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Roboterbienen für unsere Äpfel und Tomaten?

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Sollen solche künstlichen Bestäuber bald auf unseren Gemüsefeldern herumfliegen? Bild: Wyss Institute at Harvard University

Das Insektensterben hat mittlerweile derart dramatische Ausmasse angenommen, dass Forscher eine künstliche Alternative für die Krabbeltierchen entwickeln – die Roboterbiene. Diese soll je nach Modell auf unterschiedliche Aufgaben der lebendigen Biene spezialisiert sein und unter anderem Blüten bestäuben, Schädlinge aufspüren und die Gesundheit der Pflanzen beobachten.

Das gesamte Leben auf der Erde hängt von der Existenz und Arbeit der Insekten ab. Existierten sie nicht, gäbe es zu wenig Futter für Fische, Reptilien, Säugetiere, sowie weniger Früchte und Gemüse und somit auch nicht genug Nahrungsmittel für den Menschen. Als Bestäuber sind Insekten unersetzlich – oder etwa doch nicht?

Wissenschaftlerinnen suchen bereits seit Jahrzehnten nach einer Lösung für das Insektensterben. Währenddessen sinkt die Anzahl der Insekten weiterhin mit jedem Jahr. Einer der Hauptgründe dafür ist die moderne Landwirtschaft, welche die Biodiversität der Pflanzen verringert und den Lebensraum der Insekten stark einschränkt. Ironischerweise zeigen sich die Auswirkungen des Insektensterbens am augenscheinlichsten eben in der Landwirtschaft, indem es weniger Bestäuber gibt, womit die Ernte immer karger ausfällt. Das Insektensterben hat inzwischen ein solches Ausmass erreicht, dass Wissenschaftler einen Einbruch von bis zu drei Vierteln der pflanzenbasierten Lebensmittel erwarten. Zahlreiche Gemüse und Früchte wie Tomaten und Äpfel als auch Nussarten wie Mandeln könnten komplett aus den Supermarktregalen verschwinden. Eine Möglichkeit, wie man die bestäubenden Insekten unterstützen könnte, wenn nicht ganz ersetzen, ist der Einsatz einer Roboterbiene.

Die Bienen nachahmen

Bereits seit Anfang der Nullerjahre entwickeln ForscherInnen verschiedene Modelle der Roboterbiene. Bis eins davon für den Einsatz bereit ist, gibt es jedoch noch einige Hürden zu überwinden. Die Modelle der Roboterbiene zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Funktionen der kleinen Tierchen übernehmen sollen. Die wohl wichtigste Aufgabe der Maschinen ist das Bestäuben von Blüten, obwohl es noch kein Modell gibt, das das kann. Weiter sollen die Roboterbienen ein Bienenvolk unterstützen, indem sie zum Beispiel nach Futter für die Bienenkönigin suchen.

Biene auf Blume

Da die Zahl der Bestäuberinsekten stetig sinkt, müssen womöglich Alternativen für die fleissigen Tiere her. Bild: Ale-ks / Depositphotos

Roboterbienen machen sich auch dadurch nützlich, indem sie Pflanzen beobachten. Die Roboter können zum Beispiel signalisieren, wenn Pflanzen von einem Schädling angegriffen werden und eine grössere Dosis an Pestiziden gebrauchen können. In diesem Sinne kann auch die Forschung von den künstlichen Bienen profitieren, wenn diese mit kleinen Kameras Aufnahmen und Beobachtungen von Pflanzen, Tieren und anderen Insekten aus nächster Nähe machen.

Bienen sind zwar die bekanntesten, jedoch nicht die einzigen Bestäuberinsekten. Auch Wespen, Hummeln, Schmetterlinge und Käfer erbringen ihren Beitrag zur Bestäubung von 88 Prozent der Blütenpflanzen. Wildbienen bleiben jedoch die fleissigsten und effizientesten Bestäuber – pro Tag bestäubt ein Bienenvolk mehrere Millionen Blüten. Bis Roboter diese Aufgabe übernehmen könnten, wird es noch dauern. Schliesslich bringt die Entwicklung der Roboterbienen zahlreiche Tücken mit sich.

Was die Roboterbiene ausmacht

Um die perfekte künstliche Biene zu entwerfen, gilt es für die ForscherInnen, einige Faktoren zu beachten. Die Roboterbiene sollte in erster Linie fliegen können. Das bedeutet, dass ihr Körper klein und leicht genug sein muss, damit er von ihren feinen Flügeln getragen werden kann. Weiter sollte sie stabil genug fliegen können, um nicht bereits durch die leichtesten Windstösse von ihrem Kurs abgebracht zu werden. Ebenfalls sollte die Roboterbiene eine Nutzlast tragen können. Diese kann zum Beispiel aus einer Kamera oder Sensoren bestehen.

