Ein bienenfressender Eindringling soll gestoppt werden

Die Asiatische Hornisse lässt sich kaum aufhalten

Wie ihr Name bereits verrät, ist die Asiatische Hornisse nicht in unseren Breitengraden beheimatet. Trotzdem lässt sie sich immer öfters in der Schweiz blicken, zuletzt auch im Kanton Luzern. Dies bedeutet eine Gefahr für einheimische Bienen und andere Insekten, weswegen Behörden bitten, Sichtungen der invasiven Hornisse zu melden.

In der Schweiz wird das Thema der eingewanderten Pflanzen und Tiere, also der Neophyten und Neozoen, immer drängender. Eines der Sorgenkinder stellt die invasive Asiatische Hornisse dar. Diese lässt sich gar nicht so einfach von den lokalen Wespen unterscheiden, doch wer auf gewisse Merkmale achtet, erkennt mit etwas Übung den Eindringling. So ist die Asiatische Hornisse schwarz-gelb statt braun-gelb und fällt mit 1,5 bis 2,5 Zentimetern etwas kleiner aus als die einheimische Wespe.

Du hast eine Asiatische Hornisse erspäht? Melde die Sichtung unter www.asiatischehornisse.ch

Auch wenn sie bedrohlich aussieht, sticht die Asiatische Hornisse (lateinisch Vespa velutina) Menschen nicht öfter als eine gewöhnliche Honigbiene und ihr Gift bringt auch kein besonders hohes Risiko mit sich. Trotzdem bitten Behörden wie der Kanton Luzern, Sichtungen der Asiatischen Hornisse zu melden, damit ihre Ausbreitung gehemmt werden kann.

Eine geschickte Jägerin

Grund dafür ist, dass die Asiatische Hornisse in Europa als invasiv gilt, denn sie stört die lokale Fauna und bringt das Ökosystem somit (noch mehr) aus dem Gleichgewicht. «Das Problem ist, dass die Asiatische Hornisse hier keine natürlichen Feinde hat», sagt Mario Burri. Er ist Co-Präsident des Verbands Luzerner Imkervereine. «Entsprechend breitet sich die Hornisse schnell aus und jagt die hiesigen Insekten in grossen Mengen als Proteinquelle für ihre Brut.» Am liebsten knöpft sich die Asiatische Hornisse die hiesigen Honigbienen vor. Insbesondere im Spätsommer ist dies der Fall, wenn nicht mehr so viele Insekten durch die Lüfte fliegen.

Mario Burri hält eine grosse Bienenwabe in den Händen, hinter ihm steht ein Bienenhaus.

Mario Burri engagiert sich für die Interessen der Imkerinnen und Imker, sowie für die Bienen. Bild: zVg

Beim Jagen lauern die Hornissen ihrer Hauptbeute vor Bienenhäusern auf. Sie sind geschickte Flieger und können nicht nur an Ort und Stelle in der Luft schweben, sondern sogar rückwärts fliegen. Haben sie eine Biene erwischt, wird diese brutal zerstückelt. Nachdem sie den Vorder- und Hinterteil der Biene abgetrennt hat, krallt sich die Hornisse den mittleren Teil und bringt ihn ihrem Nachwuchs als eiweissreiches Futter. Die erwachsenen Hornissen ernähren sich hingegen von Ausscheidungen ihrer Larven und sobald diese ausgewachsen sind, setzen die Hornissen ausschliesslich auf Fruchtsäfte als Nahrungsquelle.

Für die Natur bedeutet es einen grossen Nachteil, wenn die Honigbiene plötzlich einen zusätzlichen natürlichen Feind hat. Die etwas kleineren Wildbienen sind vor der Asiatischen Hornisse nicht minder sicher, wobei genau ihr Überleben als fleissige und effiziente Bestäuber fürs Aufrechterhalten eines gesunden Ökosystems kaum wegzudenken ist. «Früher oder später wird die Ausbreitung der invasiven Hornisse mit Sicherheit zu einer Abnahme der einheimischen Bestäubungsqualität führen», sagt der Bio-Imker. «Zudem wurden in anderen Ländern bereits von der Hornisse angerichtete Frassschäden an Obst und Trauben festgestellt, was Verluste in der Landwirtschaft bedeutet.»

Eindämmung statt Ausrottung

Grund für die Ausbreitung der Hornisse ist nicht nur die Tatsache, dass sie 2004 von Handelsschiffen nach Europa eingeschleppt wurde, sondern auch der voranschreitende Klimawandel. Wegen der steigenden Temperaturen fühlt sich das Insekt seit seiner ersten Sichtung 2017 in der Schweiz immer wohler und könnte sich noch mehr hier einnisten, wenn nicht Gegensteuer gegeben wird. Im Kanton Luzern wurde die invasive Hornisse im Herbst 2023 zum ersten Mal gesichtet. Seitdem und bis Ende 2024 wurden insgesamt 50 Sichtungen von einzelnen Hornissen sowie von zwei Nestern auf der Webseite der Schweizer Meldeplattform für die Asiatische Hornisse gemeldet.

