Die Schweiz lädt mit ihrer wilden Natur und den eindrücklichen Panoramen Touristen wie Einheimische zum Wandern ein. Ein Ausflug in die Berge gestaltet sich umso interessanter, wenn unterwegs Wildtiere beobachtet werden können.
Mit bequemem und robustem Schuhwerk, einer leichten Jacke zum Schutz gegen Wind und Witterung sowie mit einer Kamera ausgerüstet, geht’s diesen Sommer für zahlreiche Abenteurer hoch in die Berge. Erfahrene Wanderlustige kennen die beliebtesten Strecken wie diejenigen des Nationalparks Zernez im Engadin oder die Via Alpina, die einen innert 20 Tagen durch die Alpen führt.
Wer in diesem Jahr seine Wanderungen mit besonderen Begegnungen krönen möchte, kann die populärsten Routen und Wandergebiete für Wildtierbeobachtungen in Erwägung ziehen. Viele dieser Strecken sind sogar speziell für Besucherschaft mit Kindern gestaltet und bringen die Tiere auf spielerische Weise mit Maskottchen, Infotafeln und speziell für die Tiere angemischtem Futter den jüngsten Wanderern näher.
Pfeifende Nager
So lassen sich zum Beispiel Murmeltiere im Stafelwald in Saas-Fee mit Nüssen und Karotten füttern. Auf dem Spielboden lädt das fiktive Murmeli Eddie auf einen Rundweg mit sieben Tafeln ein, die über diese Tiere erzählen. Mit ihrer Grösse von ungefähr 42 bis 54 Zentimeter sind die Nager recht gut in der Landschaft erkennbar und machen auch mit ihrem fröhlichen Pfeifen auf sich aufmerksam. Nach dem Bieber gilt das Murmeltier als das zweitgrösste Nagetier und ist trotz des auffallenden Grössenunterschieds erstaunlich eng mit dem Eichhörnchen verwandt. Murmeltiere leben in Familiengruppen auf einem Gebiet von etwa 2.5 Hektaren, welches sie mit für Menschen nicht riechbaren Markierungen kennzeichnen. Im Sommer lassen sich die Tiere besonders oft blicken, da sie Heu für ihr Winterversteck sammeln.

Wer den Mythenweg einschlägt, könnte beim Wandern Rehe, Gämsen, Hirsche oder Murmeltiere erblicken. Bild: Facebook Brunni-Alpthal
Murmeltiere leben in grosser Zahl auch im Schweizerischen Nationalpark, der sich im Viereck Zernez–S-chanf–Ofenpass–Scuol im Engadin befindet. Der Park gilt mit seiner Gründung im Jahr 1914 als ältester Nationalpark im Gebiet der Alpen und Mitteleuropas. Auf seiner Fläche von 170.3 km² lassen sich zahlreiche Tiere sichten, wie zum Beispiel Rehe, Schlangen, Eidechsen und Schneehasen. Der Alpenschneehase trägt im Sommer ein grau-braunes Fell, das ihn wie einen gewöhnlichen Feldhasen aussehen lässt. Nur sehr geduldige und leise Wanderinnen werden den Schneehasen erblicken können, denn die flauschigen Bergbewohner wollen nicht gestört werden.
Ein Tier, das sich hingegen mit grosser Wahrscheinlichkeit von manch einem Wanderweg aus erspähen lässt, ist der Alpensteinbock. In seiner höchsten Anzahl ist er in Pontresina im Engadin zu finden, wo mit 1800 Tieren die schweizweit grösste Steinbock-Kolonie lebt. Wer gut aufpasst, könnte hier auch einige Gämse und Greifvögel erblicken.
Gefiederte Luftbewohner
In Pontresina sowie in vielen Alpengebieten, auch im Bündnerland, können Bartgeier und Steinadler beim Gleiten beobachtet werden. Gerne lassen diese sich von Aufwinden kreisend in die Höhe tragen, ohne dass sie dabei mit den Flügeln schlagen müssen – dafür lohnt es sich, Ferngläser oder eine Kamera mitzubringen. Die Bartgeier lassen sich an ihrem orangen Bauch und rautenförmigen Schwanz erkennen. Während ihre Flügelspannweite bis zu 2,8 Meter misst, fällt diejenige des Steinadlers mit bis zu 2,3 Metern etwas kleiner aus. Steinadler haben einen fächerförmigen Schwanz und dunkelbraune Federn. Hier und dort lassen sich Adler mit weiss gefiederten Stellen in den Armschwingen erblicken. Diese Stellen bedeuten, dass sie noch nicht ganz ausgewachsen sind.

