Wo Gaming auf Fötzele trifft

«Zsuber» motiviert zum Müllsammeln

Ein spielerischer Zugang zum Umweltschutz macht diesen umso attraktiver – das dachten sich die beiden Zürcher Philip Widmer und Patrick Stieger. Gemeinsam haben sie das Spiel «Zsuber» geschaffen, das zum Müllsammeln einlädt und die Rücksichtnahme auf unseren Planeten in den Vordergrund rückt.

In drei Parkanlagen Zürichs treffen Spazierende seit Frühling hie und da auf violette Boxen. Besonders Kindern fällt das Eichhörnchen auf, das auf ihnen abgebildet ist. Wer nähertritt, entdeckt bald einen QR-Code. Dieser lädt ein, die Box zu öffnen und an einem Online-Spiel teilzunehmen, das zur Sauberkeit im unmittelbaren Umfeld beiträgt. 

Das Spiel haben Philip Widmer und Patrick Stieger mit dem Projekt «Zsuber» ins Leben gerufen. «Zsuber» steht für «Zäme suber» und hat zum Ziel, den öffentlichen Raum Zürichs möglichst von Müll zu befreien. «Wir haben uns privat oft darüber unterhalten, wie es möglich sein könnte, Personen zu Sauberkeit in der Öffentlichkeit zu motivieren», sagt Stieger, der für das Design des Projekts zuständig ist, während sich Widmer eher um Angelegenheiten der Kommunikation und der Teamleitung kümmert. Die Idee, an öffentlichen Orten Greifzangen und portable Mülleimer zu platzieren, verbinden Widmer und Stieger mit einem Game und Wettbewerb. «Anfangs wollten wir vor allem Kinder für das Sauberhalten der Umwelt begeistern, doch mit dem Ansatz der Gamification holen wir nun vermehrt Erwachsene ab», erklärt Widmer. 

Scannen, suchen, sammeln

Wer also eine violette Box mit dem Eichhörnchen Zsubi findet, kann diese durch das Scannen des QR-Codes öffnen und sich zu einem Spiel anmelden. Weiter lässt sich der Zeitraum festlegen, während dem die Spielerinnen Müll in der unmittelbaren Umgebung sammeln möchten. Während sie sammeln, lässt sich auf der Web-Applikation auf ihrem Mobiltelefon zählen, wie viele Zigarettenstummel, Servietten, Pappbecher und Einwegbesteck sie auflesen. Zum Schluss können sie an einer Glückstrommel drehen und einen Gutschein zum Beispiel von einem Restaurant in der Nähe gewinnen – zur Stärkung nach dem Fötzeln. 

Blick auf die violette Zsuber-Box mit dem Eichhörnchen Zsubi drauf

Das Eichhörnchen Zsubi macht auf die violetten «Zsuber»-Boxen aufmerksam, die Greifzangen und Mülleimer aufbewahren. Bild: Noe Lahman

Auf diese Weise fördert das Spiel nicht nur den Umweltschutz, sondern lädt ein, mit Freunden und Bekannten in der Natur unterwegs zu sein und anschliessend zum Beispiel ein Glacé zu geniessen. «Es macht echt Spass, zusammen auf Müllsuche zu gehen, und es ist immer wieder eine Überraschung, was sich alles in einem Park finden lässt», sagt Widmer. «Zu unseren lustigsten Funden auf dem Irchelareal gehören eine Pfanne, eine Unterhose und einige Fingernägel.» 

Von der prämierten Idee zum Pilotprojekt

Die Idee von Widmer und Stieger, ein Sammelspiel zu gestalten, ist schon etwa zweieinhalb Jahre alt und hat 2024 den Wettbewerb Innovation Booster von InnoSwiss in der Kategorie Smart Cities gewonnen. Dieser Sieg hat dem inzwischen vierköpfigen Team eine erste Investition von 20 000 Franken sowie ein Coaching eingebracht. «Nachdem die erste Probeversion unserer App stand, haben wir Passanten auf dem Irchel dazu befragt, ob und unter welchen Bedingungen sie bei einem solchen Sammelspiel mitmachen würden», erzählt Widmer. Danach stellte sich die Frage, wie Schaufeln und Greifzangen im öffentlichen Raum verstaut werden könnten. «Wir wünschten uns wasserdichte Aluminiumboxen aus der Schweiz, die möglichst wenig Material brauchen und auch mit wetterfestem Lack bemalt sind», so Stieger. Mit einem CAD-Programm hat das erfinderische Duo das Design der Boxen ausführlich ausgeklügelt, die Einzelteile bei einem Schweizer Produzenten bestellt und diese anschliessend eigenhändig zusammengefügt. 

