Melanie Gerber

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Melanie Gerber

Es ist nie leicht, wenn Kinder ihr Geschwisterchen verlieren. Genau diesem Thema nahm sich die Zuger Autorin Melanie Gerber in ihrem neuen Kinderbuch «im Himmel gibt es Luftballons» an, welches im Juni erschienen ist.

Geschrieben ist es aus der Sicht der achtjährigen Nora, deren ältere Schwester Mia wegen eines Tumors verstorben ist. Nora prallt mit ihren Fragen an den Erwachsenen ab, fühlt sich alleine und fremd. Erst als sie ihren Nachbarn kennenlernt, findet sie einen Menschen, der keine Angst vor grossen Fragen hat.

Im Himmel gibt es Luftballons

Melanie Gerber bezeichnet sich selbst als «Nomadin». Sie hat schon in mehreren Kantonen gelebt und in Paris Literatur studiert. Seit zwei Jahren lebt die gebürtige Zürcher Oberländerin in Zug, wo sich die 35-jährige zum ersten Mal «richtig heimisch fühlt», wie sie selbst sagt.

Neben ihrer Tätigkeit als Autorin ist sie mit vier weiteren Autorinnen und einer Musikerin unter dem Namen «Liederatour» als Autorinnenkollektiv in der Schweiz unterwegs. Dazu arbeitet die zweifache Mutter in einem Verlag.

Melanie Gerber, Sie schreiben sowohl für Erwachsene, als auch für Kinder Kurzgeschichten, stehen mit denen auch auf der Bühne. Weshalb haben Sie sich entschieden, dass Ihr erstes Buch «im Himmel gibt es Luftballons» eines für Kinder sein soll?

Es fällt mir grundsätzlich einfacher, für Kinder zu schreiben. Für sie können vermeintlich kleine Dinge extrem gross und wichtig sein – das gefällt mir. Ich kann ausserdem mit Stilelementen arbeiten, mit denen ich erwachsene Leser verwirren könnte. Beispielsweise mit Gedankensprüngen aus Sicht der Hauptfigur, der achtjährigen Nora.

Für welches Zielpublikum haben Sie das Buch geschrieben?

Grundsätzlich für Acht- bis Elfjährige. Jedoch habe ich die Rückmeldung bekommen, dass auch viele Erwachsene das Buch gelesen haben.

Was ist das zentrale Thema des Buches?

Es geht um die individuelle Sicht von Nora, wie sie mit dem Verlust ihrer Schwester umgeht. Sie fühlt sich alleingelassen und bekommt aus ihrem Umfeld kaum Antworten auf ihre Fragen, bis sie ihren Nachbarn kennenlernt. Der Tumor selbst hingegen ist nicht der Kern der Geschichte, die ein Jahr nach dem Tod von Mia spielt.

Wie erfolgt bei Ihnen der Schreibprozess?

Ich habe erst eine Idee im Kopf, welche sich immer weiterentwickelt, bis ich mit dem Schreiben beginne. Zu diesem Zeitpunkt habe ich oftmals zwar eine Ahnung davon, wie das Ende aussehen könnte. Doch wie ich dorthin komme, kann sich im Verlaufe des Schreibprozesses viele Male ändern.

Wie sind Sie ursprünglich zum Schreiben gekommen?

Ich habe schon in der Primarschule gewusst, dass ich Schriftstellerin werden möchte. Als ich später für das Literaturstudium nach Paris gegangen bin, begann ich irgendwann an mir selbst zu zweifeln. Ich hatte das Gefühl, dass ich weder auf Deutsch, noch auf Französisch meinen eigenen Ansprüchen wirklich genügen konnte. Meine ersten Kurztexte erschienen auf französisch und ich hatte das Gefühl, im Deutschen nicht mehr gleich zuhause zu sein.

Weshalb haben Sie sich trotzdem entschieden, in die Schweiz zurückzukehren?

Ich hätte mir gut vorstellen können, in Frankreich zu bleiben – doch die Arbeitssuche gestaltete sich in der Schweiz einfacher.

Sie haben selbst zwei Kinder. Sind diese Ihre härtesten Kritiker?

(Lacht) Sie sind auf jeden Fall direkt, aber auch extrem motivierend. Bei bestimmten Szenen in meinem Buch habe ich sie gefragt, wie sie agieren würden. Kindliches Denken kann man als Erwachsener nie vollständig simulieren. Übrigens sind sie nicht nur begeisterte Leser, sondern schreiben selbst schon.

Durch die Coronakrise fielen manche geplanten Auftritte mit Ihrem Literaturkollektiv «Liederatour» ins Wasser. Wie haben Sie die auftrittsfreie Zeit genutzt?
Ich führte einige Onlinelesungen durch. Wirklich begeistern konnte ich mich ohne direktes Feedback des Publikums dafür jedoch nicht.

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