Der Schneehase wechselt sein Fell und ist im Sommer grau-braun-gefärbt, um sich besser zu tarnen. Bild: Facebook Schweizerischer Nationalpark
Weitere spektakuläre Vogelarten, die jedoch nicht im alpinen Raum, sondern entlang der nördlichen Schweizer Grenze und üblicherweise an Gewässern leben, sind der Eisvogel und die Mandarinente. Beide Vogelarten begeistern mit ihrer auffallenden Färbung. Der Eisvogel lässt sich an seinem blauen Rücken und orangen Bauch einfach erkennen, zum Beispiel, wenn er auf einem Ast seine nächste Beute beobachtet. Der Schnabel des Eisvogels ist ebenfalls interessant, denn während die Männchen einen gänzlich schwarzen Schnabel haben, ist der Unterschnabel des Weibchens rot gefärbt.
Auch die Mandarinente fällt durch ihre Färbung stark auf. Sie stammt ursprünglich aus Ostasien, wurde jedoch bereits im 18. Jahrhundert in privaten Teichen in unseren Breitengraden gehalten und hat sich seit etwa Mitte des 20. Jahrhunderts immer mehr in der Schweiz ausgebreitet. Die Männchen lassen sich an ihren orangen Flügelfedern erkennen, sowie an ihrem roten Schnabel, dem grün-metallischen Schopf, dem cremefarbenen und rotbraunen Kopf.
Scheue und majestätische Huftiere
Während die verschiedenen Vogelarten öfter anzutreffen sind, ist das Mufflon nur an einem Ort in der Schweiz zu finden, und zwar in der Region Chablais, genauer bei Torgon. Hier lebt eine Mufflon-Kolonie von bis zu 350 Tieren. Das Mufflon gilt als Urahn des Hausschafs, stammt ursprünglich aus Ostasien und war einst nicht menschenscheu, da es erst nach langer Zeit als Haustier in der Wildnis freigesetzt wurde. Heute jedoch erblicken nur die geduldigsten und leisesten Wanderinnen das Tier, denn nachdem es gejagt wurde, hat es gelernt, den Menschen zu fürchten. Längst verhält sich das Mufflon sehr wachsam und wenn es dank seiner scharfen Sinne eine mögliche Gefahr gewittert hat, versteckt es sich hinter Bäumen und Büschen oder legt sich sogar auf den Boden. So kann es eine bis zwei Stunden verbringen, bis es sich aus dem Versteck traut.

In den Bündner Bergen um Pontresina können Wanderer auf Steinböcke treffen. Bild: Facebook Pontresina
Etwas weniger schreckhaft zeigt sich der Rothirsch, der unter anderem im Brunni-Alpthal zuhause ist. Dieses Gebiet rund um die Mythen ist Teil eines natürlichen und artenreichen Tierparks. Es empfiehlt sich, die Rundwanderung zu unternehmen, die durch den Mythenbann führt. Dabei handelt es sich um das älteste Jagdbanngebiet der Schweiz, das zum ersten Mal im Jahr 1492 als solches bestimmt wurde. Lieber mit einer Kamera als mit einem Gewehr ausgerüstet, können hier Gämse, Rehe, Murmeltiere und eben Rothirsche beobachtet werden.
Rothirsche sind die grössten Wildtiere der Schweiz und zählen aufgrund ihres Geweihs zur eindrücklich benannten Unterart der Stirnwaffenträger. Im Sommer wächst das Geweih neu, nachdem zwischen Februar und April die vorjährige Krone abgeworfen wurde. Das typische rote Fell trägt der Hirsch nur im Sommer, bis er im Herbst zu einem grauen bis graubraunen Haarkleid wechselt. Der Geruchssinn ist beim Rothirsch am besten entwickelt, weswegen er sich bei der Ortung von Feinden am meisten auf seine Nase verlässt. Selbst zum Schlafen wählt er seinen Ruheplatz möglichst so, dass der Wind aus der Richtung möglicher Feinde weht.