Im Kunsthaus Zug in besondere Welten eintauchen

Neue Ausstellung «Eintauchen!» mit Zentralschweizer Kunstschaffenden

Uns allen tut Alltags- und Weltflucht hin und wieder gut. Genau dies ist im Rahmen der neuen Ausstellung des Kunsthauses Zug «Eintauchen!» möglich. Ganz im Zeichen der Immersion stehend, geht das Erlebnis jedoch weit über Eskapismus hinaus.

Den Kopf abschalten und dem Alltag entfliehen? In turbulenten Zeiten klingt das äusserst verlockend. Das Kunsthaus Zug nimmt diese gegenwärtige Befindlichkeit auf und präsentiert vom 28. Juni 2025 bis zum 4. Januar 2026 in seiner neuen Ausstellung «Eintauchen!» Werke von neun Zentralschweizer Kunstschaffenden, die das Moment der Immersion verbindet. Gleichzeitig führt die Ausstellung weit über reine Weltflucht hinaus.

Sie eröffnet einen Raum für Reflexion, Interaktion und Diskussion für zeitgenössische Kunst. Die von Jana Bruggmann kuratierte Ausstellung vereint Werke, die ein breites Spektrum an Medien umfassen, darunter Malerei, Fotografie, Video und Installation. Keinem festen Thema folgend, verbindet sie dennoch ein gemeinsames Motiv: die Einladung zum Eintauchen.

Denn die präsentierten Werke zeichnen sich durch eine sinnlich-immersive Qualität aus, die sich in unterschiedlichen Facetten zeigt. Der Begriff «Immersion», abgeleitet vom lateinischen Wort «immersio» («Eintauchen», «Untertauchen»), beschreibt das vollständige Aufgehen in einer Erfahrung oder einem Medium. In der Kunst bezeichnet Immersion das Hineintauchen des Publikums in sinnlich erfahrbare Welten, in denen sich die Grenzen zwischen Betrachtung und Erleben zunehmend auflösen.

Was ist noch echt?

Entsprechend gestaltet Nils Nova den gesamten Raum als begehbares Kunstwerk. Wandfüllende architektonische Fotografien erweitern die reale Umgebung, während Malereien mit intensiven Farben und vielschichtigen Überlagerungen eine visuelle Sogwirkung entfalten. Nova spielt gezielt mit der Wahrnehmung – der Raum oszilliert zwischen Realität und Illusion und erzeugt eine Irritation des Raumgefühls.

Bild News of the World von Nils Nova

News of the World von Nils Nova. Bild: Courtesy of the artist

Rauschend rollen die Wellen ans Ufer. Ganz klein, am unteren Bildrand, erscheinen zwei Badende. Spielerisch schreiten sie über den Strand, dem Meer entgegen. Ein gewöhnlicher Tag am Meer, möchte man meinen. Doch die Landschaft gerät ins Fliessen – als wolle sie die Badenden verschlingen. Judith Alberts Videoarbeit «Côte de Granit Rose» (2024) entfaltet eine poetisch-unheimliche Sogwirkung und bildet den Auftakt zur Ausstellung «Eintauchen!».

Video-Screenshot von Côte de Granit Rose von Judith Albert

Côte de Granit Rose von Judith Albert. Bild: 2025, ProLitteris, Zurich

Moos und Mythen

Nathalie Bissig schafft Bildwelten, die inspiriert sind von lokalen Mythen und Sagen. In ihren Fotografien aus der Serie «The Wolfes» (2021–2024) entwirft sie düstere Landschaften, besiedelt von märchenhaften Gestalten und rätselhaften Dingen. Die Werke lösen Gefühle von Faszination und Unbehagen aus – als sei man Teil einer fesselnden Geschichte, deren Ausgang jedoch ungewiss bleibt.

Hinterglasdruck The Wolfes von Nathalie Bissig

The Wolfes von Nathalie Bissig. Bild: 2025, ProLitteris, Zurich

Bei Yvonne Christen Vagner begegnen sich Moos und Sternenstaub: Ihr «Moosboard III» (zu Deutsch Moosbrett, 2019/2025) trifft auf Fotografien von Supernovae. Die Gegenüberstellung öffnet einen immensen Zeitraum, in dem man sich nicht anders als verlieren kann. Vom Ursprung des Lebens – Moose zählen zu den ältesten Pflanzen – bis zur Endlichkeit auch unseres eigenen «Sterns».

