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Sicher durch den Winter

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Zürich im kalten Winter. Bild: hzparisien@gmail.com/Depositphotos

In Zürich soll niemand draussen übernachten müssen. Die Angebote für Notschlafstellen von öffentlichen und privaten Einrichtungen sollen obdachlose Menschen auch im Winter unterstützen. Dafür zügelt die Notschlafstelle an einen neuen Standort.

Spätestens wenn der erste Schnee auch das Mittelland erreicht, steht der Winter vor der Tür. Während viele sich auf die Weihnachtszeit und die nächsten Skiferien freuen, stellen die fallenden Temperaturen obdachlose Menschen vor zusätzliche Herausforderungen. Bei Eis und Minusgraden kann das Schlafen unter freiem Himmel zu einer lebensgefährlichen Situation werden.

Die Notschlafstelle zieht um

Eine der möglichen Anlaufstellen, um ein eiskaltes Übernachten zu verhindern, ist die Notschlafstelle. Jene in Zürich hat seit dem 7. Dezember ein neues Zuhause: «Weil die Liegenschaft an der Rosengartenstrasse saniert wird, zieht die Notschlafstelle bis Herbst 2022 in den Kreis 3 in die Nähe des Triemlispitals um», heisst es auf Anfrage von Seiten der Stadt Zürich. Der Umzug sei zugleich die grösste Herausforderung bei der Vorbereitung auf den Winter. Man gehe zudem nicht davon aus, dass der temporäre Standort grosse Auswirkungen auf den Betrieb und die KlientInnen hat.

«In der Obdachlosenhilfe und Wohnintegration gibt es eine ganz wichtige Erkenntnis: Ein menschenwürdiges Dasein ist extrem schwierig ohne eine dauerhafte Unterkunft», heisst es in der Publikation Obdachlosenhilfe und Wohnintegration der Stadt Zürich. Der Verlust der Wohnung ist auch in der Schweiz zwangsweise mit einem sozialen Abstieg verbunden. Die erwähnte Notschlafstelle der Stadt Zürich ist dabei eine der bekanntesten Anlaufstelle für Menschen ohne Obdach. Das Ziel der Einrichtung und der Stadtverwaltung: «Niemand muss in Zürich unfreiwillig draussen übernachten.»

Obdachlose Person im Winter auf Bank

«In Zürich muss niemand unfreiwillig draussen übernachten.» Bild: Kuzmafoto/Depositphotos

Die Geschichte der Notschlafstelle geht zurück auf die Wohnungsnot in Zürich im Jahr 1945. Zwei Jahre später reagierte der Stadtrat auf das Problem der offenen Obdachlosigkeit und errichtete in einem ehemaligen Sanitätsbunker eine Notschlafstelle mit 105 Betten. Neben dem Bunker unter dem Hallenbad City entstanden im gleichen Jahr noch zwei weitere Stellen an der Schulhaustrasse und in der Hardau. Eine Übernachtung in der ganzjährig geöffneten Einrichtung ist seit Januar 2021 kostenlos. Der symbolische Betrag von 5 Franken wurde bis auf Weiteres erlassen.

In diesem Jahr gab es bereits 7‘627 Übernachtungen in der Notschlafstelle. Damit ist der Abwärtstrend der letzten Jahre zumindest vorerst gestoppt. Denn während die Unterkunft 2018 noch 12‘421 Menschen empfing, sank die Zahl bis auf 7‘592 im Jahr 2020.

Zusammenspiel bei der Hilfe

Mit dem Sozialwerk Pfarrer Sieber gibt es in Zürich auch einen grossen privaten Anbieter von zahlreichen Dienstleistungen für Menschen in Not. Dabei findet im Bereich der Obdachlosen- und Wohnungslosenhilfe ein Austausch zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen statt. Die Angebote würden sich so ergänzen, heisst es von Seiten der Stadt Zürich. «Die Stadt übernimmt Aufgaben, die private Anbietende nicht wollen oder nicht können.»

