Genuss

Von der grünen Bohne zum personalisierten Kaffeeerlebnis

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Ein Prototyp der Mikafi One im Einsatz. Bild: zVg

Die Tasse Kaffee als individuelles Erlebnis strebt das Luzerner Start-up Mikafi an. Mit einer küchentauglichen Röstmaschine möchte man Lieferketten verkürzen und das Internet der Dinge in die Schweizer Gastronomie bringen. Denn die Mikafi One setzt auch auf KI.

Der Weg vom kolumbianischen Kaffeebauern bis zum Coffee-to-go im Schweizer Café ist lang. Von der Ernte der Kaffeekirschen geht es weiter zum Trocknen und Verarbeiten, bevor sich die grünen Bohnen über Zwischenhändler auf den Weg um die Welt machen. Dort warten dann noch die Kaffeeröstereien, bevor die inzwischen dunklen Bohnen ihren Weg in den Handel beziehungsweise ins Café finden.

Genau in diese Lieferkette möchte das Luzerner Start-up Mikafi eingreifen. Mit einer eigenen Röstmaschine sollen nicht nur Handelswege verkürzt werden, sondern durch die Individualisierung des Geschmacks der Kaffeebohnen ein neues Erlebnis für Gastronomie und KundInnen entstehen. Die Idee dafür kam Mitgründer Marius Disler bereits vor fast zehn Jahren in Kolumbien. In der Andenregion sind die Bedingungen für den Anbau der Pflanze so günstig, dass zweimal im Jahr geerntet werden kann. Auf einer Plantage im Kaffeedreieck lernte Disler den Verarbeitungsprozess von der Ernte bis zur Röstung kennen – bei dem es ihm besonders letztere angetan hatte.

Aus ersten Ideen zur Personalisierung des Kaffeeröstprozesses wurde das Thema seiner Masterarbeit, 2017 stand das Konzept und 2019 wurde Mikafi schliesslich in Luzern gegründet und machte damit den Schritt vom Wochenendprojekt zum Vollzeitunternehmen. Im Handel erhältlich ist die eigene Röstmaschine Mikafi One noch nicht, die Arbeiten für den offiziellen Launch laufen beim Start-up mit 10 Mitarbeitenden allerdings auf Hochtouren.

Kaffeetrinken für Kolumbien

«Unsere Zielgruppe sind die Restaurants und Cafés, die Kaffee verkaufen und einen Schritt weiter gehen wollen, um ihren eigenen Kaffee, ihre eigene Röstung zu verkaufen», erklärt Disler, der das Start-up als CEO leitet. In einem grossen Feldversuch konnte man sich im Frühjahr 2023 bereits im Luzerner Café Parterre beweisen. «Es wurde mehr Kaffee getrunken und verkauft. Dementsprechend ist das Ziel, dass wir mit unserer Maschine mehr Kundschaft in die Lokale bringen», sagt Disler. Laut eigenen Angaben stieg der Umsatz beim Kaffee im Parterre um 30 Prozent und die Marge um 8 Prozent. Wobei der Kaffeepreis auch um 30 Rappen erhöht wurde.

Claudio Vögtli und Marius Disler vor Holzwand, beide im weissen T-Shirt

Claudio Vögtli (links) und Marius Disler sind die Gründer von Mikafi. Bild: zVg

Die Rentabilität ist ein wichtiges Thema, damit Mikafi seine Idee auch in die Läden bekommt. «Es darf nicht teurer werden, denn in der Gastronomie ist das Geld oft knapp», so Disler. Wer 30 bis 40 Kilogramm Kaffee im Monat verkauft, für den würde sich die Mikafi One schon lohnen, weil der Einkaufspreis von grünen Bohnen deutlich geringer ist als der von fertig verarbeiteten Kaffeebohnen. Am Ende soll auch der Preis der Mikafi One selbst in dem Bereich einer professionellen Kaffeemaschine liegen. Da gerade in dieser Branche oft das Eigenkapital fehlt, sei auch ein mögliches Abomodell eine Option für die Zukunft.

Mit der Rösterei vor Ort verspricht man sich bei Mikafi ein frischeres Produkt, welches auch bei der Nachhaltigkeit punkten soll. Die grünen Bohnen können den direkten Weg von den Kaffeebauern in die Schweizer Lagerhäuser nehmen und auch die Wertschöpfungskette möchte man bei Mikafi transparenter darstellen. «Dass wir zeigen können, wie viel der Farmer verdient, ist auch eine Form von Nachhaltigkeit», führt Disler an.

