Luzern als A-cappella-Hochburg

Festival Voxpop findet zum vierten Mal statt

Das Hotel Schweizerhof in Luzern avanciert kommendes Wochenende zum Schauplatz grosser A-cappella-Kunst, wenn das Vocal Festival Voxpop über die Bühne geht. Mit dabei ist unter anderem eine A-cappella-Gruppe, die bereits vor über 40 Jahren für Schlagzeilen sorgte.

Das Voxpop geht in Runde 4. Nach seiner Premiere 2022 hat sich das Vocal Festival längst etabliert und findet am Wochenende vom 10. bis 12. Oktober nun also zum vierten Mal im Zeugheersaal des Hotels Schweizerhof Luzern statt. Das A-cappella-Festival der Zentralschweiz präsentiert auch heuer wieder ein hochstehendes Line-up, das am Freitag zwei Bands umfasst.

Die britische A-cappella-Gruppe The Flying Pickets gibt es bereits seit 1982, gegründet aus Mitgliedern des sozialkritischen Theaterensembles 7:84, das sich mit den Bergarbeiterstreiks in Grossbritannien beschäftigte. Ihr Name bezieht sich auf die mobilen Streikposten («flying pickets»), mit denen sie politische Solidarität zeigen wollten und die sozialistischen Wurzeln der Gruppe reflektieren.

Bandfoto von The Flying Pickets

The Flying Pickets. Bild: zVg

Bekannt wurden sie 1983 mit der Coverversion des Yazoo-Songs «Only You», die fünf Wochen lang die britischen Singlecharts anführte und europaweit zum Hit wurde. Die Band kombinierte dabei Popmusik mit A-cappella-Gesang. Musikalisch zeichnen sich The Flying Pickets durch rein gesangliche Darbietung aus, ohne Instrumente, und ihr Repertoire besteht meist aus Coverversionen von Pop- und Rockklassikern sowie einigen eigenen Stücken. Politisch engagierten sie sich insbesondere während des Bergarbeiterstreiks 1984, unterstützten diesen mit Benefizkonzerten und zeigten ihre solidarische Haltung deutlich.

Bekannt aus Funk und Fernsehen

Der zweite Act am Freitag sind Mixed Flames aus Zürich. Die Girlgroup steht für Diversität und mehrstimmigen Gesang. Das Quintett singt soulig und jazzig arrangierte Pop-Songs, wobei der musikalische Fokus auf eigenen Songs liegt, die Emotionen und die Vielfalt als grosses Geschenk thematisieren. Mixed Flames erreichten 2023 bei der Castingshow «Stadt Land Talent» den dritten Platz, was ihnen einen grösseren Bekanntheitsgrad verschaffte. Ihre erste EP «On A Journey» erschien 2024 und zeichnet sich durch emotionale Vielseitigkeit aus, wobei fünf Songs fünf unterschiedliche Gefühle symbolisieren.

Bandfoto von Mixed Flames

Mixed Flames. Bild: zVg

Am Samstag steht zudem ein Heimspiel für Vocabular an. Die Luzerner A-cappella-Popband wurde 2008 von sechs ehemaligen Mitgliedern der Luzerner Sängerknaben gegründet. Vocabular sind bekannt für eigene, oft humorvolle Mundart-Songs sowie Medleys bekannter Popsongs und treten hauptsächlich in der deutschsprachigen Schweiz und im nahen Ausland auf. Ihre Musik verbindet kunstvollen A-cappella-Gesang mit aktuellen Themen, wobei sich die Songs mit Alltag, Beziehungen und gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen.

2017 erregten Vocabular nationales Aufsehen mit dem Parodie-Song «Bachelor», der die gleichnamige TV-Show aufs Korn nimmt. Ihr Debütalbum «KnackAppella» erschien 2018, und das zweite Album «No 1» (2022) erreichte die Top 10 der Schweizer Albumcharts. Musikalisch experimentiert die Band seit einiger Zeit mit neuen Klangwelten, wie auf der EP «Gleitflug» (2023) zu hören ist, und verbindet A-cappella mit Reggaeton-Elementen, Latin-Vibes und melancholischem Pop.

Das Publikum wird baff sein

Schliesslich werden am Samstag auf der Schweizerhof-Bühne Baff! stehen. Die deutsche A-cappella-Popgruppe hat ihren Ursprung 2013 als Strassenmusik-Ensemble in Lübeck. Nach ersten Auftritten entwickelte sich die Gruppe rasch weiter und begann, eigene deutschsprachige Popsongs sowie Arrangements bekannter Stücke zu schreiben und Bühnenshows vor grossem Publikum zu gestalten. 2015 erschien ihr Debütalbum «Niemand anders», gefolgt von weiteren Wettbewerbs- und Festivalteilnahmen, die der Band zahlreiche Preise und Anerkennung einbrachten.

Bandfoto von Baff!

Baff! Bild: zVg

Musikalisch zeichnen sich Baff! durch vielschichtige, moderne A-cappella-Arrangements, persönliche Texte und eine spielfreudige Bühnenpräsenz aus. Die Band wechselte über die Jahre mehrfach die Besetzung, bleibt aber ihrer Linie treu: deutscher Pop mit eigenem Charakter und kreativem Vocal-Design. So gewann sie 2019 beim internationalen Wettbewerb vokal.total in Graz Gold- und Publikumspreise in den Kategorien Pop und Jazz und wurde auch für internationale A-cappella-Awards nominiert. Heute konzentriert sich die Band weiterhin auf eigene Songs und eine Karriere als Singer/Songwriter-Formation.

