Zürcher Start-up will Uber Konkurrenz machen

Zuercher Start up will Uber Konkurrenz machen
Ridesharing steht für Mobilität auf Abruf. Bild: bnenin/Depositphotos

Seit Juni gibt es auf dem Ridesharing-Markt einen neuen Anbieter. Das Zürcher Start-up Vertt will mit fairen Preisen und Kooperationen den US-Giganten Uber angreifen. 2022 möchte man nicht nur die Städte, sondern auch die Agglomeration erobern.

2013 erreichte eine neue Form der Mobilität die Schweiz. Der US-amerikanische Ridesharing-Dienst Uber startete in den Grossstädten und machte mit wenigen Klicks aus jedem Autofahrer einen potenziellen Taxiunternehmer.

Ein Dienst, der auf der einen Seite die Bedürfnisse unserer On-Demand-Gesellschaft anspricht und auf der anderen Seite eine neue Form der Erwerbstätigkeit ermöglicht.

Dabei erntete Uber jedoch nicht nur kritische Blicke von den bestehenden TaxifahrerInnen, sondern geriet auch ins Blickfeld von Gewerkschaften und Behörden. Aller Unkenrufe zum Trotz schlug das US-Unternehmen auf Anhieb in der Schweiz ein.

Da Konkurrenz bekanntlich das Geschäft belebt, versuchten sich in den letzten Jahren immer wieder neue einheimische Anbieter. Euses Taxi, Taxi Live oder Yourtaxi versprachen in den letzten Jahren allesamt, eine günstige und faire Alternative zum US-Giganten Uber zu schaffen.

Sie scheiterten allerdings oder führen heute ein Nischenleben als Taxiunternehmen mit eigener App. Währenddessen bleibt der grosse Uber-Konkurrent Lyft lieber in Nordamerika.

Nach einer langen Vorbereitungsphase startete im Juni 2021 das Zürcher Start-up Vertt offiziell seinen eigenen Ridesharing-Dienst in der Limmatstadt und lancierte so den nächsten Angriff auf den Platzhirsch. Der CEO und Mitgründer Bojan Georgijevski weiss, welche Fehler die Konkurrenz in der Vergangenheit gemacht hat und was er nun mit Vertt besser machen will.

Pandemie verzögert Start

Georgijevski hat in der Schweiz Wirtschaftsinformatik studiert und war vor seiner Firmengründung für eine Grossbank tätig. In dieser Funktion war er viel im Ausland unterwegs und nutzte dabei zahlreiche verschiedene Taxis und Services – gerne auch verbunden mit Gesprächen mit den FahrerInnen, wie er im Interview erzählt.

Er sah Potenzial für Verbesserungen in der Branche und entschloss sich dazu, eine eigene App zu konzipieren: «Wir wollten von Anfang an etwas entwickeln, das wirklich Hand und Fuss hat», sagt er. 2017 kam es zusammen mit den anderen Co-Gründern zur Firmengründung von Vertt.

Vertt Gründer Bojan Georgijevski
Bojan Georgijevski hat Vertt 2017 mitgegründet. Bild: zVg

Und warum ausgerechnet in Zürich? «Weil wir alle aus Zürich sind und hier leben», erzählt Georgijevski. In Kombination mit der lokalen Verbundenheit sei es der logische Schritt und man sieht in der Stadt ein grosses Potenzial.

Der Name der Firma und der App wurde dabei vom deutschen Wort Wert abgeleitet. Man möchte mit dem Unternehmen nach Schweizer Werten wie Qualität und Zuverlässigkeit streben, erklärt der Gründer.

Im Februar 2020 startete Vertt mit einer geschlossenen Kundengruppe seine Betaphase in Zürich. Pandemiebedingt zog sich diese bis in den Juni 2021. «Wir haben natürlich gespürt, dass die Leute weniger unterwegs sind.

Das grösste Problem in dieser Zeit waren aber die fehlenden Fahrer», erklärt Georgijevski. Die zusätzlichen Monate hat man so für weitere Tests und Optimierungen genutzt.

Zusammen mit dem eigenen Tochterunternehmen Vertt Technologies und dem Marketing beschäftigt Vertt zurzeit 15 MitarbeiterInnen in der Schweiz. Ausserdem sei man im Ausland gut vernetzt. «In der Balkanregion gibt es viele IT-Unternehmen, die Software entwickeln können.