Bei Pfarrer Sieber ist man überzeugt, dass man auch für den zweiten Winter in der Coronapandemie gut vorbereitet sei. Die Erfahrungen aus dem letzten Winter und ein angepasstes Schutzkonzept sollen dabei helfen, dass alle Dienste auch weiterhin angeboten werden können. Während in der Notschlafstelle der Stadt nur in Zürich gemeldete Menschen übernachten dürfen, empfängt man bei Pfarrer Sieber Obdachlose aus der ganzen Schweiz. «Für Obdachlose von ausserhalb der Stadt sind unsere Angebote daher überlebenswichtig», heisst es beim Sozialwerk. Und werden im Winter umso mehr benötigt.

Anlaufstellen in Zürich für Wohnungslose

  • Notschlafstelle der Stadt Zürich 
    Birmensdorferstrasse 660, 8055 Zürich (Neu)
    Für Obdachlose aus der Stadt Zürich bietet die Notschlafstelle eine Unterkunft für eine Nacht. Neben Bett, Verpflegung und Waschgelegenheit stehen auch Mitarbeitende mit Beratung zur Seite. Die Einrichtung ist 365 Tage im Jahr geöffnet. Die Öffnungszeiten im Winterhalbjahr sind von 20:30 bis 10 Uhr. Eine Übernachtung ist derzeit kostenlos und es braucht keine Voranmeldung.
    Die alte Notschlafstelle in Zürich

    Die alte Notschlafstelle an der Rosengartenstrasse. Bild: Ronald Pizzoferrato/Stadt Zürich

  • Notunterkunft für Familien
    Strassburgstrasse 5, 8004 Zürich
    Eine Kollektivunterkunft für obdachlose Familien, Paare oder Einzelpersonen mit Kindern. Die Notfallunterkunft ist auf sechs Monate befristet und eine Anmeldung erfolgt durch die Sozialen Dienste.

    Familienunterkunft Stadt Zürich

    Bild: Ronald Pizzoferrato/Stadt Zürich

  • Nemo – Notschlafstelle für Jugendliche
    Döltschiweg 177, 8055 Zürich
    Das Angebot vom Sozialwerk Pfarrer Sieber richtet sich an 16- bis 23-Jährige. Die Notschlafstelle Nemo soll Obdach, Schutz und Sicherheit bieten. Es wird ein Abendessen und ein Frühstück angeboten sowie die Möglichkeit, die Wäsche zu waschen. Auf Wunsch gibt es eine Sozialberatung oder die Möglichkeit eines Seelsorgegespräches.

    Notschlafstelle für Jugendliche

    Bild: zVg

  • Pfuusbus – Notschlafstelle für Erwachsene
    Uetlibergstrasse 311a, 8045 Zürich
    Erwachsene ohne ein Obdach finden im Pfuusbus nicht nur eine Schlafmöglichkeit. Von Mitte November bis Mitte April gibt es hier Abendessen und Frühstück, Seelsorge und ein Stück Gemeinschaft. Der Sattelschlepper bietet zusammen mit einem Zelt insgesamt 50 Schlafplätze.

    Pfuusbus Pfarrer Sieber

    Bild: zVg

  • Iglu – Notschlafstelle für Arbeitsmigranten
    Seebacherstrasse 15, 8052 Zürich
    Das Iglu vom Sozialwerk Pfarrer Sieber bietet 20 Schlafplätze für arbeitssuchende Menschen aus dem Ausland. Es wird ebenfalls von Mitte November bis Mitte April betrieben und bietet neben Snacks und Getränken auch ein Frühstück.

    Notschlafstelle für Arbeitsmigranten

    Bild: zVg

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Als Redaktor schreibe ich Artikel für unsere Zeitungen und unsere Website, durchforste die sozialen Medien und fahre durch die Region, immer auf der Suche nach der nächsten Geschichte. Ausserhalb des Büros findet man mich meistens im Kino oder neben der Südkurve.
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