Glas, Folie, Farbe: Supernova SN 2023 D3 von Yvonne Christen Vagner

Supernova SN 2023 D3 von Yvonne Christen Vagner. Bild: Courtesy of the artist

Inspiriert von Nietzsche

Pascale Birchler erzeugt mit «Da sind wir, losgekettet von der Sonne» (2022) eine melancholische Szenerie: Eine Figur in Ritterrüstung sitzt vor einem wolkenverhangenen Himmel. Der auf Friedrich Nietzsche bezugnehmende Titel thematisiert die Verlorenheit und Orientierungslosigkeit des Menschen nach dem Verlust metaphysischer Gewissheiten.

Stereo Kinematica von Moritz Hossli, 3D Stereoskopisch Video

Stereo Kinematica von Moritz Hossli. Bild: Courtesy of the artist

Unheimlich ist die Stimmung auch bei Moritz Hossli: Seine 3D-Videoarbeit «Stereo Kinematica» (2018) zeigt einen Spaziergang durch ein düsteres Waldstück. Es ist, als klinge in manchen Momenten eine leise Erinnerung an jene Prüfungen an, die Märchenfiguren in dunklen Wäldern zu bestehen haben. Ein Ort zwischen Erinnerung und Simulation, der sich dem Zugriff entzieht und im Dazwischen zu schweben scheint. Dieser schwebende Zustand setzt sich fort in der gemeinsamen Arbeit mit Johanna Gschwend. Sie zeigt einen «Schwarm» (2016) Vögel, der lautlos wellenförmig am Horizont kreist – zwischen saftigem Wiesengrün und dem dahinter liegenden Herbstwald. Es ist ein nie endender Moment des Abhebens und Davonfliegens.

Screenshot von Videoloop Schwarm von Johanna Gschwend und Moritz Hossli

Schwarm von Johanna Gschwend und Moritz Hossli. Bild: Courtesy of the artists

Ein Spiel mit Gegensätzen

Denis Twerenbold arbeitet mit reduzierten Mitteln und intensiver Atmosphäre: In seiner Videoarbeit «aesculus» (2020) beobachtet die Kamera in Echtzeit, wie die Substanz Aesculin aus einem Kastanienzweig austritt und unter UV-Licht bläulich zu leuchten beginnt. Diese schrittweise Verwandlung entfaltet eine fast hypnotische Wirkung, die die Grenzen zwischen blosser Beobachtung und intensiver Erfahrung verwischen lässt.

Ein Videostandbild aus Aesculus von Denis Twerenbold

Ein Videostandbild aus Aesculus von Denis Twerenbold. Bild: Courtesy of the artist

Eine ebenso intensive Wirkung haben Christian Kathriners grossformatige Gemälde. In einem experimentellen Prozess entstanden, nehmen die Leinwände die Betrachtenden vollständig ein. Seine Arbeit «Grecs inconnus» (unbekannte Griechen) spielt mit den Themen Erinnern und Vergessen: Die Antike als Wiege der westlichen Kultur tritt uns in Porträts heute unbekannter Griechen entgegen. Wie andere Werke der Ausstellung macht die Arbeit erfahrbar, dass das Eintauchen auch ein Verschwinden bedeuten kann – ein Auflösen des Individuums in Zeit und Raum.

Das Bild Kataklysmos von Christian Kathriner, als es noch in Bearbeitung war

Kataklysmos von Christian Kathriner, als es noch in Bearbeitung war. Bild: Courtesy of the artist

«Eintauchen!» wird von verschiedenen Veranstaltungen begleitet. Angefangen mit der Eröffnung der Ausstellung am Freitag, 27. Juni, von 18 bis 22 Uhr mit Kuratorin Jana Bruggmann. Im Juli und August finden dann Veranstaltungen zu «Eintauchen!» sowie zu den einzelnen KünstlerInnen statt, darunter verschiedene Führungen sowie Kunst über Mittag und am Samstag, 23. August, findet ein Familienworkshop zur Ausstellung statt. Von 10:30 bis 12:30 Uhr auf Deutsch mit Severin Villiger und von 14 bis 16 Uhr auf Englisch, geleitet von Liudmila Harvey. Weitere Veranstaltungen ab September bis Dezember wird das Kunsthaus Zug im August bekannt gegeben.

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