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Junges Blut und grünes Benzin für die Oldtimer

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Frisch politierte Limousinen vor der Messehalle – inklusive Preisschild. Bild: zVg

Nach 18 Monaten Pause haben die Oldtimerfreunde wieder einen Grund, die Motoren aufheulen zu lassen: Die siebte Ausgabe der Swiss Classic World Luzern lädt vom 1. bis 3. Oktober auf das Messegelände ein. Vor Ort geht es neben den alten Autos um eine grüne Zukunft und das Anwerben von Nachwuchs.

Vom 1. bis 3. Oktober findet auf der Luzerner Allmend wieder die Swiss Classic World statt. Nachdem die Oldtimermesse im vergangenen Jahr coronabedingt nicht stattfinden konnte, freut sich Organisator Bernd Link nun darauf, dass es nach 18 Monaten endlich wieder einen Treffpunkt für die Schweizer Classic-Car-Szene gibt. Mit über 200 Ausstellern stellt die Messe einen persönlichen Rekord auf. «Die Messehallen sind komplett ausverkauft», freut sich Link.

Die erste Attraktion findet man dabei bereits vor den Messehallen auf der Allmend. Bei gutem Wetter verwandle sich der Parkplatz in ein Museum, erzählt Link, da viele der BesucherInnen dann selbst mit ihren Classic Cars kämen. Überhaupt sei die Swiss Classic World ein wichtiger Treffpunkt für die Szene. Nach schwierigen Monaten in Zeiten der Pandemie rechnet Link mit einem grossen Interesse von der Besucher- und der Ausstellerseite. Bis 2019 fand die Swiss Classic World im Mai statt. Bei der letzten Ausgabe kamen über 13‘000 BesucherInnen. Ähnliches erhofft sich Link auch in diesem Jahr: «Wir hatten jedes Jahr einen Zuwachs von zwischen 10 und 20 Prozent.» Auf der anderen Seite befürchtet er, dass einige BesucherInnen vom 3G-Schutzkonzept der Veranstaltung abgeschreckt werden. «Ich muss dadurch rund 20 Prozent meiner Zielgruppe ausschliessen, da sie kein Covid-Zertifikat besitzen», schätzt der Oldtimer-Enthusiast.

Ein rotes Auto glänzt auf dem roten Teppich vor den Publikumsreihen.

Ein echtes Vorführmodell bei der Auktion. Bild: zVg

Eine klimaneutrale Zukunft

Ein neues Thema auf der Messe sind die synthetischen Kraftstoffe. Sprich, zum Beispiel Benzin, bei dessen Herstellung auf Rohöl verzichtet wird. Dadurch könnten auch die Oldtimer in Zukunft CO2-neutral betrieben werden. Link ist sich sicher: «Es gibt kein umweltfreundlicheres Auto als ein altes, das mit synthetischen Kraftstoffen betrieben wird.» Er begründet dies damit, dass die Produktionsbelastung durch die Autoherstellung bereits in der Vergangenheit liegt.

Zu dem Thema bietet die Messe ein Fachforum an, an dem Akteure aus der Auto- und Erdölindustrie, sowie WissenschaftlerInnen teilnehmen. Dadurch soll der aktuelle Forschungsstand präsentiert werden und welche Chancen, kurz- und langfristig, sich durch synthetische Kraftstoffe ergeben. Als ein Beispiel nennt Link Porsche, die zusammen mit Siemens im Süden von Chile eine eigene Anlage zur Herstellung der klimaneutralen Kraftstoffe bauen. Im Jahr 2026 möchten die deutschen Grosskonzerne dort bis zu 550 Millionen Liter «eFuels» pro Jahr produzieren. Auch Erdölschwergewichte wie Saudi Aramco beschäftigen sich mit dem Thema. Am Ende sei der Preis das entscheidende Kriterium für die Nutzung, ist Link überzeugt.

Autofans stehen vor einem flohmarktähnlichen Stand mit kleinen Gegenständen rund ums Auto.

