Eine Nacht, eine Stadt, unzählige offene Kulturhäuser

Die lange Nacht der Zürcher Museen

Hereinspaziert zu später Stunde für Die lange Nacht der Zürcher Museen kommenden Samstag. Nicht nur dürfen sich Interessierte auf unzählige Veranstaltungen in den Kulturhäusern freuen, sondern anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums der Langen Nacht auch auf ein zusätzliches Goodie.

Bitte wachbleiben! Am Samstag, 6. September, wird zur Langen Nacht der Zürcher Museen geladen. Diese dauert von 18 bis 2 Uhr und umfasst dabei über 50 Kulturinstitutionen in der Limmatstadt, die ihre Türen zu später Stunde öffnen. Die Besucherschaft darf sich dabei auf eine grosse thematische Vielfalt freuen, gibt es doch Werke und Angebote aus den Bereichen Kunst, Architektur/Design/Gestaltung, Kulturgeschichte, aussereuropäische Kulturen, Naturwissenschaft/Medizin, Pflanzen und Tiere zu entdecken.

Ab 18 Uhr wird in den Zürcher Museen also ein reichhaltiges kulturelles Buffet geboten, das Hunderte von Veranstaltungen umfasst. So beispielsweise in der Wasserkirche, wo von 18 bis 19 Uhr die Basler Künstlerin Anna Rudolf in ihrer grossformatigen Zeichnungsinstallation «How to escape» einen Bildraum erschafft, der rätselhaft und fragil ist: Eigensinnige Wesen, im Dazwischen, irgendwo zwischen Mensch, Tier und Traumgestalt. Wesen, die im Kontext der Wasserkirche wie Passagiere der Arche wirken. BesucherInnen können Anna Rudolf beim Zeichnen über die Schulter schauen.

Nicht nur zum Zuschauen

Immer wieder können die Besuchenden auch gleich selbst aktiv werden. Unter anderem von 18 bis 22 Uhr im Strauhof, wo im offenen Atelier Zeichnungen zum Schutz gegen die «Unsicherheit des Daseins» kreiert werden können. Inspiration dafür liefert die Dichterin Friederike Mayröcker, die auch gezeichnet hat: Ihre witzigen «Schutzgeister» sind kleine Helfer im Alltag wie fürs Leben, zum Beispiel der mit dem Kugelschreiber hingekritzelte Geist Nr. 16 «gegen Nasenbluten, Knochenbrücke und die Taubheit der Welt».

Für die ganze Familie ist auch das Angebot des Nordamerika Native Museum, kurz NONAM. Dort erwartet grosse und kleine Archäologie-Fans von 18 bis 21 Uhr ein virtueller Ausflug mit VR-Brille, um in die Welt der Unterwasserarchäologie und Pfahlbauten einzutauchen. Repliken und Originalfunde erzählen dabei vom Leben der Menschen in der Steinzeit, archäologische Taucher von der Arbeit unter Wasser. Mit der VR-Brille lassen sich die Überreste der Pfahlbauten unter Wasser und das rekonstruierte Pfahlbaudorf Zürich Parkhaus Opéra in 3D erleben.

Blick auf das Landesmuseum an der Langen Nacht der Zürcher Museen

Das Landesmuseum gehört ist fixer Bestandteil der Langen Nacht. Bild: Nici Jost

In zahlreichen Museen finden Führungen statt, die mehrmals durchgeführt werden, wie zum Beispiel die Mini Graffiti-Tour auf Naegelis Spuren im Musée Visionnaire, die um 18 zum ersten und um 21 Uhr zum finalen Mal stattfindet und jeweils eine halbe Stunde dauert. Dabei dreht sich alles um die Sprayfiguren von Harald Naegeli. Diese verstecken sich in Innenhöfen und hinter Hauseingängen, manchmal springen sie einem aber auch direkt ins Auge. Seit den 1970er-Jahren ist der Zürcher immer wieder mit der Spraydose unterwegs – was ihm neben jeder Menge Ärger auch viel Bewunderung eingebracht hat. Bis heute scheiden sich die Geister bei der Frage, ob das jetzt Kunst ist – oder nicht doch lieber mit dem Hochdruckreiniger weggespritzt, mit grauem Putz übertüncht werden sollte. Deswegen ist auch jeder Naegeli-Spaziergang durch die Stadt eine Überraschung: Sind die Graffiti des «Sprayers von Zürich» noch da, wurden sie weggewischt – oder sind gar neue hinzugekommen?