Ein Multitalent

Den Samstag komplettiert der französische Musiker Robin Cavaillès. Der Beatboxer, Sänger, Komponist und Multiinstrumentalist aus Le Mans begann seine musikalische Laufbahn autodidaktisch am Klavier, später lernte er Gitarre und Schlagzeug, bevor er sich mit 18 Jahren dem Beatboxen zuwandte. Cavaillès ist international als versierter Loopstation-Künstler anerkannt – er gewann 2017 die französische Beatbox-Meisterschaft in der Kategorie Loopstation und wurde 2023 Weltmeister im gleichen Genre.

Portrait von Robin Cavaillès

Robin Cavaillès. Bild: zVg

Mit seinen Solo-Performances verbindet Cavaillès Beatbox, Gesang und Instrumente live zu komplexen, mehrschichtigen Klangbildern, die von Pop über Elektro bis zu World Music reichen. Seine Musik ist experimentell, rhythmisch präzise und zeichnet sich durch grosse Kreativität im Umgang mit der Loopstation aus. Neben Wettbewerbsauftritten zeigt er auch Bühnenprogramme wie «La Boucle est bouclée». Cavaillès’ Ansatz ist auch pädagogisch geprägt: Er engagiert sich in Workshops und vermittelt den Spass an Musik und Rhythmus, insbesondere in der Arbeit mit jungen Menschen.

Von Berlin nach Luzern

Am Sonntag stehen dann zwei reine Männer-Formationen auf der Bühne. Die A-cappella-Band Pagare Insieme stammt aus der Region Sursee, deren Mitglieder sich nach der Matura zusammenfanden. Seit inzwischen rund 25 Jahren besteht die Band aus drei Gründungsmitgliedern und zwei festen Zuzügern.

Bandfoto von Pagare Insieme im Spiegel

Pagare Insieme. Bild: zVg

Der musikalische Werdegang begann mit Coverversionen bekannter Songs, doch schnell entwickelten Pagare Insieme einen eigenen Stil, indem sie originelle Mundart-Songs mit selbstgeschriebenen Texten und Kompositionen von Peter Zihlmann aufführten. Die Band versteht es, gesellschaftliche und politische Themen auf humorvolle Art zu verarbeiten; dazu gehören etwa das Musical «Zahltag» oder Hits wie «De Gärtner» und «S Lied ohni Botschaft». Ihr Repertoire reicht stilistisch von Jazz über Folklore und Pop bis hin zu Hip-Hop oder Heavy Metal – alle A-cappella und meist mit einer Prise Ironie.

Den Abschluss gestalten schliesslich die German Gents. Das Berliner A-cappella-Quartett gründete sich 2018 aus Mitgliedern des Staats- und Domchors Berlin sowie Studierenden der Universität der Künste. Die heutigen Mitglieder sind Thoma Jaron-Wutz (Tenor), Armin Horn (Tenor), Raphael Riebesell (Bariton) und Marcel Raschke (Bass). Ihr musikalischer Werdegang begann direkt erfolgreich: Bereits 2019 gewannen die German Gents den internationalen A-cappella-Wettbewerb in Leipzig und erhielten dort mehrere Preise einschliesslich des Publikumspreises. In ihrem Repertoire verbinden sie klassische Männerchor-Literatur der Romantik und Moderne, Barbershop-, Pop- und Jazzarrangements sowie deutsche und amerikanische Hits aus verschiedenen Jahrzehnten. Besonders hervorzuheben sind ihre eigenen Arrangements, der farbenreiche Ensembleklang und ihre humorvollen, charmant moderierten Auftritte.

Selbst probieren macht Spass

Am Samstag bietet das Voxpop vor Ort ausserdem zwei Workshops an. Der erste findet um 13:30 Uhr mit Jonathan Mummert von Baff! statt. Im einstündigen Workshop für AnfängerInnen und Fortgeschrittene geht es um das Improvisieren im Chor. Vorkenntnisse braucht es keine – nur gerne singen, krähen oder pfeifen sollte man. Mummert selbst nahm bereits mit fünf Jahren Klavierunterricht und stieg mit sieben Jahren in die Kompositionsklasse des Ensembles L’art pour L’art ein. Ab seinem 15. Lebensjahr stand er dann als Gründungsmitglied des Vokal-Ensembles Baff!, bei welchem er bis heute den Grossteil der Songs und Arrangements schreibt, als Sänger, sowie Beatboxer auf verschiedenen Bühnen im deutschsprachigen Raum. 2017 bis 2021 studierte er Schulmusik in Leipzig, seit September 2021 studiert er Popularmusik-Komposition in Dresden, leitet mehrere Chöre und ist freiberuflich als Sänger und Arrangeur tätig.

Bandfoto von German Gents

German Gents. Bild: zVg

Workshop zwei findet um 16 Uhr mit Robin Cavaillès auf Englisch statt, dauert ebenfalls eine Stunde und richtet sich an AnfängerInnen. Der Franzose gibt in dem Workshop eine Einführung ins Beatboxing und erklärt, wie eine Loopstation funktioniert und wie man einfache Beats erzeugt. Anmelden für die Workshops kann man sich online auf der Website von Voxpop.

Am Freitag und Samstag ist jeweils um 20 Uhr Konzertbeginn und eine Stunde davor Türöffnung. Am Sonntag beginnt das Programm drei Stunden früher. Am Freitag kostet der Tagespass 65, an den anderen beiden Tagen 50 Franken. Ausserdem erhältlich sind Zwei-Tagespässe für Freitag und Samstag (110 Franken) respektive Samstag und Sonntag (95 Franken) sowie der Festivalpass für 155 Franken. Tickets können online auf der Voxpop-Website gekauft werden.

Einen Kommentar hinterlassen