Autofans finden auf dem Messegelände nicht nur Ersatzteile. Bild: zVg

Frauen und Kinder zuerst

Ein anderes Thema in der Oldtimerszene ist der Nachwuchs. Auf dem Messegelände gibt es einen eigenen Bereich vom Verkehrshaus, das ein Kinderprogramm anbietet, und auch Link selbst sieht die Swiss Classic World Luzern als einen Familienevent. Aber in der Szene setzt ebenfalls eine Überalterung ein. «Wir haben ein Nachwuchsproblem, wenn es um die Mechaniker geht», sagt Link. «Es gibt viele junge Leute, die etwas machen, was für uns unvorstellbar war: Sie machen mit 18 keinen Führerschein.» Damit fehle natürlich eine Bindung zum Automobil, die eine Grundlage für die Oltimerei sei. Das gut ausgebaute ÖV-Netz der Schweiz, vor allem in den Grossstädten, werde so zu einem Luxusproblem für die Classic-Car-Szene.

Eine andere Zielgruppe, die man zusätzlich erschliessen möchte, sind die Frauen. «Wir verpassen die Hälfte der Bevölkerung. Einfach, weil wir viel zu wenige Frauen haben, die sich für das Thema begeistern», gibt Link zu bedenken. Aus diesem Grund liegt der Fokus am zweiten Messetag auf den Besucherinnen. Classic Cars seien in der Schweiz nicht mit Pannen und dreckigen Fingern verbunden. Man müsse in diesem Punkt nicht nur das Image der Oldtimer korrigieren, sondern auch eine Hemmschwelle überwinden, erklärt Link. So kann sich jede Besucherin für eine Fahrt mit einem alten Auto anmelden. «Schlüssel in die Hand und losfahren», ist laut Link das Motto. Die Frauen dürfen die Autos dabei nur allein bewegen, ohne die Gefahr eines männlichen Beifahrers an ihrer Seite.

Schön aufgereiht lassen sich die Autos bestaunen.

Vielfalt auf vier Rädern. Bild: zVg

Der letzte Nachwuchs, um den man sich Sorgen machen könnte, sind die Automobile selbst. Finden sich demnächst auch Alltagsfahrzeuge wie etwa ein Golf III aus dem Jahr 1991 auf dem Messegelände? Der gelernte Kfz-Mechaniker Link ist sich nicht sicher. Mit dem Einzug der Elektronik in den Neunzigerjahren und der folgenden Digitalisierung der Automobile gibt es nicht nur immer weniger zum Schrauben für die Oldtimerszene, die Autos seien auch nicht zukunftstauglich, äussert sich Link. «Sie kriegen gewisse Autos dann nicht mehr zum Laufen. Einfach, weil es die passende Hardware und Software nicht mehr gibt.» Deshalb glaubt Link, dass sich die Classic-Car-Szene immer weiter von der normalen Mobilität abkapseln wird. Die Messe hat aber auch Platz für die Youngtimers, also Autos, die erst 20 Jahre alt sind, während ein Oldtimer mindestens 30 Jahre auf dem Buckel haben muss. Die Youngtimer-Szene sei aber bei weitem nicht so gross, erklärt Link.

600 PS verteilt auf 800 Kilogramm

Die Messe selbst möchte sich mit ihrem Angebot also aktiv um den Nachwuchs bemühen. Man möchte das Kulturgut Auto wirklich jedem nahebringen. Ausserdem fungiere die Messe selbst als ein Marktplatz: Angebot trifft Nachfrage. «Viele denken, dass Oldtimer ein elitäres Thema sind und nur die Reichen und Schönen sich das leisten können», sagt Link. Aber man würde in jeder Preisklasse ein passendes Auto finden, wenn man genug von 2D-Displays am Armaturenbrett hat.

Vier ältere Herren schauen sich ein rotes französisches Auto an.

Warum nicht mal ein Franzose? Bild: zVg

Zum Schluss verrät Link noch eines der Highlights der Messe. Für Fans von Motorsport und Zwölfzylindern findet sich der legendäre Porsche 917 in den Messehallen. Der historische Rennwagen gewann 1970 die 24 Stunden von Le Mans und ist eines der Autos, die man sonst nur selten zu Gesicht bekommt.

Der neue Messetermin im Oktober soll übrigens eine Ausnahme bleiben. Schon im nächsten Jahr möchte man wieder zurück zu dem angestammten Maitermin der Veranstaltung. Die Swiss Classic World 2022 ist für den 27. bis 29. Mai terminiert.

Weitere Informationen findest du auf www.swissclassicworld.ch.

Mehr Artikel wie diesen findest du hier.

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Als Redaktor schreibe ich Artikel für unsere Zeitungen und unsere Website, durchforste die sozialen Medien und fahre durch die Region, immer auf der Suche nach der nächsten Geschichte. Ausserhalb des Büros findet man mich meistens im Kino oder neben der Südkurve.
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