Flora und Fauna im urbanen Raum

Neben den Veranstaltungen dürfen sich die Besuchenden auch auf zahlreiche Ausstellungen freuen, die zu später Stunde erkundet werden können, die meisten von 18 bis 1 oder 2 Uhr. Darunter befindet sich das Museum Haus Konstruktiv, wo mit der Ausstellung «Wir sind hier!» der Umzug ins Löwenbräukunst-Areal gefeiert wird. Gezeigt werden Highlights und Neuzugänge der Sammlung, die rund 1000 Werke umfasst – von den Zürcher Konkreten bis zu zeitgenössischen Positionen. Die Ausstellung lädt dazu ein, bekannte Werke neu zu entdecken und selten gezeigte Arbeiten kennenzulernen – und reflektiert die Vielfalt konkreter, konstruktiver und konzeptueller Kunst.

In der Stadtgärtnerei, Zentrum für Pflanzen und Bildung, steht die Natur im urbanen Raum im Mittelpunkt. Denn ob Libelle, Igel oder Distelfink – zahlreiche Tierarten leben mitten in der Stadt. Auch Wildpflanzen wie Wiesensalbei oder Wildrosen finden hier ihre Nischen. Doch ihre Lebensräume sind bedroht. In der Ausstellung «Vernetzte Natur – Lebenswerte Stadt» erfährt die Besucherschaft, wie wertvolle Orte für die Natur erhalten, neu geschaffen und vernetzt werden. Mit einer Hummel als «Stadtführerin» und an interaktiv gestalteten Stationen entdeckt man im Ausstellungsraum städtische Lebensräume. Diese lassen sich zudem in der Stadtgärtnerei im Freien erkunden.

Blick in das Museum für Gestaltung mit Besuchenden an der Langen Nacht der Zürcher Museen

Zu später Stunde ist die Atmosphäre in den Museen eine ganz besondere. Bild: Nici Jost

Auch das ZAZ BELLERIVE Zentrum Architektur Zürich ist Teil der Langen Nacht der Zürcher Museen: Was ist etwas wert – und für wen? Diese Frage steht im Zentrum der Ausstellung «Von Pflege, Wert und Denkmal: For What It’s Worth». Die Ausstellung richtet den Blick auf gebaute Substanz, Material und Erinnerungskultur, und fragt, wie wir als Gesellschaft mit dem umgehen, was schon da ist. Zwischen Denkmalschutz, Rückbau, Wiederverwendung und Repräsentation entfaltet sich ein Feld der Aushandlungen: Was bleibt bestehen – und wer entscheidet darüber?

Die Ausstellung erforscht Denkmalpflege als Praxis des Sorgetragens, die schützt, bewahrt, überliefert – und damit inmitten aktueller gesellschaftlicher, ökologischer und politischer Debatten steht. Sorgetragen meint hier nicht nur das materielle Erhalten und Reparieren, sondern auch das soziale Weitergeben und das kulturelle Sichtbarmachen. Es steht für eine Haltung der Verantwortung gegenüber dem Bestehenden – sei es ein Bauteil, Material oder Geschichte. Das Projekt wurde gemeinsam mit diversen AkteurInnen der Baukultur und zivilgesellschaftlichen Organisationen entwickelt. Zum 50. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahrs zeigt es anhand historischer Bauteile, künstlerischer Arbeiten, Spolien und Fallstudien, was Denkmalpflege heute leisten kann – und welche Bündnisse sie dafür braucht.

Das gesamte Programm der Ausstellungen und Veranstaltungen der Langen Nacht der Zürcher Museen findet sich online.

Kultur und Kulinarik miteinander verbinden

Eine solche lange Nacht kann hungrig und durstig machen, weswegen auch für das leibliche Wohl gesorgt ist. In vielen der teilnehmenden Kulturhäuser wird ab 18 Uhr Essen und Getränke angeboten, teilweise bis zum Ende der Veranstaltung um 2 Uhr. Darunter befindet sich das Bistro Loi, das im Migros Museum für Gegenwartskunst vegetarische und vegane Menüs wie veganes Hamshuka und vegane Luya Nuggets serviert. Im Kunsthaus Zürich kann man derweil dank Moudi «The Art of Mezze» geniessen: von cremigem Hummus und knusprigen Falafel bis hin zu frischem Taboulé und würzigen Kibbeh. Wer es nach dem Essen nach einem Drink dürstet, ist zum Beispiel im Museum Rietberg bestens aufgehoben. Dort wird die Turicum Distillery nach dem grossen Anklang im letzten Jahr auch heuer wieder mit ihrer mobilen Bar an der Langen Nacht vertreten sein. Live vor Ort mixen Barkeeper erlesene Cocktails mit Zürcher Spirituosen – klassisch, kreativ oder alkoholfrei.

