KulturZürich

Zur Sache! Mit Religionswissenschaftlerin Hannan Salamat

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Bild: Facebook Sphères

Ist die öffentliche Meinung in der Schweiz islamophob? Dieser Frage geht die Religionswissenschaftlerin Hannan Salamat im Sphères Zürich nach, indem sie Mechanismen der Ausgrenzung verschiedener Minderheiten in der Schweiz dekonstruiert.

Seit der Minarettverbotsinitiative im Jahr 2009 wird der Diskurs der Islamophobie in der Schweizer Öffentlichkeit verstärkt thematisiert. Mit seinem Bildungsprogramm und zahlreichen Vorträgen und Workshops will das Zürcher Institut für interreligiösen Dialog der wachsenden Polarisierung entgegenwirken und gegenseitige Vorurteile abbauen. Am heutigen Montag, 28. Februar, wird die Leiterin des Bereichs Islam des Instituts, Hannan Salamat, ein Referat auf der Bühne des Sphères in Zürich halten. Das Thema dabei: Pluralistische Traditionen des Islams und Islamophobie in der Schweiz.

Nach Salamats Vortrag wird Hanno Loewy, Literaturwissenschaftler und Direktor des Jüdischen Museums Hohenems in Österreich, über «jüdisch-muslimische Allianzen» sprechen. Dabei geht es um eine Initiative, die seit mehreren Jahren in Europa existiert und zur Vereinigung verschiedener Gruppen gegen Islamfeindlichkeit und Antisemitismus ruft. Auch das Erstarken nationalistischer Kräfte in Europa gibt Anlass zur Diskussion. Welche Herausforderungen einer liberalen und multiethnischen Gesellschaft im Wege stehen, ist die Frage, die im Mittelpunkt dieser Debatte stehen wird.

Eine europäische Muslimin

Hannan Salamat setzt sich kritisch mit dem öffentlichen Diskurs eines christlich-jüdischen Europas auseinander, der den Islam und «seine Vertreter» ausgrenzt. Sie erläutert Mechanismen der Ausgrenzung in der Schweiz und ruft zur Solidarität mit den Betroffenen auf. Gesellschaftliche Themen rund um den Islam, seine Grundlagen und Geschichte stehen für die deutsche Muslimin im Vordergrund. Sie studierte Kultur- und Religionswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Während ihres Studiums beschäftigte sie sich mit Reformbewegungen sowie mit Radikalisierung und Ideologisierung im Islam. Sie engagierte sich in verschiedenen interreligiösen und interkulturellen Projekten und half beim Aufbau eines «alle Richtungen einschliessenden islamischen Kulturzentrums» im katholischen München mit.

Als Persönlichkeit mit klaren und nuancierten Aussagen wurde sie in der Schweizer Öffentlichkeit bekannt, als sie 2019 die Leitung des Instituts in Zürich übernahm. Sie definiert sich als «europäische Muslimin». «Ich möchte Vorurteilen entgegenwirken und zeigen, wie vielfältig der Islam ist. DEN Islam gibt es nicht», sagte Salamat in einem Interview mit dem Forum Pfarrblatt. Der Tages-Anzeiger charakterisierte sie als «Kind des Westens und ihrer Generation: freiheitsliebend, individualistisch, eklektisch». Sie will einen «Euroislam» ausrufen, demzufolge die Landessprache in den Moscheen gesprochen und Imame an den lokalen Universitäten ausgebildet werden sollen. Dies würde extremistische Gruppen verhindern, das Feld der religiösen Bildung muslimischer Jugendlicher zu erobern.

Organisiert durch Omanut

Mit ihren Ansichten kann Salamat für manche teilweise realitätsfremd wirken, etwa wenn sie sagt, dass viele Türken der dritten Generation aus Protest gegen die Mehrheitsgesellschaft lieber auf Erdoğan hören oder dass Extremisten junge Menschen mit digitalen Medien ködern. Mit diesen Aussagen verkenne die Religionswissenschaftlerin die sich wandelnden Präferenzen der jungen Generation angesichts rasanter digitaler, gesellschaftspolitischer Entwicklungen, die sich oft nicht in eine Schublade stecken lassen. Dennoch bietet die Veranstaltung auf der Bühne vom Sphères an der Hardtumstrasse 66 Gelegenheit zur Diskussion und Kritik.

Die Veranstaltung wird vom jüdisch-schweizerischen Verein Omanut organisiert. Seit 1941 vermittelt und fördert Omanut (hebräisches Wort für Kunst) jüdische Kunst und Kultur in der Schweiz, indem er Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Filmvorführungen und Vorträge organisiert und unterstützt. Den Verein gründete der Sänger Marko Rothmüller in seiner Wohnung an der Hottingerstrasse in Zürich als «Schwesterorganisation» der bereits seit 1932 bestehenden gleichnamigen Vereinigung in Zagreb. Rothmüller brachte berühmte Gruppen von jüdischen Kulturschaffenden aus verschiedenen Teilen Europas zusammen.

«Zur Sache! Mit Hannan Salamat» findet im Sphères, Hardturmstrasse 66 in Zürich, am Montag, 28. Februar 2022, um 19.30 Uhr statt. Der Eintritt ist frei. Anmeldungen werden per E-Mail an omanut@omanut.ch entgegengenommen.

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