Kultur

Ein neuer Burgherr für Zug

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Die Ursprünge der Burg reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück. Bild: Regine Giesecke

Das Museum Burg Zug hat mit Walter Bersorger einen neuen Leiter. Der Zürcher Historiker spricht sich für einen aktiven gesellschaftlichen Diskurs im Museum aus. Mit der Betonung der Stärken der Burg möchte er Kultur zum Anfassen bieten.

Seit dem 1. Januar 2022 hat das Museum Burg Zug einen neuen Direktor. Der Historiker Walter Bersorger leitet seitdem die Geschicke der historischen Burg in der Zuger Altstadt. Die ersten Monate waren für den Zürcher «eine sehr intensive und lehrreiche Zeit», wie er im Gespräch in seinem neuen Büro an der Hofstrasse 15 erzählt.

Die Kennenlernphase des komplexen Museumsbetriebs sei noch nicht ganz abgeschlossen. Vom eigenen Team über die Verwaltung bis zu anderen Kulturinstitutionen gibt es viele Gespräche zu führen – echte Netzwerkarbeit im Kulturbetrieb. Bersorger leitete zuvor sieben Jahre lang das Ortsmuseum Horgen und baute in Kooperation mit dem Nationalmuseum ein Netzwerkprogramm zur Vermittlung der Kulturgeschichte im Kanton Zürich auf. Nach verschiedenen kleineren Projekten, eines davon zur Zuger Fotografie im Ersten Weltkrieg, ist die Leitung des Museums Burg Zug eine Rückkehr in den Kanton. «Der Kanton Zug bildet für mich auf überschaubarem Raum fast alles ab – die Welt im Kleinen», beschreibt Bersorger seinen neuen Arbeitsort.

Walter Bersorger

er Historiker Walter Bersorger (57) leitet die Geschicke im Museum Burg Zug. Bild: zvG

Die Burg in der Stadt

Das historische Gebäude der Burg mit seinen rund 26 nachgewiesenen Bauphasen vermittelt Geschichte am Schauplatz im besten Sinne des Wortes. Die zentrale Lage mitten in der Stadt und die wertige Sammlung von rund 50‘000 Objekten sprechen ebenfalls für das Museum. Mit ihren verwinkelten Räumen sei die Burg aber zugleich museologisch eine Herausforderung. Ob für Veranstaltungen wie Vernissagen oder in Sachen Barrierefreiheit. So wird schon mal der Burgbachsaal zum Ausweichort für grössere Events.

Bezogen auf seine Arbeit verweist Bersorger immer wieder auf sein Team und die ethischen Richtlinien für Museen. «Ein Museum bewahrt, zeigt und vermittelt», erklärt er. Aber man müsse mit den Kernaufgaben auch ein breites Publikum ansprechen und berühren. Es reicht also nicht, die eigene Sammlung zu pflegen: «Man muss auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Kulturerbe in der Gesellschaft wertgeschätzt wird.» Die Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Gruppen im regionalen Umfeld wie Schulklassen und zum Beispiel Akteure aus dem Tourismusbereich ist für ihn dabei essenziell.

«Ein gutes Museum steht transparent in einem gesellschaftlichen Diskurs. Wir dürfen uns nicht hinter unseren dicken Burgmauern verstecken», so Bersorger weiter. Die Vergangenheit müsse bei der Museumsarbeit immer wieder in den Kontext der Gegenwart und Zukunft gestellt werden und einen Diskurs ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist die aktuelle Sonderausstellung «BRAUN. VIEH. ZUCHT. Nix Natur, alles Kultur», welche noch bis am 4. Dezember im Museum Burg Zug zu sehen ist. Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Kuh als Nutztier, Symbol für die Schweiz und mögliche Klimakillerin. Und ermöglicht dem Museum einen Zugang zu weiteren Zielgruppen wie etwa Bauern und Landwirtschaftsverbänden.

Dauerausstellung Burg Zug

Wohnen im Barock. Ein Burgzimmer in der Dauerausstellung. Bild: Heike Witzgall

Ein historisches Objekt, noch dazu eines aus dem Alltag, wird so in einem neuen Licht betrachtet und kann den Diskurs über aktuelle und zukünftige Themen bereichern. «Wir Museumsmenschen sind nicht nur Vergangenheitsforscher, wir analysieren auch die Gegenwart und wagen den Blick in die Zukunft», so Bersorger. Man müsse schon heute überlegen, welche materiellen und immateriellen Kulturgüter in Zukunft relevant sein könnten – auch für die eigene Sammlung.