Blick auf den Strauhof an der Langen Nacht der Zürcher Museen

Der Strauhof ist auch in diesem Jahr wieder mit von der Partie. Bild: Nici Jost

Natürlich muss man sich zwischen den verschiedenen Museen irgendwie hin- und herbewegen können, um möglichst viel von der Langen Nacht der Zürcher Museen zu haben. Für die nötige Mobilität gibt es gleich mehrere Optionen. So kann man sich mit einem Lange-Nacht-Ticket an diesem Tag zwischen 18 und 22 Uhr bei der Velostation von «Züri rollt» am Europaplatz kostenlos ein Fahrrad ausleihen. Die Velos dürfen unter Vorweisen des Tickets zudem bis am Folgetag um 14 Uhr ohne Entrichtung der üblichen Verspätungsgebühr benutzt werden.

Weiter wird es einen Shuttle-Service auf Wasser geben mit dem MS Sentosa, welches die teilnehmenden Museen rund ums Seebecken verbindet. Das Schiff verkehrt stündlich ab Bürkliplatz, Steg 6 der Limmatschifffahrt. Der Fahrpreis ist im Ticket inbegriffen. Die Platzzahl ist beschränkt und es können keine Fahrräder transportiert werden. Nicht zuletzt werden sechs VBZ Museums-Shuttlelinien unterwegs sein und das Tram-Museum Zürich schickt das Museumstram und seinen Oldtimer-Bus los. Der aktuelle Linienplan der Museums-Shuttlelinien M1 bis M6, des Museumstrams sowie -bus kombiniert mit einer Liste aller teilnehmenden Museen gibt es online zum Download.

Ein Gratisticket zum Jubiläum

Organisiert wird die Lange Nacht der Zürcher Museen vom Verein Zürcher Museen. Dieser vertritt die Interessen der mitwirkenden Zürcher Museen nach aussen. Angeschlossen sind «professionell geführte Museen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, regelmässige Öffnungszeiten haben und einen relevanten Kulturbeitrag leisten».

Für die BesucherInnen wartet anlässlich des Jubiläums ein weiteres «Zückerli», denn seit mittlerweile 25 Jahren lädt die Lange Nacht dazu ein, Zürichs Museumslandschaft zu entdecken. Als Dankeschön offerieren die Organisatoren einen zusätzlichen Museumseintritt. Der Eintrittsbändel für die Lange Nacht fungiert dabei als Gratisticket. Einlösbar ist dieser (auch in aufgeschnittener Form) vom 7. bis 30. September 2025 in einem der folgenden Museen: Altstadtkirche (Turm Grossmünster/Fraumünster) / Cabaret Voltaire / FIFA Museum / Heimatschutzzentrum in der Villa Patumbah / KULTURAMA Museum des Menschen / Kunsthaus Zürich / Landesmuseum Zürich / Mühlerama / Musée Visionnaire / Museum für Gestaltung Zürich / Museum Haus Konstruktiv / Museum Rietberg / NONAM / Pavillon Le Corbusier / Schweizer Finanzmuseum / Tram-Museum Zürich / Uhrenmuseum Beyer / Wildnispark Zürich / ZAZ BELLERIVE Zentrum Architektur Zürich / Zunftstadt Zürich. Das Jubiläumsgeschenk kann nur gegen Abgabe des Eintrittsbändels eingelöst werden und setzt daher den Besuch der Langen Nacht voraus.

Blick auf einen VBZ Shuttle-Bus an der Langen Nacht der Zürcher Museen

Die M5 ist eine der sechs Shuttle-Linien. Bild: Facebook Zürcher Museen

Tickets für die Lange Nacht können online bezogen werden, wobei dies den Vorteil mit sich bringt, dass das integrierte ÖV-Ticket am Veranstaltungstag bereits tagsüber genutzt werden kann (VBZ Zone 110 / Stadt Zürich, 2. Klasse). Denn das Ticket vereint die Eintritte in die Museen mit der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel und den beschriebenen veranstaltungsspezifischen Transportangeboten. Alternativ gibt es einen Vorverkauf in der Tourist Information im Zürich HB, im ZVV-Contact Zürich HB, in den VBZ-Beratungsstellen sowie in mehreren Museen. Im Normalpreis kosten die Tickets 25 Franken, reduziert 17.50 Franken und für unter 17-Jährige ist der Eintritt kostenlos.

Während der Langen Nacht können Tickets weiterhin online und an den Infoständen (bis mind. 22 Uhr), in der Tourist Information im Zürich HB (bis 21 Uhr) und in mehreren Museen erworben werden. Im ersten besuchten Museum wird das Ticket (auf dem Smartphone oder als Print-at-home) geprüft und durch einen Bändel eingetauscht, der für den Rest der Veranstaltung als Ticket dient. Der Schweizer Museumspass, Jahreskarten der Museen, von VMS oder ICOM, AHV- oder Studierendenausweise etc. sind nicht gültig. Zudem können keine Einzeleintritte (in ein ausgewähltes Museum) gelöst werden.

Einen Kommentar hinterlassen