Lesen in guter Nachbarschaft

Literaturfestival Höhenflug in Zug

Ab kommendem Donnerstag findet im Burgbachkeller Zug die dritte Ausgabe des Literaturfestivals Höhenflug statt. Heuer stehen Nachbarn in verschiedenen Formen im Zentrum, darunter jene aus einem Nachbarland.

Im Zweijahresrhythmus stattfindend, geht das Zuger Literaturfestival Höhenflug diese Woche vom 13. bis 15. November nach 2021 und 2023 in seine dritte Runde. Wiederum findet das Festival im Theater Burgbachkeller, inklusive einiger Veranstaltungen in der Bibliothek Zug, statt und steht heuer unter dem Motto «In guter Nachbarschaft». Die Nachbarschaften sind dabei verschiedener Art. So erhält das Nachbarland Österreich einen prominenten Platz, aber auch weniger bekannte Nachbarinnen in den Landessprachen sind präsent sowie zufällige thematische Nachbarschaften. Am Höhenflug präsentieren vier AutorInnen ihre Erstlingsromane und sieben AutorInnen aus der Zentralschweiz stellen ihre neuen Werke vor. Zwei Abendveranstaltungen sind zudem als ein Zusammenspiel von Text und Musik konzipiert.

Los geht es am Donnerstag, 13. November, um 18 Uhr im Burgbachkeller mit der Begrüssung durch das Festivalteam sowie einer Eröffnungsrede des Oberägerer Mitte-Nationalrats und Kritiker im SRF-Literaturclub Gerhard Pfister. Anschliessend steht ab 18:30 Uhr Urs Faes mit seinem Werk «Sommerschatten» im Mittelpunkt, moderiert von Höhenflug-Projektleiterin Theres Roth-Hunkeler. In «Sommerschatten» erhält der Erzähler auf dem Rückweg in den Schwarzwald einen alles verändernden Anruf: Seine Partnerin Ina liegt nach einem schweren Tauchunfall im künstlichen Koma. In den folgenden Tagen bangt der Erzähler um ihr Überleben, hält sich an gemeinsamen Erinnerungen fest, spricht zu ihr, liest ihr vor und beschwört sie, aufzuwachen. «Sommerschatten» erzählt kunstvoll und leise von einer existentiellen Grenzsituation.

Eine Frau steht hinter Tischen, auf denen Bücher liegen am Literaturfestival Höhenflug im Burgbachkeller

Welches frische Werk darf es sein? Bild: Literaturfestival Höhenflug

Faes’ Werke wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Schweizerischen Schillerpreis. Zuletzt erschienen sind die Erzählungen «Raunächte» (2018) und der Roman «Untertags» (2020). Er sagt: «Ich schreibe über unsere Wege, über das, was wir gelebt haben, mir selber zu sagen, dass es wirklich gewesen ist. Und ich weiss dabei immer: Du würdest eine ganz andere Geschichte erzählen.»

Das Besondere hierbei ist, dass unter dem Motto «Die Zentralschweiz liest ein Buch» im Vorfeld des Festivals Lesezirkel und interessierte LeserInnen eingeladen worden sind, Faes’ neuen Roman zu lesen. An einer öffentlichen Veranstaltung diskutieren sie nun gemeinsam mit ihm über sein neues Werk. Der Anlass findet am Samstag um 11 Uhr in der Bibliothek Zug statt und wird von Julia Knapp moderiert.

Schnell erwachsen und unabhängig

Nach einem Apéro geht es am Donnerstag im Burgbachkeller um 20:30 Uhr weiter mit dem Spoken-Word-Duo Fitzgerald & Rimini. Im Zentrum steht dabei deren neues Album «Ennetlands», welches an unerreichbare und unerhörte Orte führt: Die Stimme einer Meerjungfrau klingt in einem kalifornischen Wasserpark, ein Gletscher singt sein Abschiedslied, ein heimatloser Geist aus der Bronzezeit gleitet in einem alten Mercedes durch den Wald, eine Mutter durch das All. Zu diesen Stimmen gesellt sich ein Orchester aus Geräuschen, die ausserhalb der Reichweite des menschlichen Ohrs liegen: Laute aus den Tiefen der Erde, Klänge eines anderen Planeten, Melodien eines rekonstruierten Muschelhorns aus dem Paläolithikum. Die Musik des Klangkünstlers Robert Aeberhard und die Texte der Autorin und Performerin Ariane von Graffenried erzählen mit feinem Gespür für die Sehnsucht der Menschen von Fahrten ins Unbekannte.

