Mehr als 20 Jahre mussten Hardcore- und Punkfans hierzulande warten, bis die Reconstruction Tour endlich wieder in Schweiz kommt. Kommenden Sonntag ist es in Zürich endlich wieder soweit, wenn gleich fünf grosse Namen aus dem Genre im X-Tra auf der Bühne stehen werden.
Die Reconstruction Tour lässt Punk- und Hardcore-Herzen in ganz Europa, von Spanien bis Slowenien, höher schlagen. Nun macht die Tour zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder Halt in der Schweiz, kommt am Sonntag, 18. Mai, nach Zürich ins X-Tra. Das Line-up präsentiert sich dabei mit Granden aus der Hardcore- und Punkszene, angefangen mit Pennywise. Seit ihrer Gründung 1988 im kalifornischen Hermosa Beach zählt die Punkband zu den prägenden Grössen des Melodic Hardcore. Benannt nach dem unheimlichen Clown aus Stephen Kings Roman «Es», setzten sich Jim Lindberg (Gesang), Fletcher Dragge (Gitarre), Jason Thirsk (Bass) und Byron McMackin (Schlagzeug) früh mit schnellen, aggressiven Songs und gesellschaftskritischen Texten von anderen Bands der Szene ab. Ihr Sound ist eine Mischung aus klassischem Punkrock, Skatepunk und Hardcore-Elementen.
Mit ihrem Debütalbum legten Pennywise 1991 den Grundstein für ihre Karriere. Bis heute haben sie weltweit über drei Millionen Alben verkauft und gehören damit zu den erfolgreichsten unabhängigen Punkbands überhaupt. Besonders in ihren Texten zeigen sich die Bandmitglieder politisch und sozial engagiert, was ihnen eine treue Fangemeinde eingebracht hat. Pennywise erlebten in ihrer über 30-jährigen Bandgeschichte auch schon Wechsel in der Besetzung. So verliess Sänger Jim Lindberg die Band 2009 vorübergehend und wurde durch Zoli Téglás ersetzt, kehrte aber 2012 zurück.
Mit neuem Album im Gepäck
Mit von der Partie ist auch die Punkband Propagandhi aus Winnipeg, die 1986 von Chris Hannah und Jord Samolesky gegründet wurde. Ursprünglich als Fun-Punk-Band gestartet, entwickelte sich ihr Stil von melodischem Hardcore und Skatepunk hin zu einem komplexeren, progressiven Thrash mit deutlichen Metal-Einflüssen. Sie zeichnen sie sich durch aggressive Riffs, komplexe Songstrukturen und einen Mix aus Punk, Hardcore und Metal aus. Ihr Debütalbum «How to Clean Everything» erschien 1993 bei Fat Wreck Chords, gefolgt von weiteren Alben wie «Less Talk, More Rock», «Today’s Empires, Tomorrow’s Ashes» und «Victory Lap». 2025 veröffentlichten die Kanadier mit «At Peace» ihr achtes Studioalbum.
Propagandhi sind bekannt für ihre kompromisslose Haltung, ihre politische Botschaft und ihr Engagement gegen Faschismus, Rassismus, Sexismus und Homophobie. Die Band setzt sich in ihren Texten und Aktionen für Menschenrechte, Tierrechte und soziale Gerechtigkeit ein.
Mit Bezug zum Eishockey
Ebenfalls aus Winnipeg stammen Comeback Kid, eine der bekanntesten Hardcore-Punk-Bands Kanadas. 2001 ursprünglich als Nebenprojekt der Band Figure Four gestartet, entwickelten sich Comeback Kid schnell zu einem eigenständigen und prägenden Act der internationalen Hardcore-Szene. Ihr Name geht auf einen Zeitungsartikel über das Comeback des Eishockeyspielers Mario Lemieux zurück.