Mittlerweile haben Forscherteams bereits mehrere Modelle von Roboterbienen entworfen und arbeiten an zahlreichen verschiedenen Projekten. Besonders erwähnenswert ist die Robobee des Wyss Institutes und der Harvard School of Engineering and Applied Sciences. Diese Roboterbiene ist eine der ausgereiftesten und soll in Zukunft primär zur Bestäubung dienen. Sie ist lediglich eine halbe Büroklammer gross und wiegt etwa 90 Milligramm. Mit seinen künstlichen Muskeln kann dieses Modell auf die Windverhältnisse reagieren und die Flügel so positionieren, dass der Kurs möglichst beibehalten wird. Die Muskeln bestehen aus Keramikstreifen, die sich zusammenziehen, wenn elektrischer Strom über sie fliesst.

Wyss Institute, Harvard

Hinter der Glasfassade des Wyss Institute grübeln Forschende, wie die Robobee optimiert werden könnte. Bild: Facebook Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering at Harvard

Um das Gewicht der Roboterbiene auf ein Minimum zu reduzieren, mussten die ForscherInnen eine Möglichkeit finden, die Maschine ohne Rotationsmotoren, Getriebe, Schrauben und Muttern zu bauen. Das Ergebnis ist ein Korpus aus dünnen Metallblättern, die wie Origami gefaltet und zusammengeleimt werden.

Dieses Modell wird aktuell weiter ausgearbeitet, kann jedoch noch nicht bestäuben. Ausserdem soll diese Biene künftig über eine gewisse Schwarmintelligenz verfügen, sodass die einzelnen Roboter Informationen austauschen können.

Was noch verbessert werden kann

Es stellt sich die Frage, wie die Roboter als Bienen getarnt werden können. Die Tarnung gestaltet sich nicht einfach, da ihr Roboterkörper vom groben Körperbau abgesehen wenig mit einer echten Biene gemeinsam hat. Noch haben WissenschaftlerInnen keine zufriedenstellende Lösung dafür gefunden. Dabei ist jedoch genau die Tarnung ausschlaggebend dafür, dass Roboterbienen von den echten Bienen nicht verjagt oder im Bienenstock zugewachst werden.

Robobee auf Finger

Mit ihren künstlichen Muskeln aus Keramik bleibt die Roboterbiene federleicht. Bild: Wyss Institute at Harvard University

Eine weitere Herausforderung beim Entwickeln einer Roboterbiene besteht darin, dass diese in der Regel lediglich über eine kurze Reichweite verfügen. Auch tendieren ihre Akkus dazu, zu schwer zu sein – ausser, sie können sich wie die Robobee durch Sonnenenergie antreiben lassen. Damit verbunden ist der Nachteil, dass sie die Umwelt verschmutzen, wenn sie abstürzen und verloren gehen.

Mehr Science-Fiction als plausible Lösung?

Die bislang entwickelten Modelle von Roboterbienen sind noch nicht für den Einsatz geeignet. Auch wird in der Forschung generell geschätzt, dass sie die echten Insekten wohl nicht ersetzen werden. So seien die Kosten für die Produktion und Erhaltung von Roboterbienen zu hoch, als dass sich deren flächendeckender Einsatz lohnen würde.

Kommt hinzu, dass global grosser Schaden verursacht werden kann, sollte sich die Menschheit auf Roboterbienen verlassen, was die Bestäubung anbelangt. WissenschaftlerInnen erinnern in diesem Zusammenhang daran, wie wichtig Biodiversität ist und wie sie eingeschränkt würde, sollte die Landwirtschaft auf künstliche Bestäuber setzen. Je mehr Roboterbienen eingesetzt würden, desto mehr würde deren Produktion der Umwelt schaden und lebendige Insekten im schlimmsten Fall von landwirtschaftlichen Feldern vertreiben. Entsprechend lohnt es sich umso mehr, auf die natürlichen Bestäuberinsekten zu setzen und sie möglichst zu unterstützen.

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Wenn ich nicht gerade an einem Artikel für FonTimes schreibe, kann man mich beim Lesen, Zeichnen und natürlich beim Yoga erwischen. Als gelernte Übersetzerin begeistere ich mich für Sprachen und bin immer für eine Tasse Tee zu haben.
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