Auch grosse Schweizer Unternehmen lassen dort ihre Apps entwickeln», erläutert der Mitgründer. Hingegen wurde das Design der Applikation in der Ukraine entwickelt. Georgijevski, selbst Softwareentwickler, beteiligte sich zu Beginn des Prozesses ebenfalls am Programmieren.

Kooperation statt Konfrontation

Doch was unterscheidet Vertt von anderen Anbietern in der Branche der Taxidienstleistungen? Für den CEO sind es vor allem die gewachsenen regionalen Strukturen, auf die sie Wert legen.

Man habe in den letzten beiden Jahren viel zusammen mit FahrerInnen und KundInnen gesprochen, Workshops veranstaltet und Akzeptanztests durchgeführt, um vor allem beim Preis das richtige Mass zu finden. Das Ergebnis laut Georgijevski: tiefere Preise für die KundInnen und niedrigere Kommissionen für die FahrerInnen.

«Wenn die dynamischen Preise bei der Konkurrenz am Wochenende steigen, können wir bis zu 30 Prozent günstiger sein», nennt der Vertt-Chef ein Beispiel. «Bei uns sollen alle profitieren, es soll kein einseitiges Geschäft sein.»

Limousine am Paradeplatz
Die schwarzen Limousinen gehören zur Premiumkategorie bei Vertt. Bild: zVg

Dabei arbeitet man nicht nur mit lokalen Taxiunternehmen zusammen, sondern war auch Teil des Mobilitätsprojektes Yumuv. Die App kombiniert mit ÖV, E-Trottis, Car- und Ridesharing verschiedene Fortbewegungsmittel in einem Abo.

«Wir sehen uns als Alternative und Ergänzung und wollen dem ÖV keine Konkurrenz machen», erklärt Georgijevski die Kooperation, die Ende 2021 zusammen mit dem befristeten Projekt endete.

Die grosse Konkurrenz ist der etablierte und bekannte Dienst Uber. «Es ist sehr schwierig gegen einen Konkurrenten, der eine derartige technologische und ökonomische Macht hat. Wir wissen, dass es nicht möglich ist, Uber den ganzen Markt wegzunehmen.

Aber wir haben uns ein Ziel gesetzt, welche Marktanteile wir erreichen wollen», erklärt Georgijevski. Ein Vorteil für Vertt sei, dass Uber nicht in allen Schweizer Städten agiert. Nach dem Start mit vier Grossstädten, ist der Dienst heute offiziell in neun Schweizer Städten verfügbar.

Das Potenzial für Wachstum liegt für Vertt dabei nicht nur in den Städten, sondern auch in der Agglomeration, die die Konkurrenz noch nicht bedient. Ein spezieller Algorithmus soll dabei helfen, die Einzugsgebiete preislich attraktiv für die Vertt-FahrerInnen zu machen.

Mit drei Klicks durch die ganze Schweiz

Ein Thema, welches die Ridesharing-Branche seit Jahren beschäftigt, ist die Problematik der Sozialleistungen. Trotz Schweizer Gerichtsurteilen weigert sich Uber, seine FahrerInnen über die Sozialkassen anzumelden. Bei Vertt arbeitet man deswegen eng mit FahrerInnen, SUVA und SVA zusammen. «Private Fahrer wie bei Uber gibt es bei uns nicht.

Wir wollen in der Schweiz die gesetzlichen Anforderungen beim Thema Sozialleistungen erfüllen», äussert sich Georgijevski. Alle Fahrer und Fahrerinnen müssen bei Vertt einen Registrierungsprozess durchlaufen und nachweisen, dass sie ihre Sozialleistungen bezahlen.

Für die nahe Zukunft hat der Vertt-CEO ambitionierte Pläne. Seit dem offiziellen Start im Juni 2021 verzeichnet man ein monatliches Wachstum von 60 Prozent bei den NutzerInnen und Fahrten.

Das Einzugsgebiet im Grossraum Zürich wachse wöchentlich um ein paar Kilometer und bis Ende November konnte man 12’000 Fahrten erfolgreich abschliessen. Anfang 2022 soll der Dienst auch in Winterthur und Baden starten. «Diese beiden Städte sind naheliegend, da Zürcher FahrerInnen zum Teil schon dort unterwegs sind», sagt Georgijevski.

Danach sollen im März Luzern und im Juni bereits Basel folgen. Langfristig denkt der Vertt-Gründer schon an die DACH-Region, also auch an Deutschland und Österreich. Zunächst möchte man aber Schritt für Schritt die gesamte Schweiz mit dem eigenen Dienst abdecken.