auf dem Inseli zeigen. Bis zur Neugestaltung des Ortes im Jahr 2027 haben sich zahlreiche Konzepte für die Zwischennutzung beworben. Ob dort am Ende Pop-up-Restaurants, urbane Gärten oder etwas ganz anderes entsteht, wird im Januar 2023 bekanntgegeben. Die entsprechende Initiative dafür wurde bereits 2015 vom Stimmvolk angenommen.

Parkplatzbuchung per App

Ein anderer Ansatz, um das Angebot von Parkplätzen zu verbessern, ist die digitale Lösung des Start-ups Share.P. Ihre eigene App bezeichnen sie als Plug-and-Play-Parksystem. Dabei wird die bestehende Parkinfrastruktur genutzt, digitalisiert und für die Parkplatzsuchenden verfügbar gemacht. Dabei sind die klassischen Parkhäuser genauso vertreten wie Parkplätze, welche von Unternehmen oder sogar Privatleuten zur Verfügung gestellt werden. Die Nutzungsdauer und die Bezahlung werden dabei ebenso über die App des in Zürich ansässigen Unternehmens abgewickelt.

Parkplatz App Share.P

So reserviert man sich einen Parkplatz in Rain. Bild: Screenshot Share.P-App

Das besondere Feature ist allerdings die Reservierung der Parkplätze, so weiss man schon beim Losfahren, dass man auf jeden Fall einen Stellplatz für das eigene Auto hat. Während die Reservierung in den Luzerner Parkinganlagen noch nicht möglich ist, gibt es in der Gemeinde Rain ein Pilotprojekt zur Park-App. Angeregt vom dortigen Gemeinderat Hubert Rigert (FDP), stehen dort seit Sommer 2021 zehn Parkplätze zur Verfügung. Eine Park+Ride-Anlage, die von der Gemeinde verwaltet wird und an einer entsprechenden ÖV-Haltestelle gelegen ist. Zum Preis von aktuell 50 Rappen pro Stunde kann man sein Auto dort bequem stehen lassen und die restliche Wegstrecke mit dem ÖV absolvieren.

Zwar ist Rain mit 13 Kilometer Abstand zur Luzerner Innenstadt weniger zentral gelegen. Es zeigt aber einen Lösungsansatz, der auch für andere Gemeinden in der Agglomeration funktionieren kann. Die Parkplatzsuche und die Verkehrsbelastung könnten so reduziert werden. Und dies würde nicht nur eine der Forderungen aus der Parkplatzstudie zur Stadt Luzern erfüllen, sondern als Nebeneffekt die CO2-Belastung senken, wie der Mobilitätsforscher Oechsli sagt.

Parkplatz Rain LU

Mit Share.P können zehn Parkplätze in Rain online reserviert werden. Bild: Facebook Share.P – Sustainable Mobility Solution

Ein besseres Parkplatzmanagement spart also allen Beteiligten Zeit, da auch einfacher gebüsst werden kann, und könnte sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickeln. Mit einer jährlichen Wachstumsrate von 12,6 Prozent weltweit ist der Smart-Parking-Markt ein rasend wachsender Sektor, welcher durch die Unterstützung von Städten und Gemeinden zusätzlich an Bedeutung gewinnen kann – auch als Einnahmequelle.

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