Musikalisch steht die Band für energiegeladenen, melodischen Hardcore mit schnellen Rhythmen, aggressiven Riffs und eingängigen Refrains, wobei sie Einflüsse aus dem Skatepunk der 1990er-Jahre mit klassischem Hardcore verbinden. Die ersten beiden Alben «Turn It Around» (2003) und «Wake the Dead» (2005) gelten als Meilensteine des Genres; insbesondere der Song «Wake the Dead» wird häufig als einer der besten Hardcore-Tracks der 2000er-Jahre genannt. Nach dem Ausstieg von Sänger Scott Wade 2006 übernahm Gitarrist Andrew Neufeld den Gesang und prägte mit seiner Stimme den weiteren Sound der Band. In den folgenden Jahren veröffentlichten Comeback Kid weitere erfolgreiche Alben wie «Broadcasting…» (2007), «Symptoms + Cures» (2010), «Die Knowing» (2014), «Outsider» (2017) und zuletzt 2022 «Heavy Steps».
Mit besonderen Einflüssen
Ebenfalls Teil der Reconstruction Tour, die nach dem Halt in Zürich die Bands weiter nach Ljubljana, Wien und Augsburg führt, bevor die Tour am 31. Mai in Berlin endet, sind The Iron Roses. Die US-amerikanische Punkband hat sich in den letzten Jahren aus dem Soloprojekt von Nathan Gray (ehemals Boysetsfire) zu einer eigenständigen, sechsköpfigen Band entwickelt. Ihr musikalischer Stil verbindet klassischen Punk mit Elementen aus Reggae, Ska, Hip-Hop und Alternative Rock, wodurch sie sich deutlich von vielen anderen aktuellen Punkbands abheben. Die Songs sind leidenschaftliche Protesthymnen, die gesellschaftliche und politische Missstände thematisieren, dabei aber stets auch Hoffnung und Lebensfreude vermitteln.
Die Bandmitglieder – Nathan Gray (Gesang), Becky Fontaine (Gesang), Pedro Aida (Gitarre), Colin Clive (Gitarre), Michael Espinosa (Bass) und Devon Hunt (Schlagzeug) – bringen jeweils unterschiedliche musikalische Einflüsse und persönliche Erfahrungen ein, was den Sound der Gruppe vielseitig und authentisch macht. Das Debütalbum «The Iron Roses» erschien im Oktober 2023. Die Texte sind politisch und sozial engagiert, verzichten aber auf platte Parolen und setzen stattdessen auf persönliche, oft auch optimistische Perspektiven. Die Einflüsse von Grays Vergangenheit bei Boysetsfire sind spürbar, doch The Iron Roses verfolgen einen zugänglicheren, melodischeren Ansatz, der auch Platz für Verletzlichkeit und Offenheit lässt. Die Band sieht sich als Sprachrohr für gesellschaftliche Veränderung und Inspiration für die LGBTQ-Community und andere marginalisierte Gruppen.
Mit politischer Botschaft
Mit den Dead Pioneers wird eine weitere US-amerikanische Punkband im X-Tra auf der Bühne stehen. Gegründet wurde sie 2020 vom bekannten indigenen Künstler Gregg Deal, der Mitglied des Stammes Pyramid Lake Paiute ist, als Erweiterung seines Performance-Art-Projekts «The Punk Pan-Indian Romantic Comedy». Die Band setzt sich aus Gregg Deal (Gesang), Josh Rivera und Abe Brennan (Gitarre), Lee Tesche (Bass) und Shane Zweygardt (Schlagzeug) zusammen. Musikalisch verbinden Dead Pioneers klassischen Hardcore-Punk mit Spoken-Word-Elementen und einer klaren indigenen Perspektive.
Die Texte sind politisch, direkt und behandeln Themen wie Rassismus, kulturelle Aneignung, soziale Ungerechtigkeit und die Rechte marginalisierter Gruppen – insbesondere indigener Völker, aber auch Schwarzer, queerer und arbeitender Menschen. Die Band versteht sich als Sprachrohr für die indigene Community und nutzt Musik als Mittel des Protests und der Aufklärung.
Ihr Sound ist geprägt von rohen Punkriffs, schnellen Rhythmen und einer energiegeladenen, manchmal experimentellen Herangehensweise, die sich auch in Songs wie «Bad Indian» oder «My Spirit Animal Ate Your Spirit Animal» widerspiegelt. Das 2024 erschienene Debütalbum «Dead Pioneers» wurde im Blasting Room in Fort Collins aufgenommen und erhielt für seine kompromisslose Klarheit und gesellschaftliche Relevanz viel Lob.
Los geht es kommenden Sonntag um 17:45 Uhr. Tickets kosten 68.70 Franken und sind auf Ticketcorner erhältlich.