Ein Nest der Asiatischen Hornisse an einem Ast.

Das Nest der Asiatischen Hornisse wird von seinen Bewohnerinnen bewacht und verteidigt. Bild: StockPhotoAstur / Depositphotos

Die Behörden sprechen davon, die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse verlangsamen zu wollen, denn auf Dauer könne sie nicht aufgehalten werden. «Die Ausbreitung der fliegenden Insekten erfolgt sehr schnell und wäre nur mit sehr grossem personellen und finanziellen Aufwand möglich», erklärt Mario Burri, «entsprechend ist eine Eindämmung der Hornisse zielführender als eine Ausrottung.» Dies lässt sich am besten durch die Entfernung von Nestern erreichen, welche sich im Frühling gut an den noch meist kahlen Bäumen erkennen lassen. Charakteristisch für die Nester sind ihre graue Farbe und birnenähnliche Form, mit seitlichem Eingang für ihre Bewohnerschaft.

Harmonische Koexistenz als Ziel

Bei der Bekämpfung invasiver Organismen kommt die Luzerner Neobiota-Strategie zum Zug, die im Oktober 2023 eingeführt wurde. Diese beschreibt den Umgang mit eingeschleppter Flora und Fauna, welche der lokalen Umwelt schadet und sie aus dem Gleichgewicht bringt. Auch in der Neobiota-Strategie wird anerkannt, dass eine Ausrottung von schädlichen invasiven Pflanzen und Tieren auf Kantonsgebiet nicht realistisch ist. Mit dem voranschreitenden Klimawandel und dem ausgeprägten Reiseverhalten, auch in ferne Länder, geht eine Veränderung der Flora und Fauna einher. Deswegen wird gemäss der Strategie eine möglichst harmonische Koexistenz mit gebietsfremden Arten angestrebt, basierend auf der Prävention von unangenehmen Situationen.

Die Prävention verlangt rasches Handeln vor allem seitens der Behörden, sobald unerwünschte invasive Pflanzen und Tiere beobachtet werden, wie in der Neobiota-Strategie festgehalten ist. Dabei ist auch die Bevölkerung gefragt, denn sie kann mit Meldungen eine frühzeitige Erkennung von relevanten Disharmonien in Flora und Fauna möglich machen.

Auf Nestsuche

Um die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse zu hemmen, müssen ihre Nester gefunden und gemeldet werden. Damit dies gelingt, organisiert der Kanton Luzern gemeinsam mit weiteren Kantonen im Mai eine Schulung für Interessierte. Diese ist freilich bereits ausgebucht, was das Interesse an der Nestsuche mittels der Methoden der Triangulation und Telemetrie unterstreicht.

Eine Hälfte eines Nests der Asiatischen Hornisse liegt auf dem Boden.

Die Hornissen jagen Honigbienen, um ihre Brut, die im Nest auf Futter wartet, zu ernähren. Bild: PlazacCameraman / Depositphotos

Bei der Triangulation wird der Flug einer Hornisse beobachtet, damit das Gebiet, auf dem ihr Nest sein könnte, möglichst eingegrenzt werden kann. «Dafür werden mindestens zwei Beobachtungspunkte der Hornisse definiert und ihre Flugrichtung beobachtet», erklärt Burri die unkomplizierte und kostengünstige Methode. Sobald die Punkte und Flugrichtungen auf einer Karte eingezeichnet sind, ergibt sich ein Schnittpunkt. «Mit einem Lockstoff werden die Hornissen dann an den Beobachtungspunkt zurückgelockt und anhand der Zeit, welche bis zur Rückkehr der Insekten verstreicht, lässt sich der Schnittpunkt genauer definieren und das Gebiet, wo sich das Nest befinden sollte, noch mehr eingrenzen.»

Bei der Telemetrie – oder genauer gesagt, der Radiotelemetrie – wird der Flug von mit kleinen Sendern versehenen Hornissen verfolgt. Dazu sagt Burri: «Die Hornissen zu fangen und die Sender an ihnen zu befestigen, erfordert Übung, dafür lässt sich das Nest mit dem Empfangsgerät sehr präzise orten.» Diese zuverlässige, doch herausfordernde Methode ist nicht ganz kostengünstig. «Egal, für welche Methode man sich entscheidet, es ist nicht zu unterschätzen, wie aggressiv Asiatische Hornissen ihr Nest verteidigen und dabei nicht nur stechen, sondern den vermeintlichen Angreifern auch Gift ins Gesicht spritzen können», warnt der Bio-Imker.

Wird ein Nest entdeckt, gibt die kantonale Fachstelle Neobiota dessen Entfernung in Auftrag. «Das eine Nest, welches Ende letztes Jahr in Luzern gefunden wurde, wurde vergiftet und einige Tage später von einem Baumkletterer entfernt», erklärt Burri. Am zielführendsten sei aber, die Primärnester im Frühjahr zu entfernen, da diese eher siedlungsnah und in erreichbarer Höhe angesiedelt sind.

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