Ein volles Depot

Während Dauerausstellungen eher statisch sind und über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren laufen, können die Sonderausstellungen also leichter aktuelle Ereignisse aufgreifen. Und sie bieten die Chance, verborgene Schätze aus der Sammlung zu präsentieren, die sonst im Museumsdepot im Choller schlummern. Denn von den eigenen Objekten werden aktuell nur rund 1‘300 Stück in der Dauerausstellung gezeigt. Dies sind weniger als 3 Prozent der gesamten Sammlung.

Gleichzeitig kommen auch immer wieder neue Objekte hinzu. Ein Zuckergefäss aus Frankreich ist derzeit auf dem Weg nach Zug. Das Silbergefäss aus dem 18. Jahrhundert wandert allerdings zunächst ebenfalls in das Depot, bevor es vielleicht anlässlich einer Sonderausstellung seinen Platz im Museum findet. Bei solchen Zukäufen ist Bersorger auf externe Unterstützung angewiesen, da die Betriebsmittel des Museums dafür nicht ausreichen. Der Förderverein Freunde Burg Zug ist mit seinen 200 Mitgliederinnen eine der potenziellen Quellen dafür.

Aktuell sind Bersorger und sein Team bereits an der Planung der nächsten Sonderausstellung. Es ist nur eines von verschiedenen Projekten, die ihn zurzeit umtreiben. So begleitet er auch ein Projekt im Kloster Maria Opferung in Zug. Dabei soll ein Grossteil der Objekte im Kloster bewertet, inventarisiert und gegebenenfalls restauriert werden, um mittelfristig in die Sammlung des Museums Burg Zug zu wandern.

Digitaler Mehrwert

Erst vor Kurzem erhielt das Museum eine neue Website, welche eine Erweiterung des digitalen Angebots ermöglichte. Virtuelle Rundgänge, Videos und Informationen aus der aktuellen Sonderausstellung ergänzen nun das Programm vor Ort. «Das digitale Angebot ist sehr wichtig, nicht nur für jüngeres Publikum», erzählt Bersorger. Dabei dürfte dieses nicht einen Selbstzweck erfüllen. «Man muss sich immer die Frage nach dem Mehrwert stellen», so Bersorger weiter. Die Erstellung und vor allem Wartung eines Onlineangebots sei nicht gerade günstig. Vor allem, wenn es ein nachhaltiges Angebot sein soll, welches sich nicht bereits in wenigen Jahren in einen digitalen Friedhof verwandelt.

Sonderausstellung Burg Zug

Die BesucherInnen können in der Sonderausstellung auch die schönste Kuh wählen. Bild: Museum Burg Zug

«Was wir auf der Website bieten, soll einen Museumsbesuch nicht ersetzen», erklärt er. Mit den ausgestellten Objekten hat das Museum Burg Zug ein Alleinstellungsmerkmal, welches der Direktor auch in Zukunft erhalten möchte. Die mehrdimensionalen Gegenstände lassen sich mit verschiedenen Sinnen wahrnehmen – ein Gegenprogramm zum zweidimensionalen, digitalen Raum. «Eine rein digitale Ausstellung wäre nicht in unserem Sinn», so sein Fazit.

Die Pandemie im Hinterkopf

Auch wenn die Besucherzahlen im Museum Burg Zug wieder nach oben gehen, bleibt die Pandemie im Hinterkopf. «Es ist sehr schwierig, das postpandemische Verhalten unserer Besucherinnen abzuschätzen.» Die Nachfrage nach Kultur geschehe heute viel spontaner und die Verunsicherung sei nach wie vor vorhanden. Aber im Museum Burg Zug möchte man trotzdem schnellstmöglich wieder das vorpandemische Besucherniveau erreichen.

Dafür will man in diesem Jahr mit einer Variation von Veranstaltungen neue und alte Besucherinnen ansprechen. Jährliche Events wie der Schweizer Schlössertag oder die Zuger Kunstnacht sollen sich mit neuen Führungsformaten, einer Podiumsdiskussion und einem Bauernhofbesuch ergänzen. Bevor es im nächsten Jahr eine neue Sonderausstellung zur hauseigenen Sammlung geben soll. Bersorger will auch in Zukunft die Zuger und Zugerinnen mit seinem Museum ansprechen, berühren und bewegen. Mit dem Anspruch «die Vergangenheit nicht in einer Kapsel zu bewahren und unter der Käseglocke zu präsentieren».

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