Eine Hand hält ein Smartphone, darauf die Zsuber-App

Auf der Web-Applikation lässt sich einfach anklicken, was eingesammelt wurde. Bild: zVg

Sobald die Box entworfen war, sollte eine Web-Applikation entwickelt werden. Diese bietet nebst dem Müllzählen auch ein Spiel, in dem das Eichhörnchen Zsubi gegen verschiedene Schurken kämpfen muss. Deren Charaktere wurden mit viel Liebe zum Detail entworfen und mahnen vor möglichen Ursachen von Müll. «Ursprünglich wünschten wir uns, dass das Eichhörnchen Zsubi auch eine pädagogische Funktion hat und Kindern interessante Fakten über die Natur beibringt», sagt Stieger und weist darauf hin, dass auch Zsubis Aussehen symbolisch für Tiere und Pflanzen steht, stellt doch ein grünes Blatt ihren Schwanz dar.  

Den pädagogischen Aspekt von «Zsuber» hat das Angebot mittels einer Zusammenarbeit mit dem Waldatelier von Hans-Peter Volkart erhalten. Im Rahmen eines Naturausflugs wurde dabei das Thema Littering mit dem Lernen über den Wald kombiniert, wofür sich zahlreiche Teilnehmerinnen begeistern konnten. Dieses Format will «Zsuber» in Zukunft wieder aufgreifen und zum Beispiel Firmenausflüge anbieten oder noch mehr Sammeltage für umweltbewusste Freunde und Familien, wie sie im Sommer bereits durchgeführt wurden. 

Zukunftsmusik und konkrete Pläne

«Zsuber» steht erst am Anfang seiner Entwicklung und das Team hinter dem Angebot sucht stets nach Wegen, noch mehr zum Umweltschutz beizutragen. «Wir probieren gerade Möglichkeiten aus, wie die Spielenden den Müll, den sie einsammeln, mittels KI automatisch erkennen und auszählen lassen könnten», verrät Widmer. Dies würde zu einer genaueren Statistik in Bezug auf den herumliegenden Abfall und das Littering-Verhalten von Passanten beitragen. «Eine solche Statistik kann hilfreich sein, um unerwünschte Muster zu erkennen.» Entsprechend werde klarer, ob zum Beispiel ein spezifisches Restaurant mit Take-Away-Geschirr zu wenige Mülleimer bereitstellt oder auf andere Weise viele Gelegenheiten zum Littering gibt, sodass Lösungsansätze für konkrete Muster gefunden werden könnten. 

Blick auf den Zsuber-Handyhalter am portablen Mülleimer

Mit einem Klick lässt sich das Mobiltelefon am portablen Mülleimer befestigen. Bild: zVg

Auch könnte KI die Kommunikation zwischen den Spielenden und dem «Zsuber»-Team erleichtern. Zum Beispiel könnten volle Abfalleimer gemeldet und so möglichst zeitnah geleert werden und für das nächste Spiel bereitstehen. Auch haben die Spielemacher vermehrt von ihren «Zockern» gehört, dass diese den QR-Code an der Box lediglich dazu verwenden, um an Greifzange und Mülleimer zu gelangen, ohne am Glücksspiel teilzunehmen. Auch solches und ähnliches Verwenden der Box könnte mittels KI für die Statistik und somit auch für eine sinnvolle Weiterentwicklung des Angebots registriert werden. 

Aktuell sind sechs violette Boxen von «Zsuber» an drei verschiedenen Standorten in Zürich zu finden – eine Box am Aussichtspunkt Waid, zwei auf dem Irchel sowie drei am Ufer der Limmat im Wipkingerpark. Das Pilotprojekt ist aktuell auf sechs Monate befristet und wurde mit der Unterstützung der Stadt Zürich verwirklicht. «Im Januar werden wir mit der Stadt die Wirkung des Projekts besprechen und diskutieren, wie es im 2026 mit ‹Zsuber› weitergehen soll», blickt Stieger voraus. An Ideen, wie die Web-Applikation noch witziger, informativer und einladender gestaltet werden kann, fehlt es Widmer und Stieger nicht. «Wir möchten eine Art von Super-Mario-Spiel gestalten, mit Schurken und Hindernissen in Zsubis Weg.» Auch würden sie das Angebot von «Zsuber» gerne geografisch ausweiten: «Wir sähen unser Eichhörnchen Zsubi gerne auch in Zug und Luzern, um dort die lokale Bevölkerung ebenfalls zum Müllsammeln zu motivieren», sagt Widmer. 

Blick auf die Zsuber-Box neben dem Mülleimer

Manche Passanten nutzen die portablen Mülleimer und Greifzangen auch ohne zu spielen. Bild: Noe Lahman

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