Pedro Lenz steht auf der Bühne des Theaters Burgbachkeller und liest aus einem Buch am Literaturfestival Höhenflug

Bei der letzten Ausgabe 2023 stand unter anderem Pedro Lenz auf der Bühne. Bild: Literaturfestival Höhenflug

Der Freitag startet um 18:30 Uhr mit Reinhard Kaiser-Mühlecker und seinem Werk «Brennende Felder», moderiert von Mariann Bühler, die sich im Festivalteam für das Programm verantwortlich zeigt. In «Brennende Felder» steht Luisa Fischer im Zentrum, die bereit ist, alles zu tun für ihre Unabhängigkeit. Kaum volljährig, verlässt sie ihr Elternhaus in der österreichischen Provinz, zieht durch europäische Grossstädte, ohne jedoch Wurzeln zu schlagen. Erwachsen geworden, kehrt sie zurück in die Region ihrer Kindheit, doch es brodelt unter der Oberfläche. Der Roman beschreibt nicht nur das persönliche Beziehungsgeflecht auf kluge Weise, sondern nimmt auch die strukturellen Probleme von Ländlichkeit und Landwirtschaft in den Blick. Reinhard Kaiser-Mühlecker wurde für seine Romane mehrfach ausgezeichnet und er gewann mit «Brennende Felder» den Österreichischen Buchpreis 2024. Er studierte in Wien und betreibt eine Landwirtschaft in Eberstalzell.

Die Innerschweiz im Fokus

Der finale Festivaltag wird bereits um 10 Uhr mit einer Carte Blanche für Hanspeter Müller-Drossaart lanciert: Das grosse Ganze und das leise Alltägliche spielen die Hauptrolle in den Kolumnen, Geschichten und Gedichten des Innerschweizer Kulturpreisträgers 2024, geschrieben in Deutsch und in Mundarten. Der gebürtige Obwaldner war unter anderem am Schauspielhaus Zürich und am Wiener Burgtheater tätig und ist in TV- und Filmproduktionen aufgetreten. Fränggi Gehrig begleitet Müller-Drossaarts Lesung dabei musikalisch. Gehrig studierte an der Musikhochschule Luzern Akkordeon im Profil Jazz  mit Schwerpunkt Volksmusik und wurde mehrfach ausgezeichnet.

Ab 11:30 Uhr steht das Bücherjahr 2025 im Zentrum des Höhenflugs. Dies mit einer Rochade-Lesung mit MitgliederInnen des Innerschweizer Schriftstellerinnen- und Schriftstellervereins, kurz ISSV. Mit von der Partie sein werden dabei Alice Schmid («Dreizehn ist meine Zahl»), Christine Jaeggi («Die Meisterdiebin») und Christian Besimo («Das schweigende Tal»); das Moderatorenduo besteht aus Severin Hofer und Dolores Linggi.

Ein musikalischer Schlussakt

Der zweite Programmpunkt in der Bibliothek Zug steht am Samstag ab 12 Uhr an mit der poetischen Haushaltsapotheke von Vivianne Mösli. Die Schauspielerin hat poetische Pillen gegen Herzschmerz und lyrischen Lebertran für Lebensfragen aller Art auf Lager oder verschreibt den BesucherInnen einen Reim auf die Ungereimtheiten im Leben.

Den finalen Akt im Programm des Höhenflugs präsentiert «One-Woman Orchestra» Fatima Dunn um 20 Uhr im Burgbachkeller in musikalischer Form. Die Cellistin und Singer-Songwriterin mit irischen Wurzeln legt mit Cello, ihrer Stimme und einer Loopstation Tonlagen über Melodien und verwebt das Ganze zu poetischen, sphärischen Songs. Ihre eigenen Lieder stellen Fragen zur Vergänglichkeit, sie lässt aber auch alte Volkslieder wie «Abigstärn» neu erklingen. Seit 20 Jahren arbeitet sie als selbstständige Multiinstrumentalistin, Performerin und Komponistin. 2022 gewann sie den Schweizer Filmpreis für die beste Filmmusik im Film «Soul of a Beast» von Lorenz Merz.

"Literatur für das, was passiert" war zu Gast in der Bibliothek Zug. Gianna Molinari, Julia Weber, Noelle Gogniat und Ruth Loosli schrieben und zeichneten auf Wunsch und gegen Spenden für Menschen auf der Flucht. Sie schreiben auf eine Tafel

Beim letzten Mal war in der Bibliothek Zug „Literatur für das, was passiert“ zu Gast. Gianna Molinari, Julia Weber, Noelle Gogniat und Ruth Loosli schrieben und zeichneten auf Wunsch und gegen Spenden für Menschen auf der Flucht. Bild: Literaturfestival Höhenflug

Die Trägerschaft des Literaturfestivals besteht aus dem ISSV sowie der Literarischen Gesellschaft Zug, wobei eine Kooperation mit dem Literaturhaus Zentralschweiz lit.z besteht. Organisiert wird der Anlass von einem Festivalteam rund um Projektleiterin Theres Roth-Hunkeler. Sie schreibt und publiziert Romane, Prosatexte und Essays in Anthologien und Zeitschriften, tritt auf als Autorin, Bloggerin sowie Moderatorin und lebt in Baar und Berlin.

Der Vorverkauf erfolgt online über die Website des Burgbachkellers sowie telefonisch (041 729 05 05). Der Festivalpass kostet 80 Franken (reduziert 60 Franken), eine Abendkarte je 35 (20) Franken, die Tageskarte für den Samstag 50 (30) Franken und eine Einzelveranstaltung am Samstag 15 Franken. Die beiden Veranstaltungen in der Bibliothek Zug am Samstag sind kostenfrei.

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