Mein kleiner grüner Kaffee

Der grüne Kaffee ist deutlich länger haltbar, aber einmal geröstet sollte man ihn auch daheim innerhalb einer Woche konsumieren. Bei einem Röstprozess können in der Maschine zwischen 600 und 1200 Gramm nach dem eigenen Geschmack geröstet werden. Als Plattform will man die grünen Kaffeebohnen auch selbst über die eigenen Partner anbieten.

Mikafi One Röster im Café

Plug and Play ist das Konzept der smarten Röstmaschine. Bild: zVg

Im Gegensatz zu herkömmlichen Röstereien verzichtet die Küchenmaschine aus Luzern auf Gas als Energiequelle, da sie strombetrieben ist. Und je nach Standort kann dieser mehr oder weniger grün erzeugt werden. Nachhaltigkeit als ein Thema, auf das heute kaum ein Unternehmen verzichten kann – gerade in einer Branche, in der das Fairtrade-Siegel eine grosse Rolle spielt.

Kaffeedatenbankleserei

Die Mikafi One zählt zu den intelligenten Geräten, die über das Internet stets mit ihrer Umgebung und dem Hausserver kommunizieren. Über eine App sollen alle KundInnen so ganz leicht ihre eigene Kaffeevariante kreieren können. Wie fruchtig, blumig oder nussig darf es sein? Nach dem Einstellen der entsprechenden Schieberegler greift die Mikafi One auf die heimische Datenbank zurück. An der sogenannten «Roast AI» wurde über zwei Jahre zusammen mit der ZHAW und der Hochschule Luzern gearbeitet. «Jede grüne Kaffeebohne ist ein Naturprodukt und jede Ernte ist anders», sagt Disler zur Suche nach der richtigen Korrelation zwischen grünem Kaffee, Röst- und Geschmacksprofil.

Illustration der Röstung in der App

Geschmacksprofile ganz einfach per App erkennen. Bild: Mikafi

Der Fokus liegt dabei auf dem Personalisieren des Kaffees. Ideen für weitere App-Funktionen gibt es genug. Da man sich bei Mikafi als Plattform versteht, die nicht nur Kaffeebauern und Gastronomie zusammenbringen möchte, sondern auch die KaffeeliebhaberInnen untereinander. Empfehlungen und der digitale Rezeptaustausch sind zwei weitere Features, die man bei Mikafi nach dem Launch gerne verwirklichen würde. «Das Ziel ist aber immer, dass ich im Lokal vorbeigehe und den Kaffee dort ausprobiere und vielleicht sogar kaufe», erklärt Disler.

Von Weggis nach Milano

Mit dem Auftritt bei der Gastro-Fachmesse Host Milano im Oktober 2023 konnte das Luzerner Start-up einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Serienproduktion feiern. «Wir wollten beweisen, dass dieses Konzept Anklang findet und es einen Markt dafür gibt», erzählt der CEO. Neben Gesprächen mit potenziellen Investorinnen und Kunden gab es auch noch Feedback für den aktuellen Prototypen der Maschine, deren finales Design in den kommenden Monaten präsentiert werden soll.

Mikafi Team auf der Messe in Mailand

Nicht nur auf Instagram ist das Team von Mikafi sehr aktiv. Hier auf der Fachmesse in Mailand. Bild: zVg

Produziert wird die Mikafi One dann von Thermoplan. Mit dem Kaffeemaschinenhersteller aus Weggis konnte man schon früh einen regionalen Partner gewinnen, der dem Start-up gerade bei der Skalierbarkeit unter die Arme greifen kann. «Es ist ein grosser Vorteil, dass unsere Maschine dort fertig entwickelt und produziert wird. So muss man dafür nicht nach China gehen», sagt der Start-up-Gründer.

Aktuell strebt man einen offiziellen Verkaufsstart Ende 2024 an. «Wir planen dieses Jahr noch weitere Pilotprojekte mit Partnern und Kundinnen», kündigt Disler an. Und das nicht nur in der Schweiz, wie er betont. So lange wird in Luzern und auch in Zürich, wo die Softwareentwicklung stattfindet, poliert und optimiert, was die Bohne hergibt. Damit die Mikafi One am Ende als Tabletop-Maschine wirklich jede Kaffeeliebhaberin überzeugt.

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