Lange und vielerorts belächelt, erzielten die Klimaseniorinnen Schweiz letztes Jahr einen historischen Sieg vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Kommenden Mittwoch stellen die Autorinnen des Buchs «Als die Schweiz ins Schwitzen kam – Die Klimaseniorinnen» ihr Werk in einer Lesung in der Galvanik Zug inklusive anschliessender Podiumsdiskussion vor.
Es ist eine Lesung, die mit Emotionen verbunden sein dürfte, die am Mittwoch, 8. Oktober, in der Zuger Galvanik stattfindet. So stellen die drei Autorinnen Brigitte Hürlimann, Elisabeth Stern und Cordelia Bähr in der Kolinstadt ihr neues Buch «Als die Schweiz ins Schwitzen kam – Die Klimaseniorinnen» mit anschliessender Podiumsdiskussion vor.
In dem Werk wird das Engagement der Klimaseniorinnen und das historische Urteil, welches sie schliesslich bewirkt haben, beleuchtet. Zur Erinnerung: Die Klimaseniorinnen sind ein Verein von über 3000 Frauen im Pensionsalter, die sich seit 2016 gemeinsam für besseren Klimaschutz engagieren. Ihr Engagement gründet auf der besonderen gesundheitlichen Betroffenheit älterer Frauen durch Hitzewellen und Klimaveränderungen. Der Verein setzte daher auf einen strategischen Rechtsweg, um den Bund zu strengeren Klimaschutzmassnahmen und zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens zu verpflichten.
Ein unerwarteter Sieg
Nach dem Scheitern vor Schweizer Behörden und Gerichten brachten die Klimaseniorinnen ihren Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dort erzielten sie im April 2024 einen historischen Sieg, der weltweit für Schlagzeilen sorgte: Der EGMR erklärte, dass die Schweiz die Menschenrechte der älteren Frauen verletzt habe, insbesondere ihr Recht auf Privat- und Familienleben. Der Schweiz wurde mangelnder Klimaschutz attestiert und die Regierung dazu aufgefordert, die Klimapolitik zu verschärfen.
Dieser Erfolg hat weitreichende Signalwirkung: Er eröffnet Bürgerinnen und Bürgern in allen Mitgliedsländern des Europarates den Rechtsweg für gescheiterten politischen Klimaschutz und gilt als Präzedenzfall für künftige Klimaklagen in Europa. Obwohl die Umsetzung hierzulande politisch weiterhin umstritten ist, bleibt das Engagement der Klimaseniorinnen nicht nur für die Schweiz, sondern für internationale Klimagerechtigkeit beispielhaft.

Das Buch umfasst 240 Seiten. Bild: Limmat Verlag
Die drei Autorinnen von «Als die Schweiz ins Schwitzen kam – Die Klimaseniorinnen» sind teilweise ebenfalls eng mit dem Verein verknüpft. Elisabeth Stern ist selbst Vorstandsmitglied der Klimaseniorinnen Schweiz und pensionierte Ethnologin. Nach Forschungen in Simbabwe und Lehrtätigkeiten an Schweizer Universitäten engagierte sich die studierte Psychologin viele Jahre in der Friedens-, Umwelt- und Bildungsszene. Stern war Mitverfasserin mehrerer Publikationen zu nachhaltiger Entwicklung und setzte sich insbesondere für interkulturelle Bildung und ökologisches Wirtschaften ein.
Als langjährige Umweltaktivistin sieht sie das Engagement bei den Klimaseniorinnen als logische Fortsetzung ihres Einsatzes für eine gerechte und nachhaltige Gesellschaft. Stern war eine treibende Kraft im historischen Rechtsstreit gegen die Schweiz und engagiert sich weiterhin öffentlich für einen gerechten Klimaschutz und soziale Veränderung, ist zudem als Autorin und Referentin aktiv.
Cordelia Bähr ist Rechtsanwältin und gilt als juristisches Herz der Klimaseniorinnen Schweiz. Mit viel Ausdauer und juristischem Geschick führte sie das Rechtsteam, das den historischen Erfolg vor dem EGMR ermöglichte. Für ihr Engagement und ihre beharrliche Arbeit im Klimarecht wurde Bähr von der Wissenschaftszeitschrift «Nature» und vom TIME-Magazin als eine der weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres ausgezeichnet. Auch abseits der Klimaseniorinnen vertritt und publiziert Cordelia Bähr in komplexen Umweltrechtsfällen und ist als Partnerin in einer Zürcher Kanzlei tätig.
Mit dem Thema bestens vertraut
Brigitte Hürlimann ist Journalistin, promovierte Juristin und Autorin. Seit fast vier Jahrzehnten berichtet die Baslerin über die Schweizer Justiz, unter anderem für den «Tages-Anzeiger», die «NZZ» und aktuell das Onlinemagazin «Republik». Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, etwa mit dem Zürcher Journalistenpreis, und ist seit 2019 Ehrendoktorin der Universität Bern für ihre Verdienste als Gerichtsreporterin.
Moderiert wird die anschliessende Podiumsdiskussion nach der Lesung von Luzian Franzini, der nicht nur in Zug ein bekanntes Gesicht ist. Franzini ist seit diesem Jahr Generalsekretär der Grünen Schweiz und engagiert sich politisch seit seiner Jugend für Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine nachhaltige Entwicklung. Seit 2019 ist er Zuger Kantonsrat sowie Co-Präsident der Alternativen – die Grünen im Kanton Zug, zuvor war er Co-Präsident der Jungen Grünen Schweiz und Vizepräsident der Grünen Schweiz. Der Zuger leitete unter anderem die nationale Kampagne für die Zersiedelungsinitiative und engagiert sich gegen Steuerdumping sowie für preisgünstigen Wohnraum.
Beruflich war er parlamentarischer Mitarbeiter im Nationalrat, Co-Generalsekretär des Verbands Schweizer Studierendenschaften und als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Inneres tätig. Luzian Franzini publiziert zu Themen wie solidarischer Klimapolitik und gesellschaftlichem Wandel und setzt sich auch im Vorstand von Pro Velo Zug sowie als Präsident des Gewerkschaftsbundes Zug für gesellschaftspolitische Anliegen ein.
Die Türöffnung für die Lesung in der Galvanik erfolgt um 18:30 Uhr, los geht es dann eine Stunde später. Tickets sind im Vorverkauf online sowie an der Abendkasse für 15 Franken respektive mit Kulturlegi reduziert für 